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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Schwaiger, um daheim das Essen nicht zu versäumen, wie er sagte, und suchte noch einmal den Franz auf. Als er ihm mitteilte, daß die Mutter zugesagt habe, meinte dieser:
    »Meinetwegen, fahren wir halt.«
    Daran, daß der Schwaiger einmal vor sich hingesummt und gepfiffen hatte, konnte die Hauserin sich kaum mehr erinnern. An diesem Tag aber tat er es und ging in der Stube auf und ab, bis das Essen aufgetragen war. Am Nachmittag, als er die Barbara einmal allein antraf, raunte er ihr zu:
    »Soviel ich weiß, richtet der Franz dir ein Osterbinkerl! Er hat mir das selbst gesagt. Blamieren kannst dich nicht, und beleidigen darfst ihn auch net. Mußt ihm also auch das deinige richten. Kaufst ihm ein schönes Halstüchel dazu oder sonst etwas.« Er drückte ihr einen großen Geldschein in die Hand.
    »Ich tu das aber gar net gern«, zögerte sie, »könnt ausschauen, als tat ich mich um den Franzi um.«
    »Liegt ja nix dran«, beruhigte er sie. »Soll nur sehen, daß wir Schwaigerischen uns net lumpen lassen.«
    »Wenn es dir deine Ruh gibt und mir auch die meinige, dann tu ich’s halt.«
    An diesem Abend redete der Schwaiger wieder mit dem Bild seines verstorbenen Weibes. »Ist der erste gute Tag gewesen seit langer Zeit, hab es wohl deiner Fürbitt zu verdanken. Mußt mir weiterhelfen, Mutter, bis wir wieder beisammen sind.«
    Dann betete er halblaut, wie jeden Tag, eine Reihe Vaterunser, die er jeweils mit der Bitte schloß: »O Herr, gib ihm die ewige Ruhe, und vergib mir meine Schuld, wie auch ich vergebe meinen Schuldigern, Amen.«
    Die drei schönsten rotgefärbten Eier hatte die Agatha aus dem Eieranteil herausgesucht, den sie von der Ranklhoferin erhalten hatte, und sie einzeln in geblümtes Seidenpapier gewickelt. Am Karsamstag war sie schnell ins Dorf gelaufen und hatte beim Kramer ein seidenes Halstüchel gekauft. Sie trug es nach Hause, sorgsam unter der Schürze versteckt und verbarg es in ihrer Kammer. Dann ging sie den ganzen Tag mit einem glücklichen und von heimlicher Freude verklärten Gesicht durch das Haus und vergaß oftmals die Antwort, wenn die Bäuerin etwas fragte.
    Gedankenvoll beobachtete die Ranklhoferin die junge Dirn und versuchte vergeblich zu ergründen, welch heimliches Glück der Agatha wohl zugelaufen sein könnte. Die Karsamstagsnacht ist in den Walddörfern voll eigenem Gewese. Die Burschen tragen heimlich das Osterbinkerl an das Fenster ihres Dirndls, und wenn sie sich verstehen und die Möglichkeit haben, einen kleinen Plausch zu tun, dann übergibt sie ihm dabei ebenfalls ein Ostergeschenk. Wo das nicht ist und das Dirndl seinen heimlichen Verehrer noch nicht kennt oder ihn zwar kennt, ihm aber noch keinerlei Zeichen der Zusage gegeben hat, legt dieser still sein Binkerl auf das Fensterbrett und hofft, daß ihm in den Auferstehungstagen die Bestätigung wird, daß das Ostergeschenk gnädig angenommen wurde. Das größte Einverständnis aber wird ihm in einem Gegengeschenk, das das Dirndl ihm selbst überreicht oder ihm durch andere Leute zukommen läßt.
    Am Abend waren die Dörfler und die Einöder zur Kirche gepilgert, um die Auferstehungsfeier mitzuerleben und zu sehen, wenn die Heilandsfigur aus dem Dunkel des heiligen Grabes durch einen Mechanismus hervorkam in den Glanz der vielen Lichter. Die Glocken, die drei Tage lang geschwiegen hatten, läuteten wieder, und ihr Schall erfüllte die linde Frühlingsnacht mit fast greifbaren und spürbaren Klängen. Als sie verstummten, machten sich die Leute auf den Heimweg.
    Als es ruhig geworden war in den Höfen und Häusern, begann das stille Gehen dieser Nacht. Verhaltene Schritte verklangen im Dunkeln, und ein verborgenes Flüstern und Raunen trug die Nacht.
    In seiner Kammer lag der junge Ranklhofer angekleidet auf dem Bett und überlegte. Ohne der Mutter etwas zu sagen, hatte er doch noch ein Osterbinkerl hergerichtet, in ein seidenes Schultertuch Eier und ein Lebkuchennerz gewickelt und einen Zettel dazugelegt, mit einem Osterwunsch. Nun reute es ihn fast. Wie, wenn die Barbara das Geschenk nicht annehmen und es ihm am anderen Tag zurückschickte? Dann war zwischen ihnen endgültig die Kluft aufgetan, die man nicht mehr schließen konnte. Vielleicht war es aber gut, daß er es darauf ankommen ließ. So im Ungewissen wollte er nicht länger bleiben. Und das würde er fertigbringen, daß er sich die Barbara aus dem Kopf schlug, wenn es sein mußte!
    Als es Mitternacht war, schlich er aus dem Hause. Es brannte kein Licht mehr

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