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Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Titel: Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Scharf
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Tintenfisch vorlag, war sich aber über die grundsätzliche Aufgabe von Nerven sehr wohl bewußt. Dieses Riesenaxon zu durchtrennen, dachte er, sei die anständigste Methode, bei welcher das Tier am schnellsten stürbe, und so zückte er sein Schweizer Taschenmesser, das er ständig bei sich trug und wie ein Rasiermesser zu schärfen pflegte, und setzte mit Leichtigkeit hinter dem Kopf einen tiefen Schnitt, als führe er mit dem Skalpell eine Operation aus. Alsbald änderte der Tintenfisch seine Farbe, was den Jungen erst stark verblüffte, was er aber dann als Zeichen des eintretenden Todes deutete. So verfuhr er mit allen drei Tintenfischen und legte sie anschließend in eine der großen Gefriertruhen im Innern der Aufbauten und kehrte, ein zufriedenes Lächeln auf seinem sommersprossigen Gesicht, heim zu seinen Eltern und seiner Schwester Scarlett.

    Am nächsten Tag aß man auf dem ganzen Schiff frisch gefangenen Fisch, darunter auch die vom Smutje und seinen Helfern zu Tintenfischringen verarbeiteten Fänge Thomas‘. Gegrillt wurde an Deck, indem man mehrere alte Ölfässer – gereinigt und halbiert – aufstellte, in welchen man Holzkohle und Abfallholz entzündete und über die man Roste legte.

Kapitel X

    Jardine, sein Sohn Jaques und Wilkins waren schon fast die vierte Woche auf See, als ein gewaltiger Sturm aufkam. Sie hatten zwar schon hier und da mit der Dünung von entfernt aufgetretenen Zyklonen zu kämpfen gehabt, die mitunter sechs Meter hohe Wellen hervorbringen konnten, aber dieser Sturm brach direkt über ihnen los. Es blitzte und donnerte, daß man meinen konnte, der Jüngste Tag stehe bevor. Dazu setzte ein sintflutartiger Regen ein, wie ihn die Männer noch nicht erlebt hatten. Die Sicht war an diesem Tag nicht etwa schlecht, sie war fast nicht vorhanden! Bei diesem Wetter konnten sie nicht mehr daran denken, ihren Kurs zu halten, sie mußten alles daran setzen, nicht Schiffbruch zu erleiden. Wenn jetzt etwa die Maschinen streikten und sich das Boot nicht mehr manövrieren ließ, war alles verloren.

    An Deck hatte sich durch die Wucht der Wellen, die immer wieder darüber hinwegrollten, eines der schlechter vertäuten Fässer mit Treibstoff gelockert und drohte mit der nächsten Woge über Bord gespült zu werden. „Ich werde mal nach dem Faß sehen, Jack“, rief Wilkins – der Sturm verschluckte jedes normal gesprochene Wort unweigerlich - und begann damit, sich gegen den Wind, der einem das Wasser ins Gesicht peitschte, hinüberzuarbeiten. Aber da faßte ihn Jaques beim Ärmel und brüllte: „Laß gut sein, Steve, ich mach das schon.“ Sein Vater schaute zwar etwas argwöhnisch und besorgt drein, er wollte sogar noch etwas dagegen sagen, aber das Manövrieren erforderte seine ganze Aufmerksamkeit, weswegen er bloß etwas Unverständliches murmelte und dabei leicht mit dem Kopf nickte.

    Jaques ging langsam, sich an die Reling klammernd, vorwärts und kam bald an Ort und Stelle. Hier begann er die Stricke fester zu ziehen und die gelockerten Knoten zu erneuern. Die beiden Männer hatten zwar ein Auge auf ihn, doch Kommunikation war kaum zu bewerkstelligen, außer durch Handzeichen. So waren sie beide völlig hilflos, als sie sahen, daß eine riesenhafte Welle von Backbord aus, wo Jaques gerade arbeitete, das Deck treffen würde. Sie fuchtelten zwar wild mit den Händen und schrien so laut sie konnten, doch vergebens. Der Junge war so in seine Arbeit vertieft und mit solchem Eifer bei der Sache, daß er um sich nichts wahrnehmen konnte. Als er schließlich doch zu den beiden Männern aufblickte, war es bereits zu spät. Die Welle schlug in diesem Augenblick über ihm zusammen, riß ihn und ein Stück der Reling auf der gegenüberliegenden Seite mit über Bord und in die Tiefe.
    Einmal noch sah der verzweifelte Vater etwas auftauchen und sogleich wieder verschwinden, was er für Jaques‘ Kopf hielt, dann war der Spuk vorbei. An Rettung war keine Sekunde lang zu denken.

    Jack brach in sich zusammen, seine weit aufgerissenen Augen und der Ausdruck auf seinem wettergegerbten Gesicht verrieten, daß er nicht fassen konnte, nicht begreifen mochte, was soeben passiert war – er war eine Zeitlang wie benommen und starrte apathisch zu jener Stelle, an der Jaques eben noch gekniet hatte. Das Faß stand noch. Wilkins übernahm das Steuer.

    Als der alte Fischer, der schon so viel gesehen und erlebt hatte, wieder zu sich zu kommen begann, da packte ihn eine unbändige Wut, ein mannhafter Zorn

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