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Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Jedenfalls durften deutsche Banken nun ihre Unternehmensanteile steuerfrei veräußern. Dieses Schröder’sche Weihnachtsgeschenk war letztendlich ein Zugeständnis an die kapitalistische Globalisierungswelt. Und die Grünen waren mit von der Partie.
    Entflochten wurde im Endeffekt nichts, denn internationale Großanleger konnten sich fortan fleißig in deutsche Unternehmen einkaufen und ihr Beteiligungs-Spinnennetz weiter knüpfen. Die weltweite Kapitalkonzentration konnte so ungehindert weiter fortschreiten. Im Unterschied zum vorherigen Status wurde jetzt eben global gekuschelt – etwas rauer und handfester zwar, aber bei der grundsätzlichen Strategie war man sich einig: Der Produktionsfaktor Kapital musste aus Sicht der Kapitaleigner gegenüber dem Faktor Arbeit aufgewertet werden. Das bedeutete unter anderem: Steuerliche Begünstigung von Kapitalanlagen und Kapitalverschiebungen sowie Senkung von Produktionskosten durch Ausweitung des Niedriglohnbereichs. Ein Fest für → Neoliberale . Man handelte konsequent primär im Sinne der Aktionäre – und damit gegen Arbeitnehmerinteressen.
    In der Finanzwelt brandete Ende 1999 kollektiver Jubel auf. Der → DAX stieg nach Bekanntwerden der nur aus dem Kleingedruckten hervorgehenden Änderung des Körperschaftsteuergesetzes sprunghaft an. Diese kleine Änderung, die letztendlich eine enorme Subventionszahlung an die Finanzkonzerne mit sich brachte, ist aber beileibe nicht das einzige Beispiel für jene Freundlichkeit, mit der das Kapital von der Politik bedacht wird.
    • Den Vertretern von Banken und Versicherungen ist es glänzend gelungen, fast jeden Deutschen davon zu überzeugen, dass die gesetzliche Rente nicht mehr finanzierbar ist. Dieser altmodische Generationenvertrag ist doch angesichts unserer Alterspyramide nicht mehr haltbar! Wie sollen die wenigen Jungen zukünftig denn die vielen Alten finanzieren?
    Stimmt – die Probleme im Zusammenhang mit unserer Alterspyramide kann man nicht verleugnen. Dennoch wäre eine gesetzliche Rentenversicherung immer noch gut finanzierbar, wenn man drei Grundsätze beherzigen würde: Erstens müsste das System auf eine breitere Basis gestellt werden. Arbeitnehmer mit voll sozialversicherungspflichtigen Jobs tragen die Last, gemeinsam mit ihren Arbeitgebern. Aber weder Beamte noch Angehörige bestimmter (meist privilegierter) Berufsgruppen wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare etc. müssen in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, weil der Staat beziehungsweise berufseigene Versorgungswerke für die Rente dieser Leute aufkommen. Diese Leute erhalten eine eigene (meist recht üppige) Altersversorgung und können dem Solidarsystem fernbleiben. Wichtig wäre es hingegen, wie es in der Schweiz der Fall ist, alle Personen in ein Renten-Solidarsystem einzubeziehen. Zweitens müsste die Deckelung über die Beitragsbemessungsgrenze nach oben gesetzt oder ganz aufgehoben werden. Und drittens sollten alle Einkünfte, vor allem also auch diejenigen aus Kapitalvermögen beziehungsweise Vermietung und Verpachtung von Immobilieneigentum in die Beitragskalkulation einbezogen werden. Würde man nur zwei dieser Grundsätze rechtlich umsetzen, gäbe es keine »Versorgungslücke«. Aber die systematisch geschürte Panik im Zusammenhang mit dem drohenden Einkommensverlust im Alter passt denjenigen, die über den Absatz privater Altersvorsorgeprodukte neue Umsätze und Gewinne generieren, schließlich prächtig ins Konzept. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Namensgeber der entsprechenden Produkte, die Herren → Riester und Rürup , heutzutage eng mit der einschlägigen Branche vernetzt sind, ja, mit ihnen zusammenarbeiten und in ihrem Auftrag durch die Lande reisen und Werbung machen für die entsprechenden Zusatzversicherungen. Den Subventionscharakter der privaten Altersvorsorge kann man relativ leicht identifizieren. Man muss nur die zahlreichen Testergebnisse (zum Beispiel Ökotest Juni 2011, Finanztest Oktober 2012) heranziehen. Es wird sofort deutlich, dass genau jene Milliardenbeträge, welche in die staatliche Förderung der einschlägigen Produkte fließen, meist so gut wie eins zu eins in die Taschen der Produktanbieter und -vermittler fließen.
    • Ein weiteres Beispiel ist die Kapitalertragsteuer. Inzwischen sind wir bei der pauschalen »Abgeltungsteuer« von 25 Prozent gelandet, berechnet auf alles, was bei Kapitalerträgen so anfällt: Zinsen, Dividenden, Kursgewinne. Ein Betrag von 801 Euro

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