Das Kreuz des Zitronenkraemers
Krankenhaus zu erreichen, aber du hattest wohl keinen Telefonanschluss.“
„Es geht schon wieder“, antwortete Hannes. „Werde das Geländer natürlich noch dieses Wochenende reparieren.“
„Lass dir damit mal noch ruhig Zeit“, lachte der Pächter. „Nicht, dass du mir noch mal abstürzt. Peter erzählte mir vorhin, dass du wohl eine heftige Gehirnerschütterung hattest. Ich soll dich übrigens nett grüßen, er kommt erst nach dem Essen, soll ich dir noch ausrichten.“
Dann kann er auch drüben bleiben, fuhr es Hannes durch den Kopf. Aber offensichtlich schien von den beiden momentan keine Gefahr auszugehen.
„Wollt ihr eigentlich etwas trinken? Einen Kaffee vielleicht?“, fragte Hannes. Vor lauter Aufregung hatte er ganz vergessen, den beiden etwas anzubieten.
„Ein Cognac wäre mir lieber!“, überraschte ihn Gritzfeld mit seiner Antwort. „Ich habe dir nämlich etwas mitzuteilen, was mir bereits seit einiger Zeit auf der Seele brennt!“
Hannes machte sich also auf den Weg zur Küche, um den erwünschten Cognac zu holen. Für sich packte er auch gleich ein Glas mit auf’s Tablett. Weiß der Geier, was Gritzfeld ihm Wichtiges zu sagen hatte. Ob es was mit dem Fall zu tun hatte? Was war los mit ihm, dass er am frühen Morgen einen Cognac verlangte? Wollte er sein schlechtes Gewissen runterspülen?
Grübelnd ging Hannes zurück ins Wohnzimmer und servierte den verlangten Drink. Auch Krischel griff wacker zum Glas.
„Ja, Hannes, um es kurz zu machen“, begann Gritzfeld mit hochrotem Kopf, „ich bin leider gezwungen, einen Teil des Reviers abzugeben. Wie du vielleicht erfahren hast, habe ich einen meiner größten Kunden verloren und bin sozusagen pleite.“ Er schluckte und japste nach Luft. Seine Stimme wurde leiser. „Es tut mir leid, dass ich dich nicht früher informiert habe, aber es fällt mir selbst schwer, es zu akzeptieren. Daher habe ich dir auch nicht erzählt, dass ich mich um einen Mitpächter oder sogar um einen Nachpächter bemüht habe.“ Hastig kippte er den Cognac hinunter.
Gritzfeld und pleite? Das konnte doch nicht sein. Seit Jahrzehnten scheffelte er doch mit seinem Lebensmittelgroßhandel das Geld mit großen Karren nach Hause. Das konnte doch nicht alles weg sein!
„Welchen Kunden hast du denn verloren? Von einem allein kann doch nicht alles abhängen?“, erkundigte Hannes sich taktlos.
„Ja, leider doch. Ich habe mich halt jahrelang auf die Vollzugsanstalten verlassen. Und die beziehen jetzt ihre Lebensmittel von einem anderen Großhändler. Da kann ich preislich nicht mehr mithalten.“
„Aber du hast doch jahrelang gut verdient! Außerdem dachte ich, du würdest dich eh bald zur Ruhe setzen! Du hast doch wohl mit Sicherheit vorgesorgt!“
„Leider nicht genug. Du weißt doch, ich habe immer gut gelebt. Jagdreisen nach Afrika, Fernreisen in den Orient mit Isabelle, die rauschenden Feste in unserer Villa. Da ging jede Menge Kies bei drauf. Und Isabelle war nie ein billiges Mädchen. Immer der neueste Schnickschnack im Haus und in Lumpen hat man sie doch nie gesehen. Jede Woche zur Kosmetik und zum Friseur. All das ist jetzt vorbei. Um es kurz zu machen, ich bin froh, wenn ich das Haus und wenigstens einen Teil der Jagd halten kann. Zum Glück habe ich ja, wie du weißt, einige gut zahlende Gäste, so dass sich die Pacht auch ohne meinen Anteil fast trägt. Wenn nur der Wildschaden nicht wäre! Deshalb bin ich gezwungen, einen Teil abzugeben. Mit dem mehr als zahlungsfähigen Steinmetz hat es ja leider nicht geklappt, Gott hab ihn selig. Mit seinem Geld wären wir aus allem raus gewesen.“
Er griff zur Flasche und goss sich einen weiteren Cognac ein. Hastig trank er ihn leer.
Krischel war in der Zwischenzeit aufgestanden und lief nervös im Kreis herum. Nachdenklich schaute Hannes ihn an. Da dämmerte es ihm.
„Und du? Du hast das wohl die ganze Zeit gewusst, was? Willst du jetzt meine Nachfolge antreten? Dann hat unser lieber Herr Gritzfeld ja gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen! Bezahlt hast du ja eh nie viel, wenn du jetzt meinen Job übernimmst, kann unser werter Herr Pächter sich ja meine Kosten ersparen und auch noch zusätzlich einen weiteren Begehungsschein vergeben!“ Wütend starrte Hannes die beiden an.
Anne hatte inzwischen das Zimmer betreten und schaute erstaunt in die Runde. „Was ist denn mit euch los?“, fragte sie vorsichtig.
„Darf ich?“, erkundigte sich Gritzfeld und zog die Flasche an sich ohne eine
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