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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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ansonsten ließ einer den anderen aber schon mal verschlafen oder streute ihm Hagebuttenkerne ins Bett.
    Diesmal war das Verschlafen nur eine Finte gewesen, um ungestört zu sein, denn Schrader war neugierig wie ein junges Mädchen. Gewiss würde er in seinen Sachen herumschnüffeln, wenn er glaubte, dass Böttger etwas vor ihm geheim hielt.
    Als er zufrieden mit seiner Erscheinung war, verließ Johann die Kammer und ging zur Treppe. Stimmen tönten ihm entgegen. Er erkannte den Bass seines Meisters und auch den schmeichelnden Tonfall des Gewürzkrämers Röber, der seit Wochen ein guter Kunde der Apotheke war. Seine Magengeschwüre plagten ihn wieder, doch das neue Mittel schien anzuschlagen. Zumindest veränderte sich seine Gesichtsfarbe allmählich wieder vom Gelblichen ins Rötliche.
    »Johann, was hast du da oben gesucht?«, rief der Meister, als er ihn die Treppe hinunterkommen sah.
    Wäre ich bloß oben geblieben, dachte Johann. Nun konnte er sich nicht mehr vorbeischleichen.
    »Ich hatte etwas vergessen«, entgegnete er und strich sich über die Weste. Das Heft schmiegte sich warm an seine Haut.
    »Ah, der junge Böttger«, sagte Röber mit einem Lächeln, das Johann unangenehm war. »Verschreibt Ihr Euch immer noch den alchemistischen Studien?«
    »Denen hat er entsagt!«, fiel Zorn ein, bevor Böttger es selbst verneinen konnte. »Abergläubischer Humbug ist das! Feuerphilosophie! So etwas hat in meiner ehrbaren Apotheke nichts zu suchen. Und wenn ich ihn noch einmal dabei erwische, wird er seine Stelle verlieren und damit auch seinen Gesellenbrief!« Die letzten Worte richtete er drohend an Böttger selbst.
    »Es stimmt, was der Meister sagt, ich habe der alchemistischen Kunst entsagt«, pflichtete Johann ihm schnell bei. »Ich widme mich ausschließlich den Naturwissenschaften.«
    Röber sah ihn mit einer Mischung aus Unglauben und Spott an. Hatte er irgendwie erfahren, dass er mit Siebert laborierte? Johann wurde heiß und kalt zugleich.
    »Dann geh an die Arbeit und kümmere dich um die Naturwissenschaft!«, wies Zorn ihn an und deutete auf die Tür hinter dem runden Apothekentresen.
    Böttger nickte und verschwand in der Defektur. Hier wurden fertige Arzneien ebenso wie deren Grundstoffe aufbewahrt, und es war auch der Ort, an dem sich die Lehrlinge die meiste Zeit aufhielten.
    »Bist du endlich aus dem Bett gefallen?«, fragte Schrader, der gerade in einem Mörser ein hellgraues Pulver zusammenmischte. In seinen Augen blitzte der Schalk.
    »Hättest mich auch früher wecken können, Kanaille!«, erwiderte Böttger in gespieltem Ärger.
    »Das hätte ich tun können, aber ich wollte sehen, wie der Meister dir die Ohren langzieht.«
    »Was das angeht, hast du Pech gehabt, der Röber hat gerade mit ihm gesprochen. Und er hat es mir auch abgekauft, dass ich nur oben war, weil ich etwas holen wollte.« Johann schnitt Schrader eine Grimasse.
    »Wenn es so ist, werde ich mir etwas anderes für dich einfallen lassen.«
    »Nein, ich bin jetzt an der Reihe, mein Freund!«, entgegnete Johann und band sich seine Schürze um. »Du wirst schon sehen!«
    »Ich drehe mein Bett nach Hagebuttenkernen um, damit du es weißt!« Sein Freund bearbeitete weiterhin fröhlich das Bleipulver, das Grundstock vieler Arzneien war.
    »Ich werde dir diesmal keine Hagebutten zwischen die Laken legen, ich lasse mir etwas anderes einfallen.«
    »Ach, und was? Wirst du mir diesmal Blei oder sogar Gold zwischen die Laken tun?«
    »Das solltest du besser nicht so laut sagen«, antwortete Johann ernst, und Schrader merkte zerknirscht, dass er sich in den Worten vergriffen hatte. Die versuchte Goldmacherei hing Böttger noch immer an, und in den Räumen dieser Apotheke durfte sie nicht erwähnt werden. Also ging Johann an seine Arbeit, während Schrader die seine schweigsam fortsetzte.

    Mit gleichmäßigen Bewegungen schrubbte Annalena den Tritt des Kontors, während der Sonnenschein auf ihrem Rücken brannte. Der Schweiß, der an ihrem Rückgrat hinunterlief, ließ ihre Narben kribbeln. Nur die Konzentration auf ihre Arbeit hielt sie davon ab, sich ständig aufzurichten und zu kratzen.
    Drei Wochen war sie nun schon in Berlin.
    Sie fand sich inzwischen gut im Haus des Kaufmanns zurecht und hatte auch schnell herausbekommen, wie der Haushalt organisiert war. Röber mischte sich nicht in Hildegards Arbeit ein, solange alles in Ordnung war. Wenn doch etwas nicht stimmte, sprach er sie an und die betreffende Magd bekam ihre Rüge von der

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