Das Kreuz am Acker
ihnen gegenüber Platz nahmen. Als sie den ersten Trunk getan hatten, heuchelte der Schwaiger:
»Jetzt hätt ich bald was vergessen! Ich hab ja eine kleine Überraschung für den Franzi!«
Er holte aus dem Wagen das Osterbinkerl der Barbara in die Stube und legte es vor dem jungen Ranklhofer auf den Tisch.
»Ich muß halt den Boten machen, wie es sich gehört. Die Bärbel hat mir das geschafft.«
Der Franzi wurde rot vor Verlegenheit, und die Barbara senkte die blonden Wimpern und sah auf den Tisch nieder.
»Ich dank dir halt recht schön«, faßte sich der Franzi und griff nach der Hand der Barbara.
»Ich muß dir ja auch danken«, sagte sie leichthin und zog ihre Hand zurück.
Der Schwaiger hatte unterdes seiner Nachbarin zugeprostet und ihr zugezwinkert. Ein kurzes, zustimmendes Lächeln glitt über das strenge Gesicht der Bäuerin.
»Na ja, wenn’s schon so ist«, meinte sie und stieß mit dem Schwaiger kräftig an.
Befriedigt strich sich der Bauer das Kinn und sann nach, wie er nun das eingefädelte Spiel weitertreiben könnte.
»Bin eigentlich hauptsächlich deswegen hergefahren, weil ich mir da ein schönes Rössel weiß, daß ich mir kaufen möcht. Könntest mitgehen, Nachbarin, und es dir anschauen. Steht beim Müllner drunten.«
Wieder zwinkerte er ihr zu und sie war einverstanden.
»Das Rössel hätt ich auch gern gesehen«, bot sich der Franzi an.
»Kommen dann auf dem Heimweg vorbei«, tat der Schwaiger bittersüß, »und – hätt mit deiner Mutter sonst auch etwas zu reden.«
Dann beeilte er sich fortzukommen und bedeutete den beiden jungen Leuten, sie sollten nur derweilen warten oder sich den Ort ansehen.
Die Gaststube hatte sich inzwischen gefüllt mit Leuten aus dem Ort und der Umgebung, Bauern und Waldarbeitern, Handwerksleuten und Gesinde. Ein Ziehharmonikaspieler begann zu musizieren und konnte bald den Lärm des Redens und Lachens nicht mehr übertönen.
Die Barbara ließ ihre Blicke in der Stube herumwandern, und vergeblich mühte sich der junge Ranklhofer, in ein Gespräch zu kommen, das das Mädel interessiert hätte. Er war froh, als sie endlich selbst vorschlug, aus dieser verrauchten Gaststätte in die frische Luft zu gehen und sich im Ort ein wenig umzusehen.
Sie wanderten langsam durch die Straßen, besuchten die Kirche und sahen sich die Geschäfte an, dann gingen sie den von kleinen Häuseln und Bäumen gesäumten Weg entlang, der über das Rißloch zum Arbergipfel führte. Sie wollten das Bergstädtchen auch einmal von oben sehen, wie der Franz scherzend meinte. Die Barbara hatte ihre Ungezwungenheit wiedergefunden, und sie unterhielten sich über das, was sie sahen. Als sie aber die letzten Häuser hinter sich hatten und der Wald links und rechts an den Weg herantrat, wurde sie wieder still.
»Wollen wir net lieber umkehren?« erinnerte sie ihn. Er setzte sich auf einen Felsblock am Wege. Sie blieb vor ihm stehen und sah ins Tal hinunter.
»Weißt«, begann er und nahm seinen ganzen Mut zusammen, »ich glaub, wir zwei hätten miteinander etwas auszureden, was andere nix angeht, und da war heut grad die richtige Zeit dazu.«
Sie antwortete nicht und sah auf den Wald und den Ort nieder.
»Aber ich kenn halt die schönen Wörtel net, die man da machen soll und die die jungen Mädeln gerne hören wollen – so wie sie in den verlogenen Romanhefteln stehen – aber was ich mir denk, ist das gleiche, und ich meine, es ist ehrlicher, als es da drinn steht. Du weißt, was ich sagen will. Wenn wir alles weglassen täten, mit dem wir uns in der letzten Zeit geärgert haben, und täten so – wie es dein Vater gern möchte – und ich auch – jawohl – «
Er wartete vergeblich darauf, daß sie ihm entgegenkommen und eine Antwort geben würde. Nur ihre Hände zuckten nervös, und er bemerkte, daß sie bleich wurde und sich auf die Unterlippe biß. Ringsum schien der Wald darauf zu warten, was die beiden sich noch zu sagen hätten, und die Stille dauerte unendlich lange.
Dann sagte sie leise: »Wollen wir net wieder gehen?«
Als sie sich damit zum Gehen anschickte, kam ihn eine große Enttäuschung an, und in ihm regte sich der Zorn. Er vertrat ihr den Weg und wollte nach ihrer Hand greifen. Da versteckte sie ihre Hände hinter dem Rücken.
»Jetzt sag endlich einmal ein Wörtel!« fuhr er sie grob an. »Du bist doch net stumm und net dumm! Ich mag dich gern, das kann ich dir sagen, und ich tat auf dich schauen, wenn du mein Weib wärst, wie auf das Beste, das ich auf
Weitere Kostenlose Bücher