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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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ausweichend, folgte sie einem langen Gang und erreichte schließlich eine Tür, die sie nach draußen führte.

    Annalena lief auf direktem Weg zum Palais Fürstenberg. Sie legte die Strecke wie in einem Nebel zurück. Als sie die Fronerei verließ, wurde ihr Zittern so heftig, dass sie sich kaum aufrecht halten konnte. Sie sah weder nach links noch nach rechts, sondern konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Irgendwann fühlte sie plötzlich, wie Stoff über ihren Kopf gestülpt wurde, und prallte erschrocken zurück. Sie stürzte und erkannte erst auf dem Boden liegend, was passiert war. Sie war in eine Wäscheleine gelaufen. Zum Glück war sie geistesgegenwärtig genug, ihr blutdurchtränktes Kleid gegen eines auszutauschen, das beinahe steif gefroren auf der Leine hing.
    Der Stoff war mittlerweile aufgetaut und schmiegte sich eisig feucht an ihren zitternden Leib. Aber das war immer noch besser, als blutgetränkt vor dem Statthalter zu erscheinen.
    Als sie das Palais erreichte, hatte der Schock etwas nachgelassen und sie war wieder in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie sah zu dem prunkvollen Gebäude hoch. Es lag dem Schloss gegenüber und war nur geringfügig kleiner als selbiges. Durch das Gitter der Umzäunung war eine Kutsche zu erkennen.
    Ist das die Kutsche, mit der Johann reisen wird?, fragte sich Annalena, während sie durch das Gitter spähte.
    Schließlich gab sie sich einen Ruck und ging zum Tor. Dort traten ihr zwei Wächter entgegen. Wahrscheinlich hatte Fürstenberg sie wegen der Reise zu erhöhter Wachsamkeit angehalten.
    »Was willst du hier?«, fuhr sie der ältere von beiden an und legte die Hand auf seinen Degen.
    »Ich muss zum Herrn Statthalter!«, entgegnete sie.
    »Der wird gleich zu einer Reise aufbrechen.«
    »Das darf er nicht!«
    Annalena kreischte fast, und obwohl sie wusste, dass sie gegen die Wächter nichts ausrichten konnte, war sie bereit, sich mit ihnen anzulegen. »Es geht um Leben und Tod, es geht um den Kurfürsten! Bitte, lasst mich zu ihm!«
    »Was ist da los?«, tönte eine Stimme über den Hof. Eine Stimme, die Annalena kannte. Sie blickte über die Schulter des Wächters und sah einen Mann im schwarzen Rock auf sie zukommen. Er trug eine Perücke, ein Degen klimperte an seiner Seite und seine Beine steckten in glänzenden Reitstiefeln.
    »Hier ist eine Verrückte, Euer Gnaden, die verlangt, Euch zu sprechen, weil es angeblich um Leben und Tod geht.«
    »Es geht um Böttger!«, rief Annalena mit schriller Stimme. Sie wusste, dass allein schon der Umstand, dass sie seinen Namen kannte, den Statthalter davon abhalten würde, sie davonzujagen.
    »Lasst sie durch!«, rief Fürstenberg so auch ohne Umschweife. »Und ihr bleibt zurück!«
    Annalena durfte passieren, und als sie Fürstenberg erreicht hatte, packte dieser sie am Arm und zog sie grob mit sich. Er war vielleicht ein Statthalter und Fürst, aber seine Hände waren hart wie die eines Soldaten.
    »Wer bist du, Weib, und was weißt du von Böttger?«, fuhr er sie an und packte sie bei den Schultern, als wollte er sie durchschütteln. Offenbar erkannte er sie nicht mehr, obwohl auch er damals zu dem Gefolge des Kurfürsten gehört hatte, als sie den Krug fallen gelassen hatte.
    »Ich bin Magd im Dienste vom Fräulein Fatime, mein Name ist Annalena Habrecht«, antwortete sie und entgegen jeder Vernunft, fügte sie hinzu: »Ich bin mit Johann Böttger befreundet und habe erfahren, dass preußische Spione versuchen wollen, ihn zu entführen. Noch heute Nacht.«
    Fürstenberg blickte sie durchdringend an. »Woher weißt du das?«, fragte er, und in seiner unbeweglichen Miene ließen sich seine Gedanken unmöglich lesen.
    Wenn du jetzt ein falsches Wort sagst, geht es dir an den Kragen, dachte sie. Aber sie hatte nicht vor, ihren Kopf in die Schlinge zu legen. Dorthin gehörte Röbers Kopf, nicht ihrer.
    »Ich habe meinen früheren Dienstherrn Friedrich Röber hier gesehen«, antwortete Annalena. »Er hat Johann in Berlin Geld geliehen für seine Arbeit. Ich habe ihn und zwei Männer belauscht, die davon gesprochen haben, dass sie Johann abfangen wollen, wenn er durch den Schwarzen Gang kommt. Irgendwie müssen sie erfahren haben, dass Ihr ihn fortschaffen wollt.«
    Wenn man schon so lange wie sie Geheimnisse hütete, fiel es nicht schwer, die eigene Beteiligung zu leugnen. Vielleicht würden die Spione, wenn man sie schnappte, behaupten, dass sie mit ihnen unter einer Decke gesteckt

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