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Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Zahlungsunfähigkeit von Staaten ist denkbar. Ausgerechnet am ersten Weihnachtstag erklärte der damalige argentinische Präsident Rodriguez Saá im Jahr 2001 die Zahlungsunfähigkeit seines Landes.
    Ein anderes, ebenso trauriges Kapitel in Sachen Insolvenz steuern die Banken bei. Die Finanzkrise 2007 mit ihrem Kulminationspunkt, der Pleite von Lehman Brothers, hat gezeigt, wie eng die Bankenwelt miteinander vernetzt (vgl. → systemrelevant ) ist und welche katastrophalen Auswirkungen der Zusammenbruch einer großen Bank haben kann. In Deutschland musste sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich für eine Beruhigung der Gemüter sorgen (vgl. → Garantie ).

Investmentbanking
    Das Investmentbanking unterscheidet sich erheblich von der Geschäftstätigkeit herkömmlicher → Banken . Im Wesentlichen umfasst es folgende Bereiche:
    • Begleitung der Emissionstätigkeit von Aktien und Anleihen (Vermittlung von Interessenten für das entsprechende Wertpapier),
    • Hilfestellung bei Firmenübernahmen und Fusionen (Mergers & Acquisitions; vgl. auch → Heuschrecken ),
    • Vermögensverwaltung sowie
    • Handel mit Wertpapieren und anderen Finanzinstrumenten für eigene Rechnung (und nicht im Kundenauftrag; vgl. auch → Volcker-Regel ).
    Ein Finanzinstitut kann sich als »reine« Investmentbank ausschließlich auf diese Bereiche konzentrieren oder aber diese Bereiche in besondere Sparten ihres Gesamtkonzerns eingliedern. (Solange keine konsequenten Regeln zur Herstellung und Überwachung eines Trennbanksystems geschaffen werden, ist diese Vermengung von Banken- und Investmentsparte möglich; – vgl. → Der Trick mit der Deregulierung ).
    Bis zum Jahr 2008 gab es in den USA, der »Nummer eins« im Investmentbanking, fünf große, »reine« Investmentbanken: Goldman Sachs, Morgan Stanley, Merrill Lynch, Lehman Brothers und Bear Stearns. Infolge der Finanzkrise ging Lehman unter, Merrill Lynch wurde von der Bank of America und Bear Stearns vom Finanzkonzern JP Morgan Chase übernommen. Die beiden größten, Goldman und Morgan Stanley, gaben ihren Status als Investmentbank offiziell auf und mussten sich einer etwas strengeren Bankenaufsicht beugen.
    Auch wenn in der letzten Zeit Unruhe bei Investmentbanken beziehungsweise Investmentbanking-Sparten aufgekommen sind – die Möglichkeit zur Realisierung unverhältnismäßig hoher Gewinne und → Boni für die Angestellten besteht nach wie vor. Dies liegt vor allem an der Struktur des Investmentbanking. Zwei wichtige Strukturmerkmale seien an dieser Stelle hervorgehoben:
    • Hohe Volumina: Wo Investmentbanker auch tätig sind – es geht um riesige Summen. Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen. Allein außerbörslich werden jährlich → Derivate von mehr als 700 Billionen US-Dollar gehandelt. Bei einer geradezu läppisch anmutenden Provision von 0,1 Prozent für eine Transaktion in Derivaten wäre bei einer Umschlagshäufigkeit von eins ein Gebührenkuchen von insgesamt 700 Milliarden Dollar zu verteilen. Zweites Beispiel: Die Staatsschulden der USA, Großbritanniens, Japans und des Euroraums wuchsen 2011 um 4 Billionen Euro. Der Blick der Öffentlichkeit richtet sich gemeinhin fast ausschließlich auf die schreckliche Seite einer wachsenden → Staatsverschuldung : Diese fürchterliche Belastung der kommenden Generationen! Aus der Perspektive der Finanzindustrie ergeben sich aus einer rasant steigenden Staatsverschuldung hingegen höchst erfreuliche Ertragsperspektiven, denn es winken Milliardenbeträge als Provisionsbeteiligung bei der Platzierung der Anleihen, Obligationen etc. an den Kapitalmärkten. Ganz zu schweigen von den vielen anderen Emissionen, zum Beispiel Unternehmensanleihen oder Aktien im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen, oder den zahlreichen Firmenübernahmen bei hohen Bilanzsummen. In allen Fällen realisieren Investmentbanker Unsummen an Provisionen beziehungsweise Erfolgsbeteiligungen. All diese Milliardenbeträge verteilen sich nicht jedoch auf Millionen Unternehmen, die in Konkurrenz zueinander stehen. Die Zahl der für den Geldsegen infrage kommenden Investmentbanken beziehungsweise -abteilungen ist nämlich relativ überschaubar.
    • Transaktionshäufigkeit: Mit dem Handel werden in der Regel Kursgewinne realisiert. Also kommt es einerseits darauf an, die Zahl der Handelsinstrumente zu erhöhen, was zum Beispiel durch die fortwährende Neukonstruktion von »innovativen« Anlagemöglichkeiten (gerne auch »Produkte« genannt) wie

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