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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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schöpfte sie das Wasser so schnell und zielstrebig, als würde ihr Leben davon abhängen. Die Frauen, die sich hinter ihr eingereiht hatten, beobachteten sie verwundert, und eine fragte: »Warum so hastig, Mädchen? Glaubst du, das Wasser sickert in den Brunnengrund ein?«
    »Mein Herr will, dass ich mich beeile«, antwortete Annalena, worauf die Frauen etwas tuschelten, das sie nicht verstand.
    Bei ihrer Rückkehr vom Brunnen vernahm sie Röbers und Hildegards Stimmen aus dem Kabinett. Was sie beredeten, hörte sie allerdings nicht.
    Sie leerte die Eimer in die große Tonne und ging dann nach draußen, um den Innenhof zu fegen. Dort traf sie auf Paul, den Lehrling, der eigentlich im Lager sein sollte, und Thomas, den Stallknecht. Die beiden waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie Annalena zunächst nicht bemerkten.
    »Und wenn ich es dir doch sage!«, redete Paul auf den Knecht ein. »Der Röber war gestern Nacht bei ihm und hat es mit eigenen Augen gesehen. Der Kerl hat Gold gemacht!«
    Thomas winkte ab. »Das war sicher ein fauler Zauber!«
    »Nein, das war es nicht, oder willst du unseren Herrn der Lüge bezichtigen? Er hat es doch selbst gesehen.«
    »Und dir natürlich davon berichtet.« Der Knecht schüttelte ungläubig den Kopf.
    Doch Paul ließ sich nicht beirren. »Sicher hat er das«, sagte er. »Wenn der Bursche mehr Gold herstellen kann, wird er aus unserem Herrn einen reichen Mann machen. Und auch wir werden davon profitieren.«
    »Er vielleicht«, entgegnete Thomas, und Annalena konnte ihm ansehen, dass er sich den zweiten Teil des Satzes verkniff.
    Sie hatte nach ihrem Besen gegriffen, war aber nicht imstande gewesen, auch nur einen Strich damit zu machen. Die Worte der beiden Männer trafen sie wie eisige Regentropfen. Johann hatte es gewagt! Er hatte Gold gemacht! Konnte es wahr sein?
    »Na sieh mal einer an, da macht die Katze lange Ohren!«, rief Thomas und lachte auf. »Hast du dich verirrt, Mädchen?«
    »Ich will nur den Hof fegen und wollte euch nicht stören«, rechtfertigte sie sich, stellte den Besen ab und lief schnell nach drinnen.

    Als Johann beim Goldenen Hirsch ankam, stand eine Kutsche vor dem Tor. Auf diese war neben anderen Gepäckstücken auch die geheimnisvolle Kiste des Mönches aufgeladen worden.
    Lascarius’ Abreise überraschte ihn nicht. Bereits am vergangenen Abend, auf dem Rückweg von Sieberts Labor, hatte er ihm mitgeteilt, dass er die Stadt verlassen würde. »Er ist jetzt ein fertiger Adept, mein Junge«, hatte er gesagt und ihm freundschaftlich auf die Schulter geklopft. »Es gibt nichts, was ich Ihm noch beibringen könnte.«
    Dass es doch noch etwas gab, wollte ihm Böttger nicht unter die Nase reiben, aber ein wenig beunruhigte es ihn schon, dass Lascarius ihn noch nicht in der Herstellung des Steins der Weisen unterwiesen hatte.
    »Komme Er morgen zur Mittagsstunde zu mir. Was noch zu klären ist, werden wir dann besprechen.« Das konnte alles und gleichzeitig nichts bedeuten.
    Nun war er also hier, und die Unruhe in seiner Brust wütete wie ein wildes Tier, das erst dann zur Ruhe kommen würde, wenn es die rechte Nahrung bekommen hatte.
    Als er die Schenke betrat, sah er, dass Lascarius sein Bettelmönchsgewand nicht mehr trug. Stattdessen war er in einen feinen Rock gehüllt. Er bezahlte gerade den Wirt und wirkte dabei irgendwie fahrig. Hatte er es so eilig, aus der Stadt zu kommen? Wollte er verschwinden, ohne ihm das Rezept für das Arkanum zu geben? Johann wartete, bis Lascarius sein Gespräch mit dem Wirt beendet hatte, dann trat er zu ihm.
    Das Lächeln, das der vermeintliche Bettelmönch aufsetzte, zerstreute Johanns Bedenken auf der Stelle. »Ah, mein junger Freund! Er wundert sich gewiss, mich in diesem Aufzug zu sehen.«
    »Ein wenig schon«, entgegnete Johann und ließ seinen Blick über den Gehrock, den sein Meister trug, wandern. Es war nicht der, den er in seiner Verkleidung als Advokat getragen hatte. Dieser hier war blau und wirkte, als würde er einem Adligen gehören. War dies das Resultat seiner Goldmacherei? Besaß er noch mehr Gepäck außer der geheimnisvollen Truhe? Hatte er es vielleicht nur deshalb nicht in seinem Zimmer gehabt, weil es seine Schätze verbarg? Sein Gold?
    »Nun, meine Gesichter sind vielfältig, und um ungestört leben zu können, ist es ratsam, sich eine große Zahl an Verkleidungen zuzulegen, sei es das Gewand des Advokaten oder das des wohlhabenden Herrn. Er wird das sicher auch schon bald begreifen.« Er legte

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