Das Krähenweib
gut, Ihr sollt das Geld haben. Aber nur unter einer Bedingung: Ihr müsst binnen dieses Monats eine neue Transmutation durchführen, und zwar in meinem Beisein. Wen ihr noch dazu ladet, sei Euch überlassen, doch ich will dabei sein und sehen, was Ihr vollbringt.«
»Das verspreche ich Euch«, entgegnete Johann, ohne zu zögern. Wenn es ihm gelang, frisches Arkanum zu gewinnen, würde er damit auch wieder Erfolg haben.
»Gut, dann wartet einen Augenblick, ich gehe nur rasch nach oben und hole das Geld.«
Johann nickte, doch eine plötzliche Eingebung ließ ihn Röber zurückhalten, bevor er das Kabinett verlassen konnte. »Verzeiht, aber würde es Euch etwas ausmachen, mir die Summe in Dukaten auszuzahlen? Natürlich nur, wenn Ihr welche im Hause habt.«
Röber zog die Augenbrauen hoch. »Warum das?«
Johann versuchte, seine Unruhe zu verbergen. Gold war eine der Zutaten für den Stein der Weisen und Gold befand sich in den Dukaten. Doch Röber, der gewiss wusste, woraus die Münzen gemacht waren, würde vielleicht auf die Idee kommen, dass er betrügen wollte, wenn er das zugab. Schließlich konnte man leicht ein paar Dukaten in einem Tiegel verstecken und so einen alchemistischen Erfolg vortäuschen. Also suchte er nach einer Ausflucht. »Nun, der Mann, der mir die Chemikalien verkauft, nimmt nur diese Münzen. Er ist ein wenig seltsam, wisst Ihr?«
Der Kaufmann wirkte noch immer verwundert, doch schließlich nickte er. Als er fort war, atmete Johann tief durch. Diese Lüge hatte er ihm abgekauft. Doch Erleichterung wollte ihn nicht überkommen. Er überschlug, was er Röber bereits schuldete. Die Summe, auf die er kam, war beträchtlich, und wenn er nicht bald eine größere Menge Gold zustande brachte, würde er wohl auf ewig in der Schuld des Gewürzkrämers stehen.
»Psst«, tönte es unvermittelt von der Tür her. Als er sich umwandte, sah er Annalena durch den Spalt spähen. Auf ein Zeichen von ihm kam sie herein.
»Kannst es wohl gar nicht mehr ohne mich aushalten, wie?«, fragte er lächelnd.
»Immerhin habe ich dich lange genug entbehren müssen, und Hildegard hat unser Gespräch ja unterbrochen«, konterte Annalena. Als sie bei ihm war, legte sie die Arme um ihn.
»Das kann leider gleich wieder geschehen, Röber ist nur mal kurz nach oben gegangen, um etwas zu holen.«
Annalena ließ ihn trotzdem nicht los. »Ich wollte nur wissen, ob alles in Ordnung ist. Vorhin hast du bekümmert gewirkt.«
Sollte er ihr von seinen Misserfolgen erzählen? Nein, nicht solange Röber jeden Augenblick zurückkehren konnte. »Nein, es ist alles in Ordnung. Ich habe nur Geldsorgen.«
Annalena seufzte. »Noch mehr Geld vom Röber.«
»Ich habe keine andere Wahl«, entgegnete Johann und strich ihr zärtlich über die Schultern. »Lange werde ich nicht mehr in seiner Schuld stehen. Schon bald wird es mir gelingen, mehr Gold zu machen.« Er beugte sich vor und gab ihr einen leichten Kuss auf den Mund. »Jetzt musst du aber gehen, Röber kommt gleich wieder.«
Annalena nickte und löste ihre Umarmung. »Also bis Sonntag?«
»Ich hole dich nachmittags hier ab«, entgegnete Johann und warf ihr noch einen Handkuss zu. Annalena verschwand wieder in Richtung Küche, gerade rechtzeitig, denn nur wenige Augenblicke später vernahm er bereits Schritte. Röber betrat sein Kabinett im nächsten Moment und drückte ihm ein Lederbeutelchen in die Hand. Die Münzen darin leuchteten goldfarben auf, als er es öffnete.
»Geht sparsam damit um«, mahnte Röber. »Ich glaube kaum, dass ich in so kurzer Zeit noch einmal solch eine Summe aufbringen kann. Ich muss auch an mein Geschäft denken.«
»Ich werde es Euch doppelt und dreifach zurückzahlen«, versprach Johann und ließ das Säckchen in seiner Tasche verschwinden.
»Das hoffe ich«, sagte Röber. In seinen Augen konnte Johann hingegen den Satz »Das wirst du« lesen. Doch darum kümmerte er sich jetzt nicht. Er dankte dem Krämer für seine Güte und verabschiedete sich. Als er das Kabinett verließ, schaute er noch einmal zum Vorhang, der den Laden von den hinteren Räumen abtrennte, doch niemand zeigte sich. Aus der Küche ertönte das Klappern von Töpfen, und obwohl alles in ihm danach verlangte, Annalena noch einmal zu sehen, entschied er sich dafür, das Kontor zu verlassen. Zorn würde sich ohnehin bereits wundern, wo er blieb.
Nachdem in der Apotheke alles ruhig geworden war, schlich sich Johann aus seiner Kammer. Schrader schnarchte laut auf seinem Lager, und
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