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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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an der Tatsache geändert hätte, dass er nichts weiter war als ein Söldner – ein vom Glück begünstigter Söldner –, dem zufällig die Geheiligten Erben Gehör geschenkt hatten und die er mit einer Mischung aus schlichtweg tollkühnen Unternehmungen und feigen Plänen beeindrucken konnte, während derjenige, mit dem er auf eine Stufe gestellt worden war – nämlich er, Astil Tremerst Keiver der Achte, Stellvertretender Vize-Herrscher in spe, kein Geringerer –, eintausend Jahre Erziehung und natürliche Altersweisheit für sich verbuchen konnte sowie – in der Tat, denn genauso lagen die Dinge nun mal, verdammt – Überlegenheit. Schließlich, welche Art Kriegsminister – selbst in diesen verzweifelten Zeiten – konnte nur so unfähig sein, ihn dazu abzustellen, hier oben Wache zu halten und auf einen Angriff zu warten, der wahrscheinlich niemals stattfinden würde.
    Keiver musterte den Mann, der dasaß und in die Flammen starrte, und fragte sich, was er wohl denken mochte.
    Ich gebe Sma die Schuld. Sie hat mich in diese Scheiße hineingeritten.
    Er ließ den Blick über das Durcheinander in dem Raum schweifen. Was hatte er zu tun mit solchen Idioten wie Keiver, mit diesem historischen Müll, mit irgendetwas von alledem? Er fühlte sich nicht als Teil davon, konnte sich nicht damit identifizieren, und er machte ihnen keinen allzu großen Vorwurf, weil sie nicht auf ihn hörten. Er glaubte die Befriedigung des Wissens zu haben, dass er die Narren gewarnt hatte, doch das war wenig genug, um sich in einer kalten und unwirtlichen Nacht wie dieser zu wärmen.
    Er hatte gekämpft, hatte sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt, hatte ein paar verzweifelte Hinterhofzwiste gewonnen und versucht, ihnen zu sagen, was sie zu tun hätten; doch sie hatten zu spät auf ihn gehört und ihm erst dann eine begrenzte Macht verliehen, nachdem der Krieg mehr oder weniger verloren war. Aber so waren sie nun mal; sie hatten das Sagen, und wenn ihr gesamter Lebensstil unterging – denn es war ein Grundsatz dieses Stils, dass Leute wie sie von vornherein wussten, wie man Krieg führte, besser noch als die erfahrensten Bürgerlichen oder Außenseiter –, dann war das nur gerecht; alles kam letztendlich ins rechte Lot. Und wenn es ihren Tod bedeutete, dann sollten sie eben sterben.
    In der Zwischenzeit gab es kein angenehmeres Leben, solange die Vorräte reichten. Keine langen Märsche mehr, keine Lager im Morast, keine Latrinen im Freien, keine versengte Erde, die man in dem Versuch aufscharrt, ihr eine Mahlzeit abzugewinnen. Es tat sich nicht viel, und vielleicht würde es ihn irgendwann in den Beinen jucken, doch das wurde mehr als aufgewogen durch die Möglichkeit, das etwas höher angesiedelte Jucken einiger der edlen Damen zu befriedigen, die ebenfalls in der Burg festsaßen.
    Jedenfalls wusste er im tiefsten Herzen, dass es eine Erleichterung bedeuten konnte, wenn niemand auf einen hörte, zumindest manchmal. Macht bedeutete Verantwortung. Ein Rat, der nicht befolgt wird, könnte fast immer richtig gewesen sein, und bei der Durchführung jedweden Planes, der befolgt wurde, war ein Blutvergießen unvermeidlich; es war besser, wenn das auf ihre Kappe ging. Der gute Soldat tat, was ihm befohlen ward, und wenn er auch nur einen Funken Verstand hatte, drängte er sich zu nichts freiwillig, schon gar nicht zur Beförderung.
    »Ha«, sagte Keiver und schaukelte dabei auf dem Porzellanthron. »Wir haben heute noch mehr Grassamen gefunden.«
    »Oh, gut.«
    »In der Tat.«
    Der größte Teil der Innenhöfe, Gärten und Terrassen war bereits mit Weidegras bewachsen; man hatte die Dächer einiger der architektonisch weniger bedeutenden Hallen abgerissen und dort ebenfalls welches angepflanzt. Wenn sie in der Zwischenzeit nicht in die Luft gesprengt wurden, könnten sie – theoretisch – ein Viertel der in der Burg untergebrachten Garnison unendlich lange ernähren.
    Keiver zitterte und wickelte sich den Umhang fest um die Beine. »Aber das hier ist ein kaltes altes Gemäuer, Zakalwe, findest du nicht?«
    Er wollte gerade etwas entgegnen, als sich die Tür auf der anderen Seite des Raumes einen Spaltbreit öffnete.
    Er griff nach seinem Plasmagewehr.
    »Ist – alles in Ordnung?«, sagte eine leise weibliche Stimme.
    Er senkte die Waffe und lächelte dem kleinen blassen Gesicht zu, das durch die Tür hereinspähte; langes schwarzes Haar fiel parallel zur Linie der geschnitzten Türpfosten herab.
    »Ah, Neinte!«, rief Keiver aus und

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