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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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gegeben war, geboren zu werden, in ihrer Umgebung aufzuwachsen und heranzureifen, Freunde zu haben und sich dann an einem Ort mit einem Kreis von Bekannten niederzulassen, ein durchschnittliches, unauffälliges und ungefährliches Leben zu führen, bis sie alt wurden und abgelöst wurden und ihre Kinder sie besuchen kamen… und als senile Greise zu sterben, im Einklang mit allem, was gewesen war.
    Er hätte nie geglaubt, dass er jemals solche Gefühle haben würde, dass er sich so sehr danach sehnen würde, ein derartiges Leben zu führen, keine tiefe Verzweiflung und keine maßlose Freude zu empfinden, niemals den Stoff des Lebens oder des Schicksals zu strapazieren, sondern klein zu sein, unbedeutend, ohne Einfluss.
    Es erschien ihm so außerordentlich süß, so unendlich begehrenswert, jetzt und immerdar, denn wenn man sich einmal in dieser Situation befand, wenn man es einmal erreicht hatte…, würde man dann jemals das schreckliche Bedürfnis haben, das zu tun, was er getan hatte, um solche Höhen anzustreben? Er bezweifelte es. Er drehte sich um und schaute zu der Frau auf dem Stuhl.
    Doch es war sinnlos, es war töricht; er machte sich Gedanken über gedankenwidrige Dinge. Wenn ich ein Meeresvogel wäre… Aber wie könntest du je ein Meeresvogel sein? Wenn du ein Meeresvogel wärest, dann wäre dein Gehirn winzig und dumm, und du würdest halb verfaulte Fischeingeweide lieben und kleinen’ äsenden Tieren die Augen aushacken; du würdest keine Gedichte kennen, und du würdest das Fliegen niemals so sehr schätzen wie die Menschen am Boden, die sich danach sehnen, wie du zu sein.
    Wenn du ein Meeresvogel sein wolltest, dann hättest du es nicht anderes verdient, als einer zu sein.
    »Aha! Der Truppenführer und der Truppendiener. Sie haben es jedoch nicht ganz richtig gemacht, Sir, Sie hätten sie ans Bett fesseln sollen…«
    Er sprang auf und drehte sich blitzschnell um, während gleichzeitig seine Hand zum Pistolenholster an seiner Taille fuhr.
    Kirive Socroft Rogtam-Bar stieß mit dem Fuß die Tür zu, dann stand er am Eingang und schüttelte sich den Regen von einem großen, glänzenden Cape, spöttisch lächelnd und unverschämt frisch und strahlend aussehend, wenn man bedachte, dass er seit Tagen nicht geschlafen hatte.
    »Bar!« Er wäre fast gegen ihn geprallt; sie umarmten sich und lachten.
    »Genau der. General Zakalwe, hallo. Ich frage mich, ob Sie Lust hätten, mich in einem gestohlenen Fahrzeug zu begleiten. Ich habe draußen ein Amphi…«
    »Wie bitte?« Er stieß die Tür wieder auf und sah hinaus in das strömende Wasser. Dort stand ein großer, zerbeulter Amphibienlastwagen etwa fünfzig Meter entfernt, in der Nähe einer der hoch aufragenden Maschinen.
    »Das ist ja einer der feindlichen Transporter!« Er lachte.
    Rogtam-Bar nickte zerknirscht. »Ja, ich fürchte, so ist es. Und sie scheinen ihn zurückhaben zu wollen.«
    »Wollen sie das?« Er lachte wieder.
    »Ja. Übrigens, leider ist die Regierung abgesetzt. Zwangsweise aus dem Amt vertrieben.«
    »Was? Wegen dieser Sache?«
    »Das ist der Eindruck, den ich gewonnen habe. Ich glaube, sie waren so sehr damit beschäftigt, Ihnen die Schuld dafür zuzuschieben, dass sie ihren idiotischer Krieg verloren haben. Sie merkten gar nicht, dass die Leute sie genauso damit in Zusammenhang brachten. Hellwach schlafend, wie üblich.« Rogtam-Bar lächelte. »Oh, und diese wahnwitzige Idee von Ihnen, dass eine Spezialschwadron mit Senkgewichten den Spiegel im Maclin-Reservoir ansteigen lassen sollte? Es hat funktioniert. Das Wasser trat über und floss zum Damm ab, sodass er überflutet wurde; er ist zwar nicht direkt gebrochen, laut den Geheimdienstberichten, aber er ist… untergespült – sagt man so? Jedenfalls floss eine unheimliche Menge Wasser ins Tal hinunter und riss den größten Teil der Kommandierenden der Fünften Armee mit sich – ganz zu schweigen von der Fünften selbst, den Leichen und Zelten nach zu urteilen, die während der letzten paar Stunden an unseren Linien vorbeigetrieben sind… Und wir haben Sie alle für verrückt gehalten, weil Sie während der ganzen letzten Woche diesen Hydrologen im Generalstab mit rumgeschleppt haben.« Rogtam-Bar klatschte in die in Handschuhen steckenden Hände. »Wie auch immer. Die Lage muss ernst sein, man munkelt sogar etwas von Friedensverhandlungen.« Er musterte den General von oben bis unten. »Aber Sie müssen einen hübscheren Anblick bieten als jetzt, schätze ich, wenn Sie die

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