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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Lichtlinien, die langsam zwischen den Tunneln kreuzten. Wasserläufe waren als schwarze Striche in Aquädukten und Kanälen zu erkennen. Überall verliefen Straßen, und Fahrzeuge schlichen auf ihnen dahin; ihre Lichter funkelten, wenn sie plötzlich losflitzten wie die winzige Beute der kreisenden Vögel.
    Es war ein kalter Herbstabend, und die Luft war schneidend. Er hatte den Kampfanzug ausgezogen und in der Kapsel, die sich in einer sandigen Senke eingegraben hatte, zurückgelassen. Jetzt trug er die schlabberige Kleidung, die sich hier neuerdings wieder allgemeiner Beliebtheit erfreute; sie war auch damals modern gewesen, als er das letzte Mal an diesem Ort gearbeitet hatte, und es erfüllte ihn mit einer merkwürdigen Genugtuung, lange genug weg gewesen zu sein, dass die Mode sich in ihrem Kreislauf wiederholte. Er war nicht abergläubisch, aber dieser Zufall erheiterte ihn.
    Er ging in die Hocke und berührte die Felskante. Er hob eine Hand voll Kiesel und Geröll auf und ließ sie durch die Finger rieseln. Er seufzte und erhob sich, zog Handschuhe an und setzte sich einen Hut auf.
    Der Name der Stadt war Solotol, und Tsoldrin Beychae hielt sich darin auf.
    Er wischte sich etwas Staub vom Mantel – es war ein alter Regenmantel, von rein sentimentalem Wert –, schob sich eine sehr dunkle Brille auf die Nase, nahm einen bescheidenen Koffer auf und machte sich auf den Weg in die Stadt.
     
    »Guten Tag, Sir. Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich möchte bitte die beiden oberen Stockwerke.«
    Der Hotelbedienstete machte ein ratloses Gesicht, dann beugte er sich vor. »Wie bitte, Sir?«
    »Die beiden obersten Stockwerke des Hotels; ich hätte sie gern.« Er lächelte. »Ich habe bedauerlicherweise nicht reservieren lassen, es tut mir Leid.«
    »Aah…«, sagte der Bedienstete. Er machte ein etwas besorgtes Gesicht, während er sein Spiegelbild in der dunklen Brille betrachtete. »Die beiden…?«
    »Kein Zimmer, keine Suite, kein Stockwerk, sondern zwei Stockwerke, und nicht irgendwelche Stockwerke, sondern die oberen beiden. Wenn zur Zeit Gäste in einigen der Zimmer der obersten Stockwerke wohnen, dann schlage ich vor, Sie bitten sie höflich, sich mit einer Unterbringung in einer anderen Etage einverstanden zu erklären. Ich werde ihre Rechnungen bis heute bezahlen.«
    »Ich verstehe«, sagte der Hotelbedienstete. Er schien unschlüssig, ob er das Ganze ernst nehmen sollte oder nicht. »Und wie lange hatten Sir gedacht zu bleiben?«
    »Für eine unbestimmte Zeit. Ich werde für einen Monat im Voraus bezahlen. Meine Anwälte werden morgen die Summe telegrafisch überweisen.« Er öffnete den Koffer und nahm ein Bündel Geldscheine heraus, das er auf die Theke legte. »Für eine Nacht werde ich bar bezahlen, wenn Sie möchten.«
    »Ich verstehe«, sagte der Bedienstete, ohne den starren Blick von dem Geld abzuwenden. »Nun, wenn Sie dieses Formular ausfüllen möchten…«
    »Danke. Außerdem möchte ich einen Aufzug, ausschließlich für meine persönliche Benutzung, und einen privaten Zugang zum Dach. Ich gehe davon aus, dass ein Kodeschlüssel die beste Lösung wäre.«
    »Aah. In der Tat. Ich verstehe. Entschuldigen Sie mich bitte für einen Augenblick, Sir.« Der Hotelbedienstete entfernte sich, um den Manager zu holen.
    Er handelte einen Blockrabatt für die beiden Stockwerke aus, dann willigte er ein, eine Gebühr für die ausschließliche Benutzung des Aufzugs und des Dachs zu bezahlen, was den Preis wieder auf die gleiche Höhe brachte wie zuvor.
    Es gefiel ihm einfach zu feilschen.
    »Und wie lautet Ihr Name, Sir?«
    »Ich heiße Staberinde.«
     
    Er wählte eine Suite im oberen Stockwerk aus, an einer Ecke, mit Blick in die große Tiefe der Schluchtstadt. Er öffnete alle Schränke und Türen, alle Fensterläden, Balkontüren und Medizinkästchen und ließ alles offen. Er probierte das Bad der Suite aus; das Wasser war heiß. Er nahm einige kleine Stühle aus dem Schlafzimmer und vier weitere aus dem Salon und räumte sie in eine andere Suite auf der gleichen Seite. Er schaltete alle Lampen an und betrachtete alles eingehend.
    Er besah sich die Muster von Decken und Vorhängen und Wandbehängen und Teppichen, die Wandgemälde und Bilder sowie den Stil der Möbel. Er klingelte und bestellte etwas zu essen, und als es auf einem kleinen Servierwagen gebracht wurde, schob er ihn vor sich her von Raum zu Raum, während er durch die Stille des Hotels wandelte, sich überall umsah und hin und wieder auf einen

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