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Das krumme Haus

Das krumme Haus

Titel: Das krumme Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Liebesbriefe.«
    »Josephine! Woher weißt du das?«
    »Weil ich sie gelesen habe. Schrecklich blöde Briefe. Laurence ist aber auch blöd. Er hatte Angst, in den Krieg zu ziehen. Als Bomben fielen, wurde er immer ganz grün – richtig grün. Eustace und ich haben schrecklich gelacht über ihn.«
    In diesem Augenblick fuhr draußen ein Auto vor. Blitzschnell war Josephine am Fenster und presste ihre Stupsnase an die Scheibe.
    »Wer ist gekommen?«, fragte ich.
    »Dr. Gaitskill, Großvaters Anwalt. Wahrscheinlich kommt er wegen des Testaments.«
    Aufgeregt eilte sie aus dem Zimmer, vermutlich um ihre Schnüffeltätigkeit wieder aufzunehmen.
     
    Magda Leonides trat kurz darauf ein. Zu meiner Überraschung kam sie auf mich zu und ergriff meine beiden Hände.
    »Ein Glück, dass Sie noch hier sind, mein Lieber. Man braucht so dringend einen Mann.« Sie ließ meine Hände los, ging zu einem Lehnstuhl, den sie etwas verschob, betrachtete sich in einem Spiegel, nahm von einem Tisch eine kleine Emaildose, die sie auf- und zuklappte, nachdenklich dastehend. Es war eine reizvolle Pose.
    Sophia steckte den Kopf zur Tür herein und flüsterte warnend: »Gaitskill!«
    »Ich weiß«, gab Magda zurück.
    Wenige Sekunden später führte Sophia einen kleinen, älteren Herrn herein; Magda legte die Emaildose hin und ging ihm entgegen.
    »Guten Tag, Mrs Leonides. Ich bin gerade auf dem Weg nach oben. Es scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Ihr Mann schrieb mir in dem Glauben, das Testament sei in meinem Besitz. Wenn ich Mr Aristide Leonides richtig verstanden habe, müsste es jedoch in seinem Banksafe liegen. Wissen Sie vielleicht etwas davon?«
    Magda machte erstaunte Augen.
    »Nein, natürlich nicht. Soll das etwa heißen, dass das böse Weib oben das Testament vernichtet hat?«
    »Aber, aber.« Mahnend hob er den Finger. »Keine wilden Vermutungen. Es handelt sich nur um die Frage, wo Ihr Schwiegervater es aufbewahrt hat.«
    »Er schickte es Ihnen bestimmt, nachdem er es unterzeichnet hatte. Das sagte er uns ausdrücklich.«
    »Die Polizei hat meines Wissens seine Privatpapiere durchgesehen«, sagte Gaitskill. »Ich will rasch mit dem Inspektor sprechen.« Damit ging er hinaus.
    »Sie hat es sicher vernichtet!«, rief Magda.
    »Unsinn, Mutter, so etwas Dummes würde sie nie tun«, entgegnete Sophia.
    »Es wäre durchaus nicht dumm. Wenn kein Testament da ist, erbt sie alles.«
    »Pscht, Gaitskill kommt zurück.«
    Der Anwalt brachte Taverner und Philip Leonides mit.
    »Der alte Herr sagte mir damals«, begann Gaitskill, »er hätte sein Testament im Banksafe deponiert.«
    Taverner schüttelte den Kopf.
    »Mit der Bank habe ich mich bereits in Verbindung gesetzt. Außer einigen Wertpapieren liegt dort nichts.«
    Philip sagte: »Ob vielleicht Roger oder Tante Edith… Sophia, hol doch die beiden mal her.«
    Aber auch Roger Leonides wusste keine Erklärung.
    »Vater unterschrieb das Testament und sagte dann ausdrücklich, er wolle es am nächsten Tag an Sie, Dr. Gaitskill, absenden.«
    »Wenn mein Gedächtnis mich nicht im Stich lässt«, antwortete Gaitskill und lehnte sich mit halbgeschlossenen Augen zurück, »so schickte ich am vierundzwanzigsten November vorigen Jahres Ihrem Vater einen Entwurf, den ich nach seinen Anweisungen abgefasst hatte. Er war einverstanden damit, schickte mir den Entwurf zurück, und kurz darauf erhielt er von mir das Testament zur Unterzeichnung. Eine Woche später erlaubte ich mir, ihn“ daran zu erinnern, dass ich das beglaubigte und unterschriebene Testament noch nicht zurückerhalten hätte, und fragte an, ob er irgendeine Änderung wünschte. Er erwiderte, er sei durchaus zufrieden, und fügte hinzu, er hätte es nach der Unterzeichnung an seine Bank geschickt.«
    »Ja«, fiel Roger lebhaft ein, »das war Ende November, erinnerst du dich, Philip? Vater ließ uns eines Abends zu sich kommen und las das Testament vor.«
    »Ja, stimmt«, pflichtete Philip ihm bei.
    »Das war sehr spannend.« Magda seufzte wollüstig. »Ich finde, ein Testament hat immer etwas Dramatisches.«
    »Auch ich erinnere mich«, warf Sophia ein.
    »Und wie lautete der Inhalt des Testaments?«, fragte Taverner. Gaitskill wollte auf seine umständliche Art Auskunft geben; aber Roger kam ihm zuvor: »Es war eine ganz einfache Verfügung. Electra und Joyce leben nicht mehr, und ihr Anteil war an meinen Vater zurückgefallen. Joyce’ Sohn William ist in Burma gefallen, und sein Vermögen fiel an seinen Vater. Philip und ich

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