Das Kuckucksei
hatten sie ja Sheon, während Duun diese Wohnung besaß, in der Spitze eines der höchsten Gebäude in Dsonan, der Hauptstadt der Welt, wo die Macht zu Hause war. Warum ich? Warum Duun? Warum dieser ganze Aufwand?)
(Warum weiß ich nur so wenig über die Dinge, die mich interessieren, und warum so vieles, was ich nie wissen wollte; und warum verschließen sie die Türen, und warum begleiten uns Wachen in diesem Gebäude überall hin? Wozu Wachen? Was bewachen sie? Uns? Jemand anderen?)
(Ich habe früher hier gelebt, hat Duun gesagt.)
(Ellud ist ein alter Freund.)
(Ich bin auf Sheon aufgewachsen. Ebenso Duun. Woher kennt er Ellud?)
Die Zahlen verschwammen. Dorn schaltete auf den Briefmodus um.
Betan Betan Betan , schrieb er, und wieder Betan , und er füllte den ganzen Bildschirm mit der Repeat-Taste.
Die Stunden schleppten sich dahin. Die Uhr schlug Mittag, und schweigend schalteten sie ihre Terminals ab und erhoben sich von ihren Schreibtischen. Nur Dorn ließ sein Terminal eingeschaltet. Er hatte dem Posten, der ihn begleitete, gesagt, daß er noch zusätzliche Arbeit zu erledigen hatte. »Ich muß in Geschichte noch aufholen«, antwortete er, als Sphitti fragte. Die anderen gingen an ihm vorbei, ohne ein Wort an ihn zu richten, unterhielten sich nur untereinander. Vielleicht hatte Betan ihre Absicht geändert; vielleicht vergaß sie es, weil es für sie möglicherweise nur etwas Beiläufiges gewesen war. Dorn hörte, wie die Tür zuging, drehte sich um und sah, daß Betan wieder hereinkam.
Er stand auf. Betan kam an seinen Schreibtisch, und sie beide setzten sich seitlich daran, Knie an Knie. Sie war ernst und betrachtete ihn auf eine ruhige Art, die er von niemandem außer ihr kannte, nicht einmal von Duun. Sie spürte, daß etwas nicht stimmte. Er wußte es. Sein Herz wurde schneller, und sein Atem ging schwerer; aber sie duftete nach Blumen und nach ihr selbst, wie sie es immer tat, wie Sonne und Wärme. »Irgend etwas stimmt nicht«, sagte sie, aber so, wie sie es sagte, klang es anders. Ihr Gesicht zeigte eine enorme Anteilnahme, war offen auf eine Weise, wie sonst niemand zu ihm war. »Was ist es?«
»Ich habe Duun gestern beinahe geschlagen.« Dorn war bestürzt über die Leichtigkeit, mit der ihm diese Übertreibung herausrutschte, und dann konnte er sie nicht mehr zurücknehmen.
»War er wütend?«
»Ich denke nicht.« Sein Atem ging schwerer. »Betan, ich habe auf Sheon gelebt ...« (Aber das weiß sie ja schon, das war ein dummer Anfang.) »Ich kenne die Stadt nicht, ich war nie draußen, außer einmal, als ich hereinflog. Du kennst viel, nicht wahr?«
»O ja, ich fahre jedes Frühjahr an die Küste.«
(Um zotige Witze und Schülerhumor und mystische Dinge zu beschwören, die jeder Mann auf der Welt kannte, außer ihm, der stärker gezeichnet war als Duun, geruchsblind und nackt wie ein Neugeborenes.) Betan saß dicht bei ihm, und ihr Knie berührte seines. Ihre Augen waren groß und dunkel. »Ich habe nie gelernt«, sagte er und verlor schon wieder die Spur dessen, was er gerade sagen wollte. (Sie war keine Hatani - nein, keinesfalls; und er mußte es jetzt auch nicht sein. Dies eine Mal mußte er nicht vielschichtig sein, sondern nur einfach, hier mit Betan zusammen, die ihm früher Angst gemacht hatte und die ihm jetzt die Hand aufs Knie legte und sie weiter am Bein hinaufschob.) Er tat dasselbe bei ihr, spürte die Seidigkeit ihres Fells, spürte wie sich ihre Muskeln bewegten, lebendig und straff, als sie sich beugte und streckte und dicht an ihn heranrückte, eine Hand auf seinem Körper. »Ich habe nie gelernt ...«
Er spürte, wie mehrere Dinge auf einmal mit ihm geschahen, Dinge, die völlig außerhalb seiner Beherrschung lagen und die er dann gleich wieder darunter zurückzwang. Auf einmal wußte er ganz genau, was er wollte und was sein Körper selbständig tat, und er hielt Betan an sich gedrückt und bewahrte dieses gute Gefühl, solange er sich traute, bis er wieder das Gefühl hatte, daß ihm alles entglitt. Da griff er nach ihrem Gürtel und öffnete ihn schnell. Sie öffnete seinen. Sie vergrub den Kopf unter seinem Kinn und lehnte sich an ihn, ganz warm, und ihr Duft war verändert.
Es war Angst. Er zuckte zusammen, schob sie an beiden Armen heftig zurück, und sie wand sich in seinem Griff ... » Betan! «
Hinter ihr ging die Tür auf. Ein Mann betrat die Diele. Betan befreite sich ruckartig aus Dorns Händen und kletterte hastig von der Erhebung.
Duun!
Betan
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