Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
Hand.
    Sma ging zur Tür, die Drohne folgte ihr.
    Die Frau drehte sich noch einmal um. Er nickte kurz, sie zögerte, schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich anders und ging hinaus.
    Die Drohne hielt ebenfalls an der Tür inne. »Zakalwe«, sagte sie, »ich wollte noch hinzufügen…«
    »Raus!«, brüllte er, und in einer einzigen Bewegung drehte er sich um, bückte sich, packte den kleinen Tisch an den Beinen und schleuderte ihn mit aller Wucht in die Richtung der schwebenden Maschine. Der Tisch prallte an einem unsichtbaren Feld ab und krachte zu Boden; die Drohne huschte hinaus, und die Tür fiel zu.
    Er stand da und starrte sie eine Weile lang an.

 
II
     
     
    Er war damals jünger. Die Erinnerungen waren noch frisch. Er unterhielt sich manchmal mit den gefrorenen, anscheinend schlafenden Leuten darüber, auf seinen Wanderungen durch das kalte, dunkle Schiff, und fragte sich in dessen Stille, ob er wirklich wahnsinnig war.
    Die Erfahrung des Eingefroren- und Aufgewecktwerdens hatte nicht dazu beigetragen, seine Erinnerungen zu dämpfen; sie blieben aufdringlich und grell. Er hatte eigentlich gehofft, dass die Behauptungen, die sie über das Einfrieren gemacht hatten, allzu optimistisch gewesen seien, und dass das Gehirn in Wirklichkeit einiges von seinen gespeicherten Informationen einbüßen würde, war jedoch enttäuscht worden. Der Vorgang des Erwärmtwerdens und der Wiederbelebung war tatsächlich weder traumatisch noch so verwirrend wie das Wieder-zu-sich-Kommen, nachdem man bewusstlos geschlagen worden war, wie es ihm im Laufe seines Lebens einige Male widerfahren war. Die Wiederbelebung verlief sanfter, dauerte länger und war eigentlich recht erfreulich; in Wahrheit war es so ähnlich wie das Erwachen nach einem angenehmen nächtlichen Schlaf.
    Man ließ ihn für ein paar Stunden allein, nachdem man die medizinischen Überprüfungen durchgeführt und verkündet hatte, dass er wach und wohlbehalten sei. Er saß auf dem Bett, eingewickelt in ein großes, dickes Handtuch, und – wie jemand, der mit der Zunge oder dem Finger an einem kranken Zahn herumfummelt, unfähig, damit aufzuhören, obwohl es zwischendurch immer wieder ganz schön wehtut – kramte er in seinen Erinnerungen, ließ all die alten und neueren Widrigkeiten vor sich abspulen, von denen er gehofft hatte, er hätte sie irgendwo in der Dunkelheit und der Kälte des Raums verloren.
    Tatsächlich war seine gesamte Vergangenheit gegenwärtig, und alles, was falsch gewesen war, war auch wieder da, und zwar in der Rubrik ›richtig‹.
    Das Schiff hatte den Namen Abwesende Freunde; seine Reise würde länger als ein Jahrhundert dauern. Es handelte sich in gewisser Weise um eine Wohltätigkeitsreise, gestiftet von seinen fremdweltlichen Besitzern, um zu helfen, die Nachwirkungen eines schrecklichen Krieges zu mildern. Eigentlich stand ihm der Platz gar nicht zu, und er hatte falsche Papiere und einen falschen Namen benutzt, um seine Flucht zu ermöglichen. Er hatte sich freiwillig dafür gemeldet, etwa nach der Hälfte der Reise aufgeweckt zu werden, um sich als Teil der menschlichen Besatzung zu verdingen, da es seiner Meinung nach eine Schande gewesen wäre, durch den Raum zu reisen, ohne ihn eigentlich kennen zu lernen, das Erlebnis gar nicht schätzen zu können, niemals ins Nichts hinauszublicken. Jene, die es vorzogen, keine Dienstleistung als Mannschaftsmitglied zu erbringen, wurden auf dem Planeten unter Drogen gesetzt, bewusstlos in den Raum transportiert, dort eingefroren und auf einem anderen Planeten wieder aufgeweckt.
    Das erschien ihm unwürdig. Es würde bedeuten, dass man als reines Frachtgut behandelt würde.
    Die beiden anderen Diensthabenden, die er bei seinem Erwachen antraf, waren Ky und Erens. Erens hätte eigentlich fünf Jahre zuvor wieder in die Reihen der Gefrorenen eingegliedert werden sollen, nach ein paar Jahren Dienst auf dem Schiff, doch er hatte sich dafür entschieden, bis zur Ankunft an ihrem Ziel wach zu bleiben. Ky war drei Jahre später wieder belebt worden und hätte eigentlich bereits erneut in den Kälteschlaf versetzt werden sollen, um nach ein paar Monaten Dienst von der nächsten Person in der Mannschafts-Rotation abgelöst zu werden, aber inzwischen hatten Erens und Ky angefangen zu streiten, und keiner von beiden wollte der Erste sein, der in die Kältekammer zurückkehrte; zweieinhalb Jahre lang war die Angelegenheit unentschieden geblieben, während sich das große, träge Schiff

Weitere Kostenlose Bücher