Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
das Haus meines Freundes Christian Siebert, der wie ich den alchemistischen Studien nachgeht und in dessen Labor ich auch heute noch einen Platz habe.
    Beide Male hat mir Meister Zorn verziehen, allerdings nur unter der Auflage, dass ich mich nie wieder mit der Alchemie befasse, die in seinen Augen Scharlatanerie ist. Der Meinung bin ich ganz und gar nicht, vielmehr ist es so, dass die Arzneikunde und die Alchemie einander ergänzen. Zudem finde ich die reine Apothekerkunst doch sehr ermüdend. Doch ich will es nicht auf ein drittes Mal ankommen lassen. Schon bald werde ich, so Gott will, den Gesellenbrief aus Zorns Hand bekommen, und ein gesichertes Auskommen haben.
    Aus diesem Grund lasse ich Zorn und auch meinen Freund Schrader besser nicht wissen, dass ich der Alchemie nicht entsagt habe. Erst, wenn ich einen Beweis für meine Thesen habe, werde ich mich ihnen offenbaren und meine Experimente in aller Öffentlichkeit durchführen.
    Der Weg dahin ist allerdings noch lang. Siebert mag ein guter Alchemist sein, aber ihm fehlen noch viele Kenntnisse und andere Dinge, die in dieser Wissenschaft unerlässlich sind. Hörte er mich dies sagen, würde er mich naseweis schelten, aber es ist so. Vor allem fehlt es ihm an Glück, denn erst vor kurzem hat ein misslungenes Experiment einen Teil seines Labors in die Luft gesprengt. Glücklicherweise war der Schaden nicht allzu hoch, auch meine dort versteckten Zutaten haben nicht allzu sehr gelitten, aber ich werde die kostbarsten besser wieder an mich nehmen und sie hier im Hause verbergen.
    Bei mir stehen die Dinge schon etwas besser. Vor wenigen Tagen ist mir das Buch des Basilius Valentinus in die Hand gefallen. Ein interessantes Schriftstück. Er beschreibt, wie der Stein der Weisen, das begehrte Arkanum, zu bereiten ist, jene rätselhafte Substanz, die bewirken soll, dass sich einfaches, wertloses Metall in Gold verwandelt.
    Seine Ausführungen sind die bislang besten, die ich in die Hand bekommen habe, wenngleich ich hier und da Zweifel habe, ob es sich wirklich so verhält, wie er es darstellt. Meine eigenen Studien haben mich einiges gelehrt, und so erkenne ich einen Fehler in einem Versuchsaufbau oder im Verlauf einer Transmutation.
    Gelingt es mir allerdings, diese Fehler zu beheben, so könnte ich durchaus einen Erfolg erzielen. Bislang habe ich Siebert Valentinus’ Werk noch nicht gezeigt, was ich aber zweifellos tun werde, sobald er sein Laboratorium wieder in Ordnung gebracht hat.
    Sein Labor wird mir jedenfalls bei meinen neuen Versuchen von Nutzen sein. Allerdings brauche ich noch einige Zutaten, und ich weiß nicht, ob das Salär, das mir Zorn zahlt, ausreichen wird, um zu bekommen, was ich will.
    Zum Glück habe ich seit einiger Zeit einen Gönner, der meine Studien voller Interesse verfolgt. Baron Johann Kunckel von Löwenstein hat sich gegenüber meinen Briefen wohlwollend gezeigt und darum gebeten, weitere Nachrichten über meine Fortschritte zu erhalten. Also werde ich ihm von meinen Vorhaben berichten und gleichzeitig um einen kleinen Zuschuss bitten. Ich weiß, dass auch er von Finanziers abhängig ist, aber im Gegensatz zu einem kleinen Apothekerlehrling ist seine Geldschatulle doch sicher etwas besser gefüllt …
    Ein Geräusch brachte Böttger vom Schreiben ab.
    In der Annahme, dass es sein Kamerad Schrader war, der ihn zur Arbeit holen wollte, legte er rasch die Feder beiseite und ließ seine Niederschrift unter dem Hemd verschwinden. Es war ein kleines Pergamentheftchen, schmal genug, um es unauffällig am Leib zu tragen.
    Doch die Schritte zogen an der Tür vorüber. Wahrscheinlich hatte die Hausfrau eine ihrer Mägde nach oben geschickt, um Wäsche auf dem Boden aufzuhängen. Trotzdem war es besser, jetzt nach unten zu gehen. Christoph Schrader, mit dem Johann sein Zimmer über der Apotheke teilte, war längst auf den Beinen. Wenn er sich nicht gleich am Morgen eine Rüge vom Meister einfangen wollte, musste auch er an seinem Platz sein, wenn Zorn selbst in die Apotheke kam.
    Rasch richtete er seine Kleider, dann überprüfte er den Sitz seines dunklen Haars, das er zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Da es keinen Spiegel gab, musste er sich auf seine Finger verlassen.
    Johann hatte so getan, als würde er verschlafen, was seinen Zimmergenossen gewiss mit Schadenfreude erfüllt hatte. Die beiden jungen Männer waren Freunde – und das liebste Opfer der Streiche des jeweils anderen. Wenn es darauf ankam, hielten sie natürlich zusammen,

Weitere Kostenlose Bücher