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Das Kreuz des Zitronenkraemers

Das Kreuz des Zitronenkraemers

Titel: Das Kreuz des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Bonerz , Johanna Kirchen
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wird mich so oder so umbringen, du musst mich irgendwie finden“, flüsterte sie in sich hinein. „Sie werden die Originaldokumente um Mitternacht unter der Bank am Zitronenkreuz deponieren. Dann werden Sie nach Hause fahren und dort bleiben. Ich lasse Sie beobachten. Wenn ich die Dokumente unversehrt und vollständig in Besitz habe, lasse ich Ihre kleine Freundin laufen. Wenn ich aber irgendwelche Zweifel haben sollte oder auch nur den geringsten Verdacht einer Falle wittere, überlasse ich die Leiche ihrer Angebeteten den Ratten.“ Der Wagen startete. Er hatte das Gespräch beendet. „Ich vermute mal, Sie sind Harenberg wichtiger als ein Bündel alter, verstaubter Papiere.“ Scheinbar waren diese Worte an sie gerichtet. Schaukelnd setzte sich der Wagen in Bewegung. Anne konnte sich aufgrund ihrer zusammengebundenen Hände auf dem Rücken nicht ausbalancieren und fiel unsanft auf ihre linke Körperseite. Mühsam rappelte sie sich wieder in Sitzposition und versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Sie dachte an Hannes. Wie hilflos musste er sich jetzt fühlen. Wahrscheinlich war er auch noch wütend auf sie. Schließlich war sie mal wieder mit dem Kopf durch die Wand gestolpert und hatte sich selbst in diese Lage verfrachtet.
    „Kennen Sie Hannes?“, hörte sie sich auf einmal selber sagen. „Natürlich.“ Anne überlegte. „Sicher kennen Sie ihn, haben ihn ja auch zusammengeschlagen, oben am Zitronenkreuz“, murmelte Anne mehr sich selber zu.
    „Zusammengeschlagen ist etwas übertrieben“, gab Schönemann zurück. „Habe ihm nur einen kleinen Denkzettel verpasst. Sozusagen als Warnung, dass er seine Nase aus anderer Leute Angelegenheiten raus halten soll.“
    Mehr sagte er während dieser Horrorfahrt nicht mehr.
    Schließlich hielt der Wagen und Anne wurde aus dem Inneren herausgezogen. Sie spürte, dass sie auf weichem Waldboden stand. Also doch. Ein Versteck irgendwo im Wald. Wie sie vermutet hatten. Dann wurde sie einige Zeit am Arm weiter gezogen. Sie stolperte mehr als sie ging. Äste und Zweige streiften ihr über den Kopf und an Armen und Beinen entlang. Schließlich hielt er sie fest. Sie blieben stehen.
    Dann hörte sie einen Schlüssel in einem scheinbar morschen Schloss krächzen. Eine Tür wurde über den Boden geschrabbt. Es war ein Geräusch wie Fingernägel, die über eine Tafel gezogen werden.
    Anne wurde einen leicht abschüssigen Weg herunter geschoben. Der Untergrund wirkte nun fester. Ihre Schrittgeräusche hallten wie bei einem Echo zurück. Anne vermutete sich in einer Art Gang. Es wurde kühl. Dann bedeutete er ihr, stehen zu bleiben.
    „So. Da wären wir nun in der guten Stube. Überraschung … “ Brutal riss er ihr das Klebeband vom Kopf. Anne hatte das Gefühl, er würde ihr die halbe Gesichtshaut mit abziehen. Ein Teil ihrer Haare hatte sich auf jeden Fall dazu entschieden, beim Klebeband zu bleiben.
    Dann konnte sie plötzlich sehen. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an die schummrige Dunkelheit. Sie befand sich in einer Höhle. In einer Ecke flackerte eine kleine Öllampe. Daneben konnte Anne ein Bett erahnen. Nein, kein richtiges Bett. Vielmehr eine dicke, alte Matratze auf dem staubigen Boden. Darauf kauerte eine Kreatur. Eine menschliche Kreatur. Anne erstarrte.
    „Darf ich vorstellen?“ Schönemann war zwischen Anne und die Matratze getreten. „Herr Steinmetz, Frau Seifert“, dann wandte er sich dem Bündel Mensch zu: „Frau Seifert, Herr Steinmetz.“
    „Los, steh auf, wo sind denn deine Manieren?“ Er versetzte ihm einen Tritt mit dem Fuß. Der Mann, oder besser das, was von ihm übrig war, stöhnte laut auf. Anne konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Ihr blieb die Luft weg. Sie erkannte kein Gesicht. Nur verfranzte, verfilzte, staubgraue Haare. Einen zotteligen Bart. Dunkle Höhlen, in denen stumpfe Augen ruhten. Annes Blick wanderte an der vor Dreck starrenden Kleidung herab. Sein rechter Arm war mit einer Handschelle an einer Kette an der Wand gefesselt. Der linke Arm war in einen dicken, schmutzigen Verband gehüllt. An der Handseite war die Binde mit einer grünlich-bräunlichen Kruste verklebt. Ein süßlich beißender Geruch stieg daraus empor. Er mischte sich mit dem Gestank von ungewaschenem Mensch und Exkrementen. Anne wurde übel. Sie musste aufstoßen. Dies also war Andreas Steinmetz. Anne musste an ein Foto denken. Claire hatte es ihr gezeigt. Vom letzten Urlaub auf Bali. Andreas Steinmetz mit muskulösem Körper, braun gebrannt und gut

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