Das Kreuz am Acker
auf dem Schwaigerhof. Er wußte, wo die Barbara ihre Kammer hatte. Von einem Brennholzstapel aus schwang er sich auf die Hausaltane. Die Bretter krachten, als er sich zum Fenster schlich. Fast reizte es ihn, nicht nur das Binkerl niederzulegen, sondern auch an die Scheiben zu klopfen, ob ihm etwa die Bärbel auch zu einem Wörtl aufmachen täte. Aber er erinnerte sich an die letzte Zeit, in der sie sich so offen ausgewichen waren. Leise zog er sich wieder zurück.
Angekleidet hatte die Barbara auf dem Bett gesessen und auf die Geräusche der Tritte gehorcht. Dann sah sie den Franz als dunkle Silhouette vor dem Fenster, merkte, wie er verharrte und wartete, bis er an das Fenster klopfen würde. Erleichtert atmete sie auf, als er sich wieder entfernte. Vor ihr auf dem kleinen Tisch lag das Gegengeschenk.
Warum sie sich überhaupt hatte vom Vater dazu überreden lassen? Aber es hatte doch gestimmt, als dieser ihr sagte, daß der Ranklhofer ihr ein Binkerl legen wolle. Daß er sie dabei unbehelligt gelassen hatte, das freute sie und doch auch nicht. Was aber hätte sie getan, wenn er angepocht hätte?
»Ich weiß nimmer ein noch aus«, flüsterte sie und preßte die Hände an das Herz. Immer war ihr der Nachbarsbub wert gewesen, wenn auch die Feindschaft zwischen den Höfen bestand, und seine ruhige und sichere Art hatte ihr immer Vertrauen eingeflößt. Sie wußte, daß die unselige Feindschaft zu Ende gehen mußte, wenn einmal der Franz Bauer auf dem Ranklhof war und sie –
Oft und schon als Schulmädel hatte sie mit dem Gedanken gespielt, daß aus den zwei Höfen einmal einer werden und daß der Franzi ein guter Mensch und ein guter Bauer sein könnte.
Als es nach dem Verschwinden des Ranklhofers schien, daß nun die Feindseligkeit zwischen den Familien ein Ende habe, hatte sie sich gefreut, wenn sie es auch dem jungen Rankl nicht merken ließ, und alle einstigen Gedanken waren wieder lebendig geworden.
Sie wußte, es war ein gutes und ehrliches Gernhaben gewesen, das sie in sich für den Franzi spürte. Dann aber war diese unselige Nacht gekommen, da der Vater im Fieber redete.
Sie schauerte zusammen.
Was dann geschah, entwickelte sich ohne ihren Willen, und sie fand keine Kraft, etwas dagegen oder dazu zu tun. Die Werbung des Hauptwachtmeisters nahm sie wie eine Ablenkung, und durch eine heimliche Angst genährt, beschäftigte sie sich mehr mit dem jungen Gendarmen, als sie wollte. Und je mehr sie ihn kennenlernte, desto mehr versuchte sie ihn auch zu schätzen. Vielleicht liebte sie ihn sogar?
Und den Ranklhofer? Für ihn hatte sie doch das Ostergeschenk vor sich liegen, und dem Brauche nach bedeutete diese Gabe ein halbes Verlöbnis.
Da fing sie zu weinen an und lag noch manche Stunde dieser Nacht in trüben Gedanken.
Der Ranklhofer Franz war geradewegs über die Wiesen heimgegangen. Die Haustüre hatte er offengelassen, und nun zog er die Schuhe von den Füßen, damit ihn niemand im Hause kommen hörte. In Strümpfen schlich er über die Stiege nach oben und stand überrascht am obersten Treppenabsatz still. Die Türe zu seiner Kammer war offen, und Kerzenschein fiel auf den Gang heraus. Mit einem Satz war er an der Türe.
»Agatha!«
Das Dirndl machte sich an seinem Bett zu schaffen und mit einem leichten Aufschrei fuhr es herum, stand mit hängenden Armen, und die Kerze entfiel ihrer zitternden Hand. Er hob sie auf und sah sich um. Auf seiner Zudecke lagen drei gefärbte Eier, ein seidenes Halstüchl und dabei ein Sträußchen der ersten Primeln.
»Agatha, was tust denn da?« forschte er leise.
Sie preßte die Hände auf die Brust und sah ihn mit leichenblassem Gesicht an.
»Dirndl, was soll denn das?« Er nahm das Seidentuch in die Hand und legte es wieder hin. Die Kerze stellte er auf den Tisch.
Da fing sie stockend zu reden an: »Ich wollt – « Tränen erstickten ihre Stimme, und sie wollte aus der Kammer gehen. Er hielt sie zurück.
»Agerl, Dirndl dummes, nimm das wieder mit! Ich kann mir doch von dir nix schenken lassen, hast ja selber nix. Und das Tüchl da ist gewiß net billig gewesen.«
»Bittschön, nimm’s!« schluckte sie und riß sich los. Wie ein Schatten huschte sie aus der Kammer, und dann hörte er nur mehr leise die Türe klappen, die zu ihrem kleinen Dachstübchen führte.
Ratlos stand er. Was wollte die Agatha mit ihrem Ostergeschenk? Wie konnte er da noch lange fragen! Wußte er doch, was es bedeutete, wenn ein Dirndl ein solches Geschenk legte!
Er setzte sich auf
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