Das Kreuz der Kinder
Zeiten zurückgegeben hat.«
Die Männer schwiegen und saugten bemüht gelassen an
der Nargilah.
»Davon kann gar nicht die Rede sein«, erwiderte Fakhr
ed-Din, »unser großer Sultan Saladin hat Jerusalem nicht
zurückerobert, um jetzt im Herzen der islamischen Welt
ein neues Rom entstehen zu lassen –.«
»Das wäre auf ewig ein Dorn im Fleisch der Kinder
Abrahams«, fügte Ezer Melchsedek bedächtig hinzu.
»Freier Zugang: ja – Besitz: niemals!«
Gerade in diesem Augenblick schleppten die Wächter
Timdal an, der sich nicht hatte abweisen lassen. Der Mohr
kam auch gleich zu Sache: »Saifallah ist aus der Haft
entwichen!«
Dann berichtete er, wie unten im westlichen sowie im
östlichen Hafen die Soldaten des Bahriden-Regiments alle
auslaufenden Schiffe kontrollierten, fieberhaft
Straßensperren auf allen Landwegen errichteten. »Doch
die Schande, daß ihnen eine solche Nachlässigkeit
unterlaufen, deucht ihre Offiziere noch schlimmer als die
zu erwartende Strafe!«
»Da könnten sie recht haben!«
Fakhr ed-Din erhob sich. »Ich möchte nicht in ihrer Haut
stecken, wenn sich der Zorn des Großwesirs über sie
entlädt.«
Er verneigte sich knapp vor den Versammelten und
verließ eiligen Schritts den Park, um den alten Mann von
dem ärgerlichen Vorfall zu unterrichten.
Ezer Melchsedek versuchte ihn auch sofort
herunterzuspielen. »Dem Flüchtling bleibt nur der
Seeweg, denn landeinwärts gerät er auf der einen Seite in
die Wüste, auf der anderen irrt er durch die Kanäle des
Deltas. Sie werden ihn schnell wieder einfangen!«
Er ließ sich Tee nachschenken.
»Der Meinung bin ich nicht«, widersprach ihm der
Hafside, »wie ich den Moslah einschätze, wird er die
Flucht, zu der er selbst zu feige ist, geschickt eingefädelt
haben. Nach meinem Dafürhalten schwimmt dieser
räudige Ulama längst auf hoher See!«
»Vielleicht auf einem Eurer Schiffe, Abdal!« spottete
der Chevalier, doch Rik unterbrach ihn mit ernster Miene.
»Für mich hat diese Flucht, ihr Zeitpunkt vor allem,
etwas mit unserem Eintreffen hier und dem freundlichen
Empfang durch den Großwesir zu tun!«
»Die Gauner sehen ihre Fälle davonschwimmen!«
pflichtete ihm nun auch Armand de Treizeguet bei. »Die
›Chronik von Mahdia‹ erweist sich nicht als tückische
Waffe gegen den Emir und alle an ihr Beteiligten, sondern
als sinnvolle Richtschnur unseres gemeinsamen
zukünftigen Handelns.«
Die Männer schmauchten an den Mundstücken ihrer
Wasserpfeifen und schlürften bedächtig den heißen Shai
bil Nana.
»Vielleicht geht es jemandem wie dem Kaiser mehr um
eine symbolische Handlung, die ihn als folgsamen Sohn
der Kirche darstellt als um strategischen Zugewinn einer
Stadt?« stellte Ezer, der jetzt den advocati diaboli für die
ägyptische Seite übernahm, die Frage in den Raum, doch
der Chevalier widersprach ihm sofort.
»Einem Herrscher wie Friedrich Machtinstinkt und
Interesse an territorialem Zugewinn abzusprechen, hieße,
seinen Charakter sträflich zu verkennen –.«
»Jerusalem ist nur zu halten–«, dämpfte der Hafside
sogleich derartige Ambitionen, »wenn man auch die
Burgen des Hinterlandes in der Hand hält –.«
»Diese Sachlage ist aber nicht gegeben und steht
außerhalb jeder Diskussion!« ertönte die Stimme von
Fakhr ed-Din, der mit finsterer Miene zurückgekehrt war.
»Der Großwesir hat beschlossen, nach Kairo
zurückzukehren, um sich mit El-Kamil, unserem Sultan,
zu beraten. Er würde sich freuen–«, wandte er sich eher
beiläufig an den Chevalier, »wenn sich der Herr
Botschafter ihm anschließen würde.«
Fakhr ed-Din nahm seinen Platz nicht wieder ein,
sondern trank seinen Tee im Stehen.
»Und was geschieht mit dem Moslah?!« begehrte Rik zu
wissen.
»Den führen wir in einem Käfig mit, wie ein bösartiges
Reptil! Die Bahriden haben ihn nach der Flucht seines
Kumpanen sofort in ein ausbruchsicheres, vergittertes
Behältnis geprügelt –.«
»Mich interessiert mehr, was aus meinen Gästen wird?«
wandte der Hafside ein. »Ich habe den Sohn des Emirs
und vor allem Herrn Rik hierhergebracht, damit sie dem
Sultan – wohlwollende Aufnahme vorausgesetzt – auf
Verlangen die Chronik erläutern –.«
Abdal gab sich Mühe, nicht ungehalten zu wirken, aber
Fakhr ed-Din speiste ihn lächelnd ab.
»Ihr werdet die Freundlichkeit besitzen, hier zu warten,
bis sich Kairo zu einer Entscheidung durchgerungen hat.
Das gilt insbesondere für meinen Neffen Karim, denn über
Mahdia
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