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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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diese dunkle Brille.«
    »Zurück zum Problem!«
    »… wir müssen mehr wissen.«
    »Das sagen alle.«
    »Und ich glaube, wir sollten mit ihm sprechen.«
    »Ja. Danach werden wir ihn töten.«
    »Gemach! Wir werden mit ihm sprechen. Wir werden ihn wieder ausfindig machen und ihn fragen, was er will und wer er ist. Wir werden uns ruhig verhalten, und wir werden ihn nicht töten, wenn es nicht erforderlich ist.«
    »Wir waren nahe daran, mit ihm zu sprechen.«
    »Schmolle nicht. Die Zeit war noch nicht reif. Wir sind nicht hier, um hinter Autos herzujagen und idiotische Einsiedler zu verfolgen. Wir planen. Wir denken nach. Wir werden dem Gentleman eine Nachricht ins Hotel schicken…«
    »Das Excelsior. Ehrlich, es ist enttäuschend, dass sich ein so achtbares Etablissement so leicht durch schnöden Mammon verführen lässt.«
    »Wahrlich. Und dann werden wir ihn besuchen oder ihn zu uns bestellen.«
    »Nun, wir sollten ganz bestimmt nicht zu ihm gehen. Und was seinen Besuch bei uns betrifft, da ist es leicht möglich, dass er ablehnt. Bedauerlicherweise… Wegen unvorhergesehener… Eine bereits eingegangene Verpflichtung erfordert… Erscheint es zu diesem Zeitpunkt unklug… Kannst du dir vorstellen, wie demütigend so etwas wäre?«
    »Oh… Na gut. Dann werden wir ihn töten.«
    »Na gut, wir werden versuchen, ihn zu töten. Wenn er überlebt, werden wir mit ihm reden. Ein löblicher Plan. Er muss zustimmen. Keine Frage, keine andere Wahl, eine reine Formalität.«
    Die Frau schwieg. Der grauhaarige Mann knetete mit seinen großen Händen ihre Hüften, und Schweiß trat in seltsamen Mustern aus den nicht vernarbten Bereichen seines Gesichts; die Hände wirbelten und fegten über den Rumpf der Frau, und sie biss sich ein ganz klein wenig auf die Unterlippe, während ihr Körper sich in süßer Losgelöstheit bewegte, entspannt hingestreckt auf der weißen Fläche.
    Schnee fiel.

 
VII
     
     
    »Weißt du«, erzählte er dem alten Felsen, »ich habe dieses wirklich hässliche Gefühl, dass ich sterbe… Aber andererseits sind all meine Gefühle zur Zeit ziemlich hässlich, wenn ich es mir recht überlege. Was meinst du?«
    Der Fels sagte nichts.
    Er hatte beschlossen, dass der Fels der Mittelpunkt des Universums sei, und er konnte es beweisen, doch der Fels wollte seinen offenbar so bedeutenden Standpunkt im allumfassenden Plan der Dinge nicht wahrhaben, zumindest bis jetzt nicht, also blieb ihm nichts anderes übrig, als mit sich selbst zu reden. Oder er hätte zu den Vögeln und Insekten sprechen können.
    Wieder waberte alles. Dinge wie Wellen, wie Wolken von Aasgeiern, verdichteten sich über ihm, zogen sich zusammen, wurden zu nichts, machten sich über seinen Geist her und pflückten ihn wie eine faule Frucht im Feuer eines Maschinengewehrs.
    Er versuchte, sich unauffällig davonzuschleichen; er sah voraus, was als Nächstes kommen würde; sein Leben würde vor ihm wegblitzen. Was für ein abscheulicher Gedanke.
    Gnädigerweise kehrten nur Bruchstücke in sein Gedächtnis zurück, als ob die Bilder seinen zerschmetterten Körper widerspiegelten, und er erinnerte sich an Szenen wie zum Beispiel die, als er in einer Bar saß und seine dunkle Brille seltsame Muster mit dem verdunkelten Fenster bildete; er erinnerte sich an einen Ort, wo so heftige Stürme tobten, dass man ihre Stärke danach maß, wie viele Lastwagen in einer Nacht weggeweht wurden; er erinnerte sich an eine Panzerschlacht in Feldern mit strikter Monokultur, die aussahen wie ein Meer aus Gras, wo der nackte Wahnsinn und die unterdrückte Verzweiflung herrschten und die Befehlshaber auf den Panzern standen und ringsum die erntereifen Felder brannten, wo sich das Feuer langsam ausbreitete und während der ganzen Nacht nicht erlosch, in einer von Feuer eingerahmten Dunkelheit… Das kultivierte Weideland war der Grund und der Preis für diesen Krieg, und es wurde durch ihn zerstört; er erinnerte sich an einen Schlauch, der unter einer von Suchscheinwerfern erhellten Wasseroberfläche spielte, seine schweigenden, zuckenden Spiralen; er erinnerte sich an das unendliche Weiß und die aufgeschürfte Kruste der berstenden Tafelberge, das bittere Ende des Trägheitsschlafes eines Jahrhunderts.
    Und an einen Garten. Er erinnerte sich an den Garten. Und an einen Stuhl.
    »Schrei!«, brüllte er und wedelte wild mit den Armen in dem Versuch, genügend Auftrieb zu bekommen, um abzuheben und zu fliehen… Wovor? Er wusste es kaum. Er bewegte sich auch

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