Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
gewohnt, der Hüter der herrenlosen Maschinen eines anderen, eines sagenhafteren Zeitalters, längst zerschmettert durch die auffallende Liebe zum Krieg, die diese Leute an den Tag legten; ein schäbiges Leben an einem hässlichen Ort.
    Wann würden sie kommen? Würden sie ihn finden? Würden sie annehmen, er sei tot? Hatten sie seinen Funkspruch gehört, nachdem der Erdrutsch sie vom Rest des Truppengeleitzugs abgeschnitten hatte?
    Hatte er das verdammte Gerät richtig bedient?
    Vielleicht nicht. Vielleicht würde er zurückgelassen werden; sie könnten eine Suche für zwecklos halten. Es kümmerte ihn kaum. Es wäre keine zusätzliche Pein, gefangen genommen zu werden; er hatte sich bereits in Gedanken damit abgefunden. Er konnte sich fast darauf freuen, wenn er sich seelisch darauf einstellte; er wusste, dass er es konnte. Das Einzige, was er brauchte, war die Kraft, sich damit zu beschäftigen.
    »Wenn du mich umbringen willst, würdest du es dann bitte schnell machen?«
    Allmählich ärgerten ihn diese ständigen Unterbrechungen.
    »Nun, eigentlich hatte ich nicht die Absicht, dich umzubringen, aber wenn du weiter so herumjammerst, dann überlege ich es mir vielleicht noch anders.«
    »Ich hasse dich.« Etwas anderes fiel ihr offenbar nicht ein.
    »Ich hasse dich auch.«
    Sie fing wieder an zu weinen, laut.
    Er blickte erneut hinaus in den Regen und sah die Staberinde.
    Niederlage, Niederlage, raunte der Regen; Panzer, die im Schlamm versanken, Männer, die im strömenden Regen aufgaben, alles dem Zerfall preisgegeben.
    Und eine dumme Frau und eine triefende Nase… Er konnte darüber lachen, über das gemeinsame Auftreten des Großartigen und des Kläglichen zur selben Zeit am selben Ort, des Prachtvollen, Weiten und des Absurden, Schäbigen, wie wenn entsetzte Adelige die Kutsche teilen mussten mit betrunkenen und dreckigen Bauern, die sich über sie erbrachen und unter ihnen kopulierten; feine Gewänder und Flöhe.
    Lachen, das war die einzige Lösung, die einzige Antwort, die nicht verbessert oder selbst verlacht werden konnte; der Kleinste der kleinen gemeinsamen Nenner.
    »Weißt du, wer ich bin?«, fragte er und drehte sich plötzlich um. Der Gedanke war ihm gekommen, dass sie vielleicht gar nicht wusste, wer er war, und er wäre nicht im Mindesten überrascht, wenn sich herausgestellt hätte, dass sie versucht hatte, ihn umzubringen, nur weil er in einem großen Wagen gesessen hatte und nicht weil sie den Oberbefehlshaber der gesamten Armee erkannt hatte. Es hätte ihn überhaupt nicht überrascht; er erwartete es fast.
    Sie blickte auf. »Was?«
    »Weißt du, wer ich bin? Kennst du meinen Namen oder meinen Rang?«
    »Nein«, fauchte sie verächtlich. »Sollte ich das?«
    »Nein, nein«, lachte er und wandte sich ab.
    Er blickte flüchtig hinaus in die graue Regenwand, als ob es sich um einen alten Bekannten handelte, dann drehte er sich um, ging zum Bett zurück und ließ sich wieder darauf fallen.
    Der Regierung gefiel die Situation bestimmt auch nicht. Oh, was er ihnen nicht alles versprochen hatte! Reichtümer, Land, Zuwachs an Wohlstand, Ansehen und Macht. Man würde ihn erschießen, wenn sich die Kultur nicht für ihn verwendete, sie würden diese Niederlage mit seinem Tod vergelten wollen. Es wäre ihr Sieg gewesen, aber es wäre seine Niederlage. Das alte Übel.
    Er versuchte sich einzureden, dass er meistens gesiegt hatte. Er wusste, dass es so war, doch es waren nur die Momente der Niederlage, die Augenblicke der Lähmung, die ihn nachdenklich machten und in denen er versuchte, das Geflecht seines Lebens in ein großes Ganzes einzupassen. Dann kehrten seine Gedanken zum Schlachtschiff Staberinde zurück und zu dem, was es darstellte; dann dachte er an den Stuhlmacher und die nachhallende Schuld hinter dieser nichts sagenden Bezeichnung…
    Diesmal war es eine bessere Art von Niederlage, sie war unpersönlicher. Er war Oberbefehlshaber der Armee, er war der Regierung gegenüber verantwortlich, und sie konnte ihn des Amtes entheben; bei der endgültigen Abrechnung war er also nicht verantwortlich, sondern sie.
    Und es war nichts Persönliches an der Auseinandersetzung. Er hatte die Anführer der feindlichen Seite niemals kennen gelernt, sie waren Fremde für ihn; nur ihre militärischen Gewohnheiten und die Muster ihrer bevorzugten Truppenbewegungen und -aufstellungen waren ihm vertraut. Die Sauberkeit dieser Trennung linderte den Hagel der Tiefschläge. Ein wenig.
    Er beneidete Leute, denen es

Weitere Kostenlose Bücher