Das Kreuz am Acker
keinen Unfug. Die Ranklin hat mich gebeten, ich möcht sie mitnehmen, und das kann ich doch net ausschlagen.«
Da stieg sie auf den Wagen und setzte sich mit trotzendem Gesicht auf die Bank. Der Schwaiger erkletterte den Bock und ließ die Pferde gehen. Plötzlich aber hielt er wieder an und wandte sich nach seiner Tochter um.
»Hast das Osterbinkerl für den Franzi dabei?«
»Nein!«
»Dann hol’s!«
»Ich kann doch net – ich – «
Da wandte sich der Schwaiger an die Hauserin, die nachgelaufen war, um zu hören, was man vergessen hatte. »Die Bärbel hat in ihrer Kammer ein Osterbinkerl, sollst es holen.«
»Wo liegt es denn?« fragte die Hauserin.
»Auf dem Tisch«, antwortete die Barbara, und der Bauer wandte sich schmunzelnd den Pferden zu, die ungeduldig stampften.
Wortlos reichte die Barbara das Ostergeschenk ihrem Vater nach vorne, als es die Hauserin gebracht hatte. Er lächelte zurück:
»Das kriegen wir schon. Ich geb es ihm selber.«
Mit lärmender Freundlichkeit begrüßte der Schwaiger die Ranklhoferischen, hieß den Franz zu sich auf den Kutschbock und die Bäuerin zur Barbara in den Wagensitz steigen. Als sie durch das Dorf fuhren, sahen die Leute sich interessiert nach dem Gefährt um. Das hob die Stimmung des Bürgermeisters noch mehr. Sollten sich nur umsehen und wissen, daß zwischen den beiden Familien keine Feindschaft mehr bestand! Das war ihm gerade recht! Er reckte sich, saß steif und stolz und nahm kalt die neugierigen Blicke der Dörfler auf. Eine Zigarre steckte er sich an und rückte den grünen Hut übers Ohr.
Überhaupt war er heute so gut gelaunt wie seit langem nicht mehr. Es sah wieder einmal aus, als ginge alles so, wie er es wünschte. Dazu der schöne Sonnentag und die neuen blitzenden Roßgeschirre. Auch der junge Ranklhofer fühlte sich geehrt durch die Neugierde der Leute und machte ein fröhliches Gesicht. Sie unterhielten sich gut. Hinter ihnen hatten inzwischen auch die beiden Frauen die ersten Worte gefunden, sprachen über den schönen Tag, und daß es schon ganz schön warm sei. Auch sie waren bemüht, die Unterhaltung im Gange zu halten, solange sie durch das Dorf fuhren.
Sie grüßten nach dem Pfarrgarten, wo der alte Pfarrer hinter dem Zaun stand.
»Wenn es gut ausgeht, dann wird wieder Ruh im Dorf. Ist mir aber, als könnt das nicht gut ausgehen«, murmelte der geistliche Herr und winkte, den Gruß erwidernd, mit der Hand. Er kannte seine Gemeinde und spürte im voraus, wenn sich irgendwo Sorgen anspannen.
Dann war das Gefährt auf der Landstraße verschwunden und bog nach einer Weile in einen steil zum Wald hinaufführenden Weg ein. Der Wagen rumpelte über große Steine und sackte in ausgeschwemmte Löcher.
»Ist gut, wenn die neue Straße einmal gebaut wird«, meinte der Franz, »da möcht es ja einem die Seel herausbeuteln auf so einem Weg!«
Der Schwaiger wiegte den Kopf: »Weiß net, Nachbar, mich freut die neue Straßen gar net mehr. Reißt mir die Äcker auf dem Nothackerwald auseinander. Habt Glück gehabt, daß ihr mit mir getauscht habt, denn von eurem Acker bleibt net viel übrig. Na ja, eine bessere Straßen haben wir nötig, da kann man nix machen. Mit der Ruh wird es aber auch aus sein bei uns, wenn man mit dem Auto vom Zellertal herüberfahren kann.«
»Sind Nachbarsleut«, sagte die Ranklhoferin im Rücksitz zur Barbara, »und seh dich doch so selten. Bist alleweil so beschäftigt?«
»Gar net«, erwiderte die Schwaigertochter, »aber ich halt nichts vom vielen Fortgehen und in fremden Häusern sitzen. Bin froh, wenn ich daheim meine Ruhe hab.«
»Kommt der Gendarm alleweil noch zu euch?« fragte die Ranklin unverblümt.
»Der?« Der Barbara lief das Rot ins Gesicht und trotzend schob sie die Unterlippe vor. »Der war zwei-, dreimal da, und jetzt ist er ja versetzt worden.«
»So?« wunderte sich die Bäuerin. »Siehst, so wenig weiß ich, was im Ort vorgeht.«
Verärgert schwieg die Barbara, und bis sie über die Paßhöhe kamen und auf der Zellertalstraße gegen Bodenmais fuhren, sprach sie kein Wort mehr. Vor ihnen tauchte das Bergstädtchen auf, das auf einer Höhe, vom Turm der Kirche überragt, stand. Im Hintergrund ragten die felsigen Zacken des Silberberges mit dem weithin sichtbaren Stolleneingang zum Bergwerk auf.
Sie stellten beim Hofwirt das Gespann ein und gingen in die Gaststube. Der Schwaiger wußte es so einzurichten, daß die beiden jungen Leute nebeneinander zu sitzen kamen, während er und die Ranklin
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