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Das kritische Finanzlexikon

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Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Geldwäschegesetz: Allgemeine Sorgfaltspflichten
    (1) Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 haben (…) die nachfolgenden allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen:
1. die Identifizierung des Vertragspartners …
    Kennenlernen müssen deutsche Kreditinstitute ihre Kunden also, denn sie haben sich gemäß § 154 der Abgabenordnung bei der Eröffnung eines Kontos, Wertpapierdepots oder bei der Vermietung eines Bankschließfachs »Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten« (und damit auch über jede vom Konto- beziehungsweise Depot- oder Schließfachinhaber bevollmächtigte Person) zu verschaffen. Darüber hinaus sind diese Angaben »in geeigneter Form festzuhalten«. Und zu guter Letzt haben Kreditinstitute als »Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1« des Geldwäschegesetzes bei einer Kontoeröffnung den wirtschaftlich Berechtigten eines Kontos festzustellen, für den Fall, dass jemand auf die Idee kommt, einen dicken Batzen Schwarzgeld auf das Konto eines Strohmannes oder einer eigens für solche Zwecke gegründeten Firma einzuzahlen.
    Über die Schnelligkeit und Unkompliziertheit einer Auskunftserteilung gibt der letzte Satz des Paragrafen 154 der Abgabenordnung Auskunft. Ein Kreditinstitut hat in Bezug auf eine natürliche oder juristische Person jederzeit Auskunft über alle Konten, Schließfächer und Vollmachten zu geben. Diese Verpflichtung gilt noch bis zu sechs Jahre nach Beendigung der Geschäftsbeziehung.
    Was ist nun das Besondere an einem Nummernkonto? Schließlich hat doch jedes Konto eine Nummer. Beim Begriff »Nummernkonto« denken wir zumeist sofort an die Schweiz. Inzwischen hat sich die Rechtslage in dieser banktechnischen Alpenfestung ein wenig geändert. Der erste Punkt (Kennenlernen des Kunden) ist auch für Schweizer Kreditinstitute bindend. Der Kontoinhaber ist also zu identifizieren. Der zweite Punkt ist entscheidend, denn bei einem Konto in der Schweiz hat lediglich die Bank Kenntnis von den persönlichen Daten des Kunden – und die denkt normalerweise nicht im Traum daran, diese Daten an Dritte weiterzugeben. Nur in krassen Fällen von Straftaten oder Steuerbetrug wird sie dies tun. Oder auf Druck ausländischer Nationen hin, wie zum Beispiel im Steuerstreit zwischen den USA und der Schweizer Großbank UBS.
    Um ein wenig von dem Kuchen, sprich: Erträgen aus den geschätzt 150 Milliarden Franken Schwarzgeldguthaben deutscher Anleger in der Alpenrepublik zu erhalten, unterzeichneten Bundesfinanzminister Schäuble und die Schweizer Finanzministerin Widmer-Schlumpf 2011 ein Abkommen, das 2013 wirksam werden sollte und eine → Quellensteuer für Kapitalerträge vorsah, unabhängig davon, ob diese in der Schweiz oder in Deutschland erzielt wurden. Das Abkommen fiel im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss durch. Nicht nur weite Teile der Bevölkerung, auch viele Politiker waren der Auffassung, dass die Schwarzgeldkünstler mit einem bloßen (darüber hinaus moderaten) Abzug zu günstig weggekommen wären. Die Steuerhinterzieher wären auch weiterhin anonym geblieben, und die Bundesrepublik hätte sich verpflichtet, bei der Beschaffung von Daten zu Schweizer Kontoverbindungen nicht mehr aktiv tätig zu werden.
    Auf Anonymität legen die Schweizer ganz besonderen Wert. Und auf den Ankauf von Daten-CDs, deren finanzieller Erfolg sich durchaus sehen lassen kann, reagieren die Vertreter der Alpenrepublik äußerst sensibel. Ende März 2012 ging man sogar in die Offensive: Die Eidgenossen erließen wegen des Ankaufs einer solchen CD Haftbefehle gegen drei nordrheinwestfälische Finanzbeamte. Aus Sicht des wankenden Steuerparadieses hätten die deutschen Staatsdiener »nachrichtliche Wirtschaftsspionage« betrieben und gegen das Bankgeheimnis verstoßen. Von einem Urlaub in der Schweiz ist dem Trio vorerst einmal abzuraten, denn bei der Einreise riskieren sie eine Verhaftung.
    Das Abkommen mit der Schweiz passte jedenfalls nahtlos in die Kapitalertragsteuervergünstigungsstrategie der Bundesregierung (die allerdings die Rechnung ohne die Opposition gemacht hatte). Man verfuhr bei den Verhandlungen offenbar nach dem Motto des ehemaligen Finanzministers Peer Steinbrück: »Lieber 25 Prozent von X als 45 Prozent von nix.« Steinbrück äußerte diesen markigen Satz im Zusammenhang mit der Einführung der Abgeltungsteuer von 25 Prozent, einem weiteren Meilenstein im Zusammenhang mit der Kniefallstrategie vor Großanlegern (vgl. → Jubel ).
    Nicht nur für die Schweiz

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