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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Botschaft von der BAE auch noch hören?«, fragte die Nabe. »Oder werden Sie mir wieder den Kopf abreißen?«
    Gurgeh wunderte sich. »Was für einen Rest?« Der Unterseite-Wagen schwang sich herum, wurde noch langsamer. Er konnte Ikrohs Transitgalerie sehen, die unter der Plattenoberfläche wie ein auf dem Kopf stehendes Gebäude hing.
    »Rätselhafter und immer rätselhafter«, zitierte die Nabe. »Haben Sie mit diesem Schiff hinter meinem Rücken kommuniziert, Gurgeh? Die Botschaft lautet: ›Wie schön, wieder von Ihnen zu hören.‹«

Drei Tage vergingen. Gurgeh konnte sich auf nichts konzentrieren. Er versuchte zu lesen – Zeitungen, alte Bücher, eigenes Material, an dem er gearbeitet hatte –, aber jedes Mal ertappte er sich dabei, dass er dasselbe Stück, dieselbe Seite oder denselben Schirm immer wieder und wieder las und sich redlich bemühte, den Inhalt zu begreifen, während seine Gedanken doch ständig von den Wörtern und Diagrammen und Illustrationen vor ihm abschweiften, sich weigerten, irgendetwas aufzunehmen, ständig in die gleiche Tretmühle zurückkehrten, in die gleiche ihren Schwanz verschluckende, ewig sinnlose Runde von Fragen und Reue. Warum hatte er es getan? Welchen Ausweg gab es?
    Er drüste beruhigende Drogen, aber er brauchte so viel, um überhaupt eine Wirkung zu erzielen, dass er sich benommen fühlte. Er benutzte Superblau und Schärfe und Fokus, um sich zur Konzentration zu zwingen, aber das erzeugte ein Kreischen irgendwo in seinem Hinterkopf und erschöpfte ihn. Es war der Mühe nicht wert. Sein Gehirn wollte sich sorgen und aufregen, und es hatte keinen Sinn, ihm das vorzuenthalten.
    Er nahm keinen Anruf entgegen. Ein paar Mal rief er Chamlis an, wusste jedoch nie etwas zu sagen. Chamlis hatte ihm weiter nichts zu erzählen, als dass die beiden Kontakt-Schiffe, die er kannte, sich gemeldet und erklärt hatten, sie hätten Chamlis’ Botschaft ein paar anderen Gehirnen zugesandt. Beide waren überrascht gewesen, dass man mit Gurgeh so schnell Verbindung aufgenommen hatte. Beide würden Gurgehs Bitte um ausführlichere Informationen weitergeben. Keins von beiden wusste sonst noch irgendetwas darüber, was vorging.
    Von Mawhrin-Skel hörte Gurgeh nichts. Er bat die Nabe, die Maschine aufzuspüren und ihm nur zu sagen, wo sie sich befinde, aber es gelang der Nabe nicht, was das Orbital-Gehirn offenbar sehr ärgerte. Er bat von neuem um das Roboter-Team, und es kämmte das Haus ein zweites Mal durch. Die Nabe ließ eine der Maschinen im Haus zurück, die ständig aufpassen sollte, ob es überwacht wurde.
    Gurgeh verbrachte viel Zeit damit, in den Wäldern und auf den Bergen um Ikroh zu wandern. Er ging und marschierte und kletterte jeden Tag zwanzig oder dreißig Kilometer, nur um abends todmüde zu sein und so ein natürliches Schlafmittel zu haben.
    Am vierten Tag fing er beinahe an zu glauben, wenn er nichts tue, mit niemandem spreche oder kommuniziere und sich nicht aus dem Haus wegbewege, werde nichts geschehen.
    Vielleicht war Mawhrin-Skel für immer verschwunden. Vielleicht hatte Kontakt ihn geholt oder ihm gesagt, er dürfe in den Schoß der Familie zurückkehren. Vielleicht war er völlig verrückt geworden und in den Weltraum davongeflogen. Vielleicht hatte er den alten Witz über styglische Zähltiere ernst genommen und sich darangemacht, die Sandkörner an einem Strand zu zählen.
     
    Es war ein schöner Tag. Gurgeh saß im Garten von Ikroh in den breiten unteren Ästen eines Sonnenbrotbaums und beobachtete durch das Blätterdach eine kleine Feyl-Herde, die aus dem Wald gekommen war, um die Weinbeerenbüsche auf dem unteren Rasen abzuweiden. Die hellen, scheuen Tiere, steckendünn und tarnfarben, zupften nervös an den niedrigen Sträuchern. Ihre dreieckigen Köpfe ruckten und nickten, ihre Kiefer arbeiteten.
    Gurgeh sah zum Haus zurück, das durch die sich leicht bewegenden Blätter des Baums gerade noch sichtbar war.
    Er entdeckte einen kleinen grauweißen Roboter vor einem der Fenster und erstarrte. Es konnte nicht Mawhrin-Skel sein, sagte er zu sich selbst. Die Entfernung war viel zu groß, als dass er es sicher hätte sagen können. Vielleicht war es Loash Und-so-weiter. Wer das auch sein mochte, er war gut vierzig Meter weit weg, und er musste hier in dem Baum beinahe unsichtbar sein. Aufgespürt konnte er nicht werden; er hatte sein Terminal im Haus zurückgelassen, etwas, das er in letzter Zeit immer häufiger tat, obwohl es gefährlich und unverantwortlich

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