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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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berichtet hatte – ein
Priester schnarche, und um nach Pol Ausschau zu halten.
Der Schankknecht wies mit schlechtem Gewissen auf den
hohen Stand des geistlichen Herrn hin, der nur für ein paar
Stunden sein müdes Haupt dort gebettet habe, und bat
Étienne, in Saint-Jean den Herrn Vicarius aufzusuchen,
um ihm mitzuteilen, daß der Inquisitor ihn zu sprechen
wünsche.
    Im Kreuzgang des Klosters am äußersten Ende des Hafens
beriet sich Stephan mit seinem Vicarius. Der ›Mindere
Prophet‹ saß auf seinem erhöhten Stühlchen unter dem
Baldachin, und Luc mußte stehen, das verlangten die
›Erzengel‹. Stephan hielt die Augen geschlossen und
atmete schwer.
    »Er hat seine Visionen!« murmelten die Engel mit
andächtigem Respekt. »Er hält Zwiesprache mit seinem
Herrn Jesus Christus!«
    Der ›Vicarius Mariae‹ verdrehte seine Augen gen
Himmel und wartete, daß Stephan wieder herabstieg aus
den lichten Höhen. »Die ›Kleinen Apostel‹ haben nichts
ausgerichtet«, begann er schließlich behutsam, »das Meer
hat sich nicht geteilt, die Kinder weigern sich,
hierherzukommen, es stinkt ihnen hier zu sehr –.«
    Stephan schlug die Augen auf. »Die Kleingläubigen!«
schalt er.
»Sie haben Hunger!« hielt Luc dagegen. »Die Händler in
der Stadt denken nicht im Traum daran, die Preise für
Früchte und Brot herabzusetzen, und auch die Fischer, an
deren Liegestellen, auf deren Netzen die verwahrlosten
Haufen herumhängen, sind nicht länger bereit, ihnen
Fische zu schenken – selbst die Abfälle werfen sie lieber
ins Meer –.«
»Wer dem Heiland folgen will, bedarf keiner irdischen
Atzung«, erklärte Stephan dezidiert. »Sie sollen die ganze
Nacht über fasten und beten – heute geschieht eh’ nichts
mehr, der Herr Jesus ist gekränkt –.«, vertraute Stephan
flüsternd seinem Berater an, um dann mit lauter Stimme
zu wiederholen: »Fasten und Beten! Die ganze Nacht
hindurch!«
Er labte sich am Klang seiner Worte. »Und am Morgen
sollen sie sich ausnahmslos hier einfinden!«
»Verlangt das nicht noch einmal!« warnte Luc. »Die
Massen im Hafen zusammengepfercht –.«
»Also –.«, ließ sich der ›Mindere Prophet‹ erweichen
und schloß die Augen zur besseren Eingebung, »sie sollen
eine Kette bilden – von Saint-Jean, wo wir uns befinden,
bis soweit sie eben reicht –.«
»Nach beiden Seiten?« hakte Luc nach. Stephan nickte.
»– Sie sollen sich an den Händen fassen –.«
Dann schwieg sein Mund, und keiner wagte mehr einen
Ton von sich zu geben.
Étienne hatte alles aus der Entfernung mit angesehen, die
›Erzengel‹ ließen ihn nicht durch. Auch ärgerte ihn die
Art, wie Luc Einfluß auf Stephan nahm, er spürte wie der
große Elan, mit dem sie aufgebrochen waren, langsam
versickerte.
»Sie müssen sich bewegen!« rief er Stephan zu. »Fort
von hier!«
Er drängelte sich durch zum Thron. »Dieser Ort ist nicht
gut für uns –.«, erregte sich Étienne, um so mehr, als Luc
mit wegwerfender Geste ihn zum Schweigen bringen
wollte, »– und er wird auch nicht besser!«
»Besser wäre es –.«, der Vicarius verteidigte seine
Position, »wenn nicht jeder Dahergelaufene sein Maul
aufreißt«, hielt er sich an Stephan, Étienne ostentativ den
Rücken zuwendend.
Der wußte sich nicht weiterzuhelfen, als daß er sich
seines Auftrags entledigte. »Der Inquisitor Gilbert de
Rochefort befiehlt seinem Untergebenen Luc de
Comminges unverzüglich vor ihm zu erscheinen, um
Rechenschaft…«
Der Vicarius fuhr herum wie von einer Tarantel
gestochen. »Der Monsignore kann warten!« fauchte er
Étienne wütend an. »Mein Platz ist an der Seite –.«
Er verstummte, weil Stephan aufgesprungen war. Einen
Moment sah es so aus, als würde er sich auf den Vicarius
stürzen, statt dessen fiel er ihm um den Hals, klammerte
sich an ihn: »Verlaß mich nicht!« keuchte er – doch dann
stieß er ihn von sich. »Geht Judas!« flüsterte er. »Küßt
Eurem Herrn die Füße –.«
Luc warf Étienne einen haßerfüllten Blick zu und rannte
aus dem Kreuzgang. Alle schauten ihm nach, viele mit
unverhohlener Genugtuung. Stephan winkte Étienne
näherzutreten.
»Stimmt es, daß wir Verluste zu beklagen haben,
manche da draußen Hungers darben und der Zweifel an
vielen nagt, der Herr Jesus würde sein Versprechen nicht
einhalten?«
Der Tonfall des ›Minderen Propheten‹ verriet weder
Mitgefühl noch Besorgnis, sondern geriet mehr und mehr
zur bitteren Anklage. »Sind sie nicht

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