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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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würde. Durch ein Blinzeln konnte es einem entgehen.
    Gurgeh inspizierte den leeren Hangar in einer der Taillen-Blasen. Dort sollte ein Kontakt-Modul untergebracht werden, das zur Zeit auf dem Systemfahrzeug, zu dem sie unterwegs waren, umgebaut wurde. Auf Eä würde das Modul Gurgeh als Wohnung dienen. Er hatte schon Holos vom Innern gesehen; es war einigermaßen geräumig, wenn es auch kaum den Standards von Ikroh entsprach.
    Er lernte mehr über das Imperium selbst, seine Geschichte und Politik, seine Philosophie und Religion, seine Sitten und Gebräuche und sein Gemisch aus Subspezies und Geschlechtern.
    Ihm kam diese Gesellschaft wie ein unerträgliches Durcheinander von Widersprüchen vor, gleichzeitig pathologisch gewalttätig und auf traurige Weise sentimental, erschreckend barbarisch und überraschend intellektuell, fabelhaft reich und bettelarm – aber auch unleugbar faszinierend.
    Und es stimmte, dass es, wie man ihm berichtet hatte, eine Konstante in all der Schwindel erregenden Mannigfaltigkeit des azadischen Lebens gab. Das Spiel von Azad durchdrang jede Ebene der Gesellschaft wie ein einziges stetiges Thema, das fast unter einer Kakophonie von Lärm begraben wird. Allmählich verstand Gurgeh, was der Roboter Worthil gemeint hatte, als er sagte, Kontakt vermute, allein das Spiel halte das Imperium zusammen. Was hätte es sonst zusammenhalten sollen?
    Fast jeden Tag schwamm er im Pool. Das Effektor-Gehäuse hatte beim Umbau auch einen Holo-Projektor bekommen, und anfangs zeigte die Begrenzungsfaktor ihm einen blauen Himmel mit weißen Wolken auf der inneren Oberfläche der fünfundzwanzig Meter breiten Blase. Aber Gurgeh wurde dessen müde und sagte dem Schiff, es möge die Aussicht produzieren, die er hätte, wenn sie durch den Realraum reisten – den angepassten Äquivalenzblick, wie das Schiff es nannte. So schwamm er unter der nicht realen Schwärze des Raums und den harten Lichtpünktchen der sich langsam bewegenden Sterne.
    Um den neunzigsten Tag herum meinte er, langsam ein Gefühl für die Biotechs zu entwickeln. Er war fähig, auf all den kleineren Brettern und auf einem der großen eine begrenzte Partie gegen das Schiff zu spielen, und wenn er zu Bett ging, träumte er jede Nacht die ganzen drei Stunden, durchlebte noch einmal seine Kindheit und Jugend und die seitdem vergangenen Jahre in einer seltsamen Mischung aus Erinnerungen und Phantasie und nicht verwirklichten Wünschen. Er hatte immer die Absicht, Chamlis oder Yay oder einem der anderen zu Hause auf Chiark, die ihm Botschaften sandten, zu schreiben oder etwas für sie aufzuzeichnen, aber immer schien es nicht der richtige Zeitpunkt zu sein, und je länger er es hinausschob, desto schwieriger wurde die Aufgabe. Nach und nach hörten die Leute auf, ihm Grüße zu schicken, was bei Gurgeh gleichzeitig Schuldbewusstsein und Erleichterung hervorrief.
     
    Einhundertundeinen Tag nach der Abreise von Chiark und weit mehr als zweitausend Lichtjahre von dem Orbital entfernt, hatte die Begrenzungsfaktor ihr Rendezvous mit dem Superlifter der Fluss-Klasse Leck mich am Arsch. Die aneinander gekoppelten Schiffe, jetzt von einem einzigen ellipsoiden Feld umschlossen, beschleunigten, um sich der Geschwindigkeit des Systemfahrzeugs anzupassen. Das würde offenbar mehrere Stunden dauern. Deshalb ging Gurgeh wie üblich zu Bett.
    Die Begrenzungsfaktor weckte ihn, als er halbwegs eingeschlafen war. Er schaltete seinen Kabinenschirm an.
    »Was ist los?«, fragte Gurgeh benommen und fing schon an, sich Sorgen zu machen. Der Schirm, der eine Wand der Kabine darstellte, zeigte das Bild auf der anderen Seite, wie ein Fenster. Bevor Gurgeh ihn abgeschaltet und sich hingelegt hatte, war darauf das hintere Ende des Superlifters vor dem Sternenfeld zu sehen gewesen.
    Jetzt zeigte er eine Landschaft, ein sich langsam bewegendes Panorama von Seen und Hügeln, Flüssen und Wäldern, alles genau von oben gesehen.
    Ein Luftfahrzeug flog langsam darüber hin wie ein träges Insekt. »Ich dachte, du würdest das gern sehen«, sagte das Schiff.
    »Wo ist das?« Gurgeh rieb sich die Augen. Er verstand das nicht. Er hatte geglaubt, das Ankoppeln an den Superlifter solle dem Systemfahrzeug, mit dem sie bald zusammentreffen würden, das Abbremsen ersparen. Stattdessen mussten sie über einem Orbital oder einem Planeten oder etwas noch Größerem angehalten haben.
    »Wir haben das Rendezvous mit dem Systemfahrzeug Kleiner Schurke durchgeführt«, teilte das Schiff ihm

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