Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
danach fleckenlos sauber und vor dem Regen geschützt war.
    »Begreifen Sie nicht, was man mir angetan hat, Mensch? Besser wäre es gewesen, man hätte mich niemals ins Dasein gerufen, als mich zu zwingen, auf ewig die Kultur zu durchwandern und zu wissen, was ich verloren habe. Sie nennen es Mitleid, mir die Krallen auszureißen, die Augen auszustechen und mich in einem Paradies, das für andere gemacht ist, umherirren zu lassen. Ich nenne es Folter. Es ist obszön, Gurgeh, es ist barbarisch, diabolisch. Kennen Sie dieses alte Wort? Ich sehe, Sie kennen es. Nun, versuchen Sie sich vorzustellen, wie ich empfinde und was ich tun könnte… Denken Sie darüber nach, Gurgeh. Denken Sie darüber nach, was Sie für mich tun können und was ich Ihnen antun kann.«
    Die Maschine zog sich durch den strömenden Regen von ihm zurück. Die kalten Tropfen zerstoben an der unsichtbaren Kugel seiner Felder, und kleine Wasserbäche rannen um die transparente Oberfläche der Sphäre, sammelten sich unter ihr und ergossen sich in einem stetigen Strom ins Gras. »Ich melde mich wieder. Auf Wiedersehen, Gurgeh«, sagte Mawhrin-Skel.
    Der Roboter sauste davon. In einem grauen Fahrtwindkegel fegte er über das Gras und stieg in den Himmel hinauf. Gurgeh verlor ihn innerhalb von Sekunden aus den Augen.
    Er blieb eine Weile stehen, wischte Sand und Grashalme von seiner beschmutzten Kleidung. Dann ging er in der Richtung davon, aus der er gekommen war, durch den strömenden Regen und peitschenden Wind.
    Einmal blickte er zurück zu dem Haus, in dem er aufgewachsen war. Aber das Gewitter, das um die niedrigen Kämme der welligen Dünen tobte, hatte das altersschwache, chaotische Bauwerk völlig in Dunkelheit gehüllt.

»Aber Gurgeh, was ist das Problem?«
    »Ich kann es dir nicht sagen!« Er ging bis zur hinteren Wand des Hauptraums in Chamlis’ Wohnung, drehte sich um, marschierte zurück, blieb vor dem Fenster stehen und sah auf den Platz hinaus.
    Leute gingen oder saßen unter den Markisen und Arkaden der Galerien aus hellem Grünstein, die den Hauptplatz des Dorfes säumten. Springbrunnen sprudelten, Vögel flogen von Baum zu Baum, und auf dem Ziegeldach des in der Mitte des Platzes sich erhebenden Gehäuses – Musikpodium, Bühne und Holoschirm – lümmelte sich ein jettschwarzer Tzile, fast von der Größe eines erwachsenen Menschen. Sein eines Bein baumelte über den Rand. Sein Rüssel, sein Schwanz und seine Ohren zuckten, als träume er; seine Ringe, Armbänder und Ohrhänger glitzerten im Sonnenschein. Gerade als Gurgeh hinsah, hob sich der dünne Rüssel des Wesens faul, reckte sich über den Kopf zurück und kratzte sich bedächtig den Nacken am Terminal-Kragen. Dann fiel der schwarze Rüssel wie erschöpft zurück und schwang ein paar Sekunden lang hin und her. Gelächter kam von den in der Nähe stehenden Tischen. Ein roter Freiballon schwebte über ferne Hügel wie ein großer Klecks Blut am blauen Himmel.
    Gurgeh wandte sich wieder dem Innern des Raums zu. Irgendetwas an dem Platz, an dem ganzen Dorf stieß ihn ab und ärgerte ihn. Yay hatte Recht: Alles war zu sicher und problemlos und normal. Man hätte ebenso gut auf einem Planeten sein können. Gurgeh ging zu Chamlis hinüber, der in der Nähe des großen Aquariums schwebte. Chamlis’ Aura war von grauer Frustration angehaucht. Der alte Roboter zeigte ein verzweifeltes Schaudern und nahm einen kleinen Behälter mit Fischfutter zur Hand. Der Deckel des Aquariums hob sich, und Chamlis streute etwas von den Futterkörnern auf die Wasseroberfläche. Die glitzernden Spiegelfische stiegen mit rhythmisch arbeitenden Mäulern seidig nach oben.
    »Gurgeh«, fragte Chamlis vernünftig, »wie kann ich dir helfen, wenn du mir nicht sagen willst, was los ist?«
    »Sag mir nur eins: Siehst du eine Möglichkeit, mehr darüber herauszufinden, was Kontakt von mir wollte? Kann ich mich mit den Leuten von neuem in Verbindung setzen? Ohne dass sonst jemand davon erfährt? Oder…« Er schüttelte den Kopf, presste die Hände gegen die Stirn. »Nein, vermutlich wird man es erfahren, aber es kommt nicht darauf an…« Er blieb an der Wand stehen, den Blick auf die warmen Sandsteinblöcke zwischen den Gemälden gerichtet. Die Wohnungen waren in altmodischem Stil gebaut; die Malerei war dunkel und mit eingelegten kleinen weißen Perlen ergänzt. Gurgeh betrachtete die schimmernden Linien und versuchte nachzudenken, versuchte zu erkennen, was er fragen und was er tun konnte.
    »Ich kann

Weitere Kostenlose Bücher