Das kritische Finanzlexikon
2013 auf dem Markt und zeichnen sich durch niedrige Zinssätze aus. Solange das so bleibt, läuft die Angelegenheit im Sinne der Euro-Befürworter.
Der ESM flankiert also als weiterer Kreditgeber die Bemühungen der EZB, den schwächelnden Euroländern Möglichkeiten zu verschaffen, zinsgünstige Geldmittel aufzutreiben. Und er soll notleidenden Banken beistehen. 4 Da fragt man sich, ob die 500 Milliarden Euro ausreichen werden. Hieran knüpfen sich viele Fragestellungen, zum Beispiel:
• Kann/soll/darf man den Rettungsschirm → hebeln , um so ein höheres Volumen herauszuholen?
• Sollte/könnte man nicht sogar dem ESM eine Banklizenz verschaffen, so dass dieser – quasi wiederum unbegrenzt – Geldmittel bei der Europäischen Zentralbank abrufen kann?
• Wie stark steigt die Haftung der Euroländer, wenn das Volumen des Rettungsschirms durch Hebelung oder EZB-Mittel ausgeweitet wird?
• Wenn eine direkte Bankenhilfe möglich ist – inwieweit müsste dann nicht eine gemeinsame europäische Bankenunion mit einer durchschlagskräftigen gemeinsamen Bankenaufsicht geschaffen werden?
Eine Vervielfachung des Rettungsschirmvolumens ist niemals ganz vom Tisch. Die Diskussion wird bei jeder weiteren Krise wieder aufkommen. Eine EU-Bankenaufsicht gilt inzwischen als beschlossen. Die → Europäische Zentralbank soll ab 2014 die etwa 150 größten Banken in der Eurozone in Bezug auf Eigenkapitalausstattung (vgl. → Eigenkapital und seine Rendite ), Liquiditätsausstattung, Kreditvergabe etc. überwachen und zu diesem Zwecke regelmäßig Einsicht in entsprechende Geschäftsunterlagen verlangen können. Hinsichtlich der Frage nach einer Haftung Deutschlands für den Rettungsschirm hat das Bundesverfassungsgericht im September 2012 Klarheit geschaffen: Der ESM ist nach Auslegung des Gerichtes verfassungsgemäß, aber was auch immer umgesetzt werden sollte – die deutsche Haftung im Zusammenhang mit dem Rettungsschirm darf die magische Grenze unseres ESM-Zeichnungsbeitrages von 190 Milliarden Euro nicht überschreiten. In Österreich gibt es eine solche Grundsatzentscheidung bislang nicht. Eine Klage der Kärntner Landesregierung gegen den ESM beim Verfassungsgerichtshof wurde im März 2013 zurückgewiesen.
Riester und Rürup
Wir befinden uns im Jahr 2001. Die rot-grüne Bundesregierung kündigt eine Jahrhundertreform an. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, treten vor die Presse. Beide strahlen um die Wette. Von einem »großen Reformwerk« ist die Rede. Zukünftig, so das abgegebene Versprechen, werde »die Rente für junge Leute bezahlbar« bleiben und es werde »zukünftig mehr Rente als nach altem Recht« geben. Der entscheidende Satz fiel jedoch nicht.
Der Satz nämlich, dass die neue »Riester-Rente« vor allem eine Subvention für die Finanzindustrie darstellt.
Seit Jahrzehnten gibt es die Diskussion, ob unsere gesetzliche Rente wirklich sicher ist. Diese fürchterliche demografische Entwicklung – so viele Alte auf so wenige Junge! Unsere Rentenbeiträge werden ins Unermessliche steigen, wenn wir nicht gegensteuern! Oder es wird erhebliche Rentenkürzungen geben – diese Einschätzungen setzten sich in der öffentlichen Wahrnehmung durch.
Die Regierung Schröder wollte damals offiziell die Beiträge stabil halten. Tatsächliche wurde den Finanzdienstleistern zu einem kräftigen Wachstumsschub verholfen. Das dies so kommt, war damals schon abzusehen. Eine Änderung der Grundkonstruktion des Generationenvertrages stand nicht zur Debatte. Ideen und Vorstellungen hinsichtlich eines echten Solidarsystems, bei dem jede mit Einkommen gesegnete Person die erforderlichen Mittel aufbringt, die zudem eine breitere Bemessungsgrundlage (nämlich die Einbeziehung weiterer Einkünfte) ohne Deckelung über eine Beitragsbemessungsgrenze vorsieht, waren nicht salonfähig. Durch eine neue Anpassungsformel wurde 2001 festgelegt, dass zukünftige Rentensteigerungen im Vergleich zu den Zuwächsen der Nettolöhne von Beschäftigten niedriger ausfallen. Als Ausgleich für die hiermit de facto verbundenen Kürzungen holte man die Finanzwelt ins Boot. Natürlich nicht als Zahlmeister – man offerierte den Banken und Versicherungen vielmehr ein vielversprechendes Geschäftsmodell: die kapitalgedeckte private Altersvorsorge für den Otto Normalarbeiter. Private Altersvorsorge sollte fortan nicht mehr als Exklusivmodell für Gutverdiener herhalten, sondern als
Weitere Kostenlose Bücher