Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
Wasserflut, die an den Baumwurzeln zerrte, hüpfte und erzeugte einen Sprühnebel. Allein durch den Regen war die Sicht auf einige hundert Meter verringert worden, und der Mann in der Uniform war längst bis auf die Haut durchnässt. Eigentlich sollte die Uniform grau sein, doch der Regen und der Schlamm hatten sie dunkelbraun eingefärbt. Es war eine hübsche, gut sitzende Uniform gewesen, doch der Regen und der Schlamm hatten daraus einen schlaffen Lumpen gemacht.
    Der Baum kippte und stürzte knarrend in den reißenden braunen Fluss, wobei er den Mann mit Schlamm bespritzte; dieser wich zurück und hob den Kopf zum dumpfgrauen Himmel, um sich von dem unaufhörlichen Regen den Dreck aus dem Gesicht waschen zu lassen. Der große Baum blockierte den donnernden Strom aus braunem Matsch und zwang einen Teil davon, den Weg über den Lehmvorsprung zu nehmen, was wiederum den Mann dazu zwang, noch weiter zurückzuweichen, entlang einer groben Steinmauer zur hohen Schwelle einer alten Betonrampe, die sich rissig und holperig zu einer hässlichen kleinen Kate hinauf erstreckte, die nicht weit unter dem Gipfel des Betonhügels kauerte. Er blieb stehen und beobachtete den langen braunen Streifen des angeschwollenen Flusses, der die kleine Halbinsel aus Lehm überflutete und sich in sie hineinfraß, dann brach der Vorsprung ab, und der Baum verlor seine Verankerung auf dieser Seite des Flusses; er wurde herumgedreht, herumgewirbelt und auf dem Rücken des tobenden Wassers buchstäblich abtransportiert, in Richtung des aufgeweichten Tals und der flachen Hügel jenseits davon.
    Der Mann blickte zum zerbröckelnden Ufer auf der anderen Seite der Flut hinüber, wo die Wurzeln des großen Baumes aus der Erde herausragten wie gekappte Kabel, dann wandte er sich ab und marschierte mit schweren Schritten hinauf zu dem kleinen Haus.
    Er ging darum herum. Der ausgedehnte quadratische Betonsockel mit einer Seitenlänge von fast fünfhundert Metern war immer noch von Wasser umspült; braune Wellen schwappten auf jeder Seite über die Kanten. Die aufragenden Rümpfe alter Metallkonstruktionen, die längst dem Verfall preisgegeben waren, erhoben sich in den Regendunst, aufgestellt auf der löcherigen und gesprungenen Betonfläche wie die vergessenen Figuren eines gigantischen Spiels. Das Häuschen – das schon durch das Ausmaß des Betons ringsum lächerlich wirkte – sah aufgrund der Nähe der verlassenen Maschinen irgendwie noch grotesker aus als diese bizarren Gebilde selbst.
    Der Mann blickte sich gründlich in alle Richtungen um, während er das Gebäude umrundete, doch er sah nichts, das er sehen wollte. Er betrat das Haus.
    Die Meuchelmörderin zuckte zusammen, als er die Tür aufstieß. Der Stuhl, an den sie gefesselt war – ein kleines Holzding – balancierte gefährlich auf zwei Beinen, gegen eine Schubladenkommode gelehnt, und als sie zusammenzuckte, scharrten seine Beine über den Steinboden, und der Stuhl samt Mädchen rutschte weg und landete krachend am Boden. Sie schlug mit dem Kopf auf die Steinfliesen und schrie.
    Er seufzte. Er ging zu ihr, wobei seine Stiefel bei jedem Schritt glucksten, und zog den Stuhl wieder in senkrechte Stellung; gleichzeitig stieß er mit dem Fuß die Scherbe eines zerbrochenen Spiegels beiseite. Die Frau hing schlaff da, doch er wusste, dass sie ihn nur täuschen wollte. Er schob den Stuhl in die Mitte des kleinen Raums. Währenddessen beobachtete er die Frau aufmerksam und hielt sich von ihrem Kopf fern. Bei einer früheren Gelegenheit, als er sie gefesselt hatte, hatte sie ihm einen Hieb ins Gesicht versetzt und ihm fast die Nase gebrochen.
    Er besah sich ihre Fesseln. Das Seil, mit dem ihre Hände hinter der Stuhllehne zusammengebunden waren, war ausgefranst, also hatte sie versucht, es mit dem zerbrochenen Handspiegel, der oben auf der Kommode gelegen hatte, zu zerschneiden.
    Er stellte den Stuhl so auf, dass er sie im Blick hatte, und ging hinüber zu dem schmalen Bett, das in eine Nische in der dicken Wand der bäuerlichen Kate eingelassen war; dann ließ er sich schwer hineinplumpsen. Es war schmutzig, doch er war erschöpft und zu nass, um sich daran zu stören.
    Er horchte auf den Regen, der aufs Dach prasselte, und lauschte auf den Wind, der durch die Tür und die mit Läden verschlossenen Fenster heulte, und auf das gleichmäßige Platschen der Tropfen, die durch das undichte Dach auf den Steinboden fielen. Er horchte auf das Geräusch von Hubschraubern, doch es gab keine

Weitere Kostenlose Bücher