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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Lichtjahre oder noch weiter entfernt oder sei verrückt geworden und in ein Schwarzes Loch geflogen oder habe sich entschieden, zu einer anderen Galaxis aufzubrechen, oder sei über ein fremdes feindliches Schiff gestolpert, das stark genug war, es in Stücke zu blasen… Er hoffte auf alles Mögliche, wenn nur das Schiff nicht in der Nähe und imstande gewesen war, diese Realzeitverbindung herzustellen.
    In allen anderen Punkten hatte Mawhrin-Skel, wie sich herausstellte, Recht gehabt. Es war möglich. Er war imstande, ihn zu erpressen. Gurgeh setzte sich auf die Couch. Das Feuer im Kamin brannte herunter, und die Naben-Roboter, die durch das Haus schwebten, summten und klickten vor sich hin, und er starrte in die grau werdende Asche und wünschte, es sei alles unwirklich, wünschte, es sei nicht geschehen, verfluchte sich, dass er sich von dem kleinen Roboter zum Betrügen hatte verleiten lassen.
    Warum?, fragte er sich. Warum habe ich es getan? Wie konnte ich so dumm sein? In jenem Augenblick war es ihm großartig und verlockend gefährlich vorgekommen, sicher, ein bisschen verrückt, aber schließlich, unterschied er sich nicht von anderen Leuten? War er nicht der große Spieler, und stand es ihm deshalb nicht zu, exzentrisch zu sein, seine eigenen Regeln aufzustellen? Er hatte nicht nach Selbstverherrlichung gestrebt, nicht eigentlich. Und das Spiel hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits gewonnen; er hatte nur gewollt, dass irgendwer in der Kultur das Volle Gitter schaffte – oder nicht? Es sah ihm nicht ähnlich zu betrügen. Er hatte so etwas nie zuvor gemacht, er würde es niemals wieder machen… Wie konnte Mawhrin-Skel ihm das antun? Warum hatte er es getan? Warum war es nicht möglich, dass es einfach nicht geschehen war? Warum gab es keine Zeitreise, warum konnte er nicht in der Zeit zurückgehen und dafür sorgen, dass es nicht geschah? Schiffe waren imstande, die Galaxis in ein paar Jahren zu durchqueren und aus einer Entfernung von Lichtjahren jede einzelne Zelle im Körper eines Menschen zu zählen. Doch er war nicht imstande, einen einzigen elenden Tag zurückzugehen und eine einzige kleine, dumme, idiotische, unehrenhafte Entscheidung zu ändern…
    Er ballte die Fäuste, versuchte, das Terminal in seiner rechten Hand zu zerbrechen, aber es zerbrach nicht. Seine Hand schmerzte von neuem.
    Er versuchte, ruhig zu denken. Wenn es nun zum Schlimmsten kam? Die Kultur betrachtete individuellen Ruhm ziemlich geringschätzig und war daher gleichermaßen desinteressiert an Skandalen – es gab sowieso wenig, was als skandalös galt –, aber Gurgeh zweifelte nicht daran, falls Mawhrin-Skel die Aufzeichnungen, die er angeblich gemacht hatte, bekannt gab, würden sie verbreitet werden; alle Welt würde davon erfahren.
    In der Vielzahl von Kommunikationen, die jedes Kultur-Habitat, sei es ein Schiff, ein Felsen, ein Orbital oder ein Planet, mit den anderen verbanden, gab es massenhaft Nachrichten und Berichte über Tagesereignisse und Sendernetze. Irgendwo würde irgendwer Mawhrin-Skels Aufzeichnungen nur zu gern verbreiten. Gurgeh wusste von zwei seit kurzem tätigen Nachrichtenagenturen für Spiele, deren Redakteure, Autoren und Korrespondenten ihn und die meisten bekannten Spieler und Autoritäten als eine Art von exklusiver, überprivilegierter Hierarchie betrachteten. Sie meinten, zu viel Aufmerksamkeit werde zu wenigen Spielern gezollt, und versuchten, in Misskredit zu bringen, was sie die ›alte Garde‹ nannten – wozu auch er gezählt wurde, zu seiner großen Belustigung. Das Material, das Mawhrin-Skel über ihn hatte, würde bei ihnen große Freude hervorrufen. Er konnte alles leugnen, sobald es heraus war, und einige Leute würden ihm zweifellos trotz der schlagenden Beweise glauben. Aber die anderen Top-Spieler und die verantwortungsbewussten, etablierten und autoritären Agenturen würden die Wahrheit erkennen, und das war es, was er nicht würde ertragen können.
    Er konnte dann immer noch spielen, und man gestattete ihm sicher noch zu veröffentlichen, seine Artikel zur Verbreitung freizugeben, und wahrscheinlich würden viele davon verbreitet werden, vielleicht nicht so oft wie früher, aber er wäre vermutlich nicht vollständig weg vom Fenster. Man würde ihn mit Mitleid, Verständnis, Toleranz behandeln, aber ihm nie verzeihen.
    Könnte er sich jemals damit abfinden? Könnte er den Sturm der Beleidigungen und der wissenden Blicke, des hämischen Mitgefühls seiner Rivalen überdauern? Würde

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