Das Kreuz der Kinder
drängend. »Wir werden Euch, Fakhr ed-Din, als
Gesandten an den Hof von Sizilien entsenden!«
Der somit Beauftragte verneigte sich ehrerbietig in
Richtung Baldachin, aus dem jetzt erneut die leicht
rasselnde Stimme forderte: »Kommen wir zu Mahdia!«
Gehorsam griff Fakhr das Argument auf. »– wo wir mit
dem Treiben, dem sich Treibenlassen –.«, verbesserte er
sich schnell im Sinne des gestrengen Onkels, »– unseres
lieben Neffen und Vetters Kazar Al-Mansur nicht
sonderlich einverstanden –.«
»Er setzt sich nicht durch!« bellte die Stimme des Alten,
»er läßt sich von dem Eunuchen aus Tunis vorführen, wie
ein kleiner –.«
Ein Hustenanfall erstickte die Vorwürfe, Fakhr ed-Din
griff schnell ein, auch zur Verteidigung des Gescholtenen.
»Seit in Marrakesch die Herrschaft auf diesen ›Miramolin‹
übergegangen ist« – der Titel ›Sultan‹ kam am Hofe von
Kairo keinem über die Lippen – »ist auch das Interesse am
Horn von Iffriqia wieder gestiegen, der Druck aus Tunis –
.«
»Der Esel hat sich nicht wieder verheiratet«, nörgelte der
Großwesir. »Kazar ist unbeweibt und zeugt keine weiteren
Nachkommen –.«
»Dafür ist ihm der eine besonders wohl gelungen!«
widersprach Fakhr ed-Din. »Karim hat doch auch Euch
überzeugt, daß –.«
Er wurde von einem Diener unterbrochen, der sich mit
einem Korb zum Hafsiden heranzudrängen versuchte, was
diesem furchtbar peinlich war, zumal der Überbringer
beschwörend seine Stimme senkte. »Eine wichtige
Nachricht für Euch!«
»In Gegenwart des Großwesirs flüstert man nicht!« wies
Herr Abdal ihn zurecht. »Ich habe keine Geheimnisse zu
verbergen!« forderte er den Erregten auf, und der rief jetzt
laut und abgehackt: »Der Emir von Mahdia ermordet! –
Aus Alexandria – ein Bote! – dies schickt er Euch vorweg –
.«
Und er drückte Abdal den Korb in die Hand.
Der hob den Deckel, verzog sein Gesicht, entnahm ein
fleckiges Schreiben, das er überflog – Alle, auch Fakhr edDin und der Großwesir warteten gespannt. »Es ist leider
die Wahrheit!« sagte der Hafside endlich und ließ das
Pergament sinken.
»Nein!« stöhnte Rik. Für ihn war es, als bräche ihm der
Boden unter den Füßen weg, er wankte, und der
schwächliche Ezer mußte ihn stützen. Der Großwesir
flüsterte Fakhr ed-Din etwas zu, der dann mit nahezu
tonloser Stimme verkündete: »Ich darf alle bitten, uns mit
Abdal al-Hafsid allein zu lassen!«
Ezer führte den versteinerten Deutschen behutsam aus
dem Audienzsaal, wo jetzt ein erregtes Gemurmel die
anfänglich betroffene Stille schnell ablöste.
Abends im Landhaus von Gizeh. Hinter dunklen Palmen
schlummert der Nil, gewaltig und unwirklich ragt der
schroffe Dreikant der Pyramide des Cheops gegen den
nächtlichen Himmel. Hinter verschlossener Tür ist
deutlich das Schluchzen von Karim zu vernehmen. Rik
tritt aus dem Zimmer, verstört blickt er auf Timdal, der
weinend vor der Tür sitzt, Aisha hält seine Hand.
»Euer Weib Miriam«, wendet er sich an Ezer, »ist die
einzige, die er an sich ranläßt –.«
Ezer nickt und führt den Gebrochenen auf die Terrasse
vor dem Haus. Schweigend starren sie auf die
Dattelpalmen, deren Fächer leise im Wind wispern und
rauschen.
Aus der Dunkelheit des Zufahrtsweges ertönten Stimmen.
Abdal traf ein, mit Daniel. »Er brachte den Korb«, sagte
der Hafside und schob den Mussa’ad vor sich her, »mit
dem Brief meiner Sajidda Blanche, aber sie ließen ihn
nicht durch.«
Daniel verneigte sich vor Rik, der ihm fahrig die Hand
reichte. »Wie konnte das geschehen!?«
Bevor noch der Secretarius zu einer Erklärung ansetzte,
sagte der Hafside: »Ich hatte noch keine Zeit alles zu
lesen.«
Sein Blick fiel ins Innere des erleuchteten Hauses auf
Timdal. »Der Mohr soll die Kleine wegschicken und das
Geschriebene vorlesen.«
Hier griff Daniel ein. »Es ist wohl besser, ich übernehme
das, denn es war meine Hand –.«
Mit schroffer Bewegung hielt ihm Abdal das
verknautschte Pergament hin. Ezer ließ Licht bringen:
Liebster Mann und Gebieter,
in höchster Eile – ich weilte in El-Djem, als ich von
der Bluttat hörte. Der Emir stieg wie immer über den
Turm hinab, um in der Moschee zu beten – allein
befand er sich noch auf der Treppe, da drangen hinter
ihm von oben, wie auch von unten, die
Meuchelmörder auf ihn ein, zerstachen im Dunkeln
sein Herz mit unzähligen Dolchstößen – Sie müssen
von den fanatischen Ulamat aus Kairouan geschickt
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