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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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ihn.
    »Ich tue nur, was mir gesagt wird«, gab der Roboter gereizt zurück.
    »Übertreib es mal nicht«, murmelte Gurgeh und ging, seine Sachen zu packen.
     
    Bei dieser Arbeit fiel ein Päckchen aus einem Mantel, den er seit der Abreise von Ikroh nicht mehr getragen hatte, und rollte über den weichen Kabinenboden. Gurgeh hob es auf, löste das Band, mit dem es geschmückt war, und fragte sich, von wem es sein mochte. Wahrscheinlich von einer der Damen auf der Kleiner Schurke.
    Es war ein dünnes Armband, das Modell eines sehr breiten, ganz fertig gestellten Orbitals, dessen innere Oberfläche halb im Licht, halb im Dunkeln lag. Er hielt es sich vor die Augen. Auf der Nachtseite schimmerten kaum zu erkennende Lichtpunkte, winzig wie Nadelstiche. Die Tagseite zeigte ein strahlend blaues Meer und Landfetzen unter fein ausgeführten Wolkensystemen. Das ganze Innere leuchtete in seinem eigenen Licht. Innerhalb des dünnen Bandes musste sich eine Energiequelle befinden.
    Gurgeh streifte es sich über die Hand; es glühte an seinem Handgelenk. Ein seltsamer Einfall von jemandem auf einem Systemfahrzeug, ihm so etwas zum Geschenk zu machen, dachte er.
    Dann sah er den Zettel in dem Päckchen, nahm ihn heraus und las: »Nur um dich zu erinnern, wenn du auf diesem Planeten bist. Chamlis.«
    Stirnrunzelnd betrachtete er den Namen, dann – zuerst undeutlich, aber mit einem wachsenden und bedrückenden Schamgefühl – erinnerte er sich an den Abend vor seiner Abreise von Gevant. Es war zwei Jahre her.
    Natürlich.
    Chamlis hatte ihm ein Geschenk gemacht.
    Er hatte es vergessen.

»Was ist das?«, fragte Gurgeh. Er saß im vorderen Abschnitt des umgebauten Moduls, mit dem die Begrenzungsfaktor in dem Systemfahrzeug ausgerüstet worden war. Er und Flere-Imsaho waren an Bord des kleinen Fahrzeugs gegangen und hatten dem alten Kriegsschiff, das außerhalb des Imperiums bleiben und warten sollte, bis es zurückgerufen wurde, Lebewohl gesagt. Die Hangar-Blase hatte sich gedreht, und das Modul war, von zwei Fregatten eskortiert, auf den Planeten zugefallen, während die Begrenzungsfaktor sich demonstrativ langsam und zögernd mit den beiden Schlachtkreuzern von dem Schwerkraftschacht entfernte.
    »Was soll was sein?« Flere-Imsaho schwebte neben ihn. Er trug sein »Kostüm« nicht; es lag auf dem Fußboden.
    »Das.« Gurgeh zeigte auf den Schirm, der den Blick senkrecht nach unten zeigte. Das Modul flog über Land in Richtung Groasnachek, Eäs Hauptstadt. Das Imperium liebte es nicht, dass Fahrzeuge unmittelbar über seinen Städten in die Atmosphäre eindrangen, deshalb hatten sie es über dem Ozean getan.
    »Oh«, sagte Flere-Imsaho. »Das. Das ist das Labyrinth-Gefängnis.«
    »Ein Gefängnis?«, fragte Gurgeh verwundert. Der Komplex aus Mauern und langen, geometrisch verzerrten Gebäuden glitt unter ihnen weg, und die Außenbezirke der ausgedehnten Hauptstadt besetzten den Schirm.
    »Ja. Der Gedanke dabei ist, dass Leute, die Gesetze gebrochen haben, in das Labyrinth gesteckt werden, wobei der genaue Platz von der Natur des Vergehens bestimmt wird. Die Anlage ist nicht nur physisch ein Irrgarten, sie ist außerdem so konstruiert, dass man sie auch ein moralisches und behavioristisches Labyrinth nennen könnte; das äußere Erscheinungsbild gibt übrigens keinen Hinweis auf die innere Struktur, es ist nichts als eine Demonstration. Der Gefangene muss die richtigen Antworten geben, sich auf eine bestimmte, vorgeschriebene Weise verhalten, oder er kommt nicht voran und fällt vielleicht sogar weiter zurück. Theoretisch kann eine völlig integere Person das Labyrinth ungehindert in wenigen Tagen durchwandern, während eine durch und durch kriminelle Person niemals hinausgelangt. Um eine Überfüllung zu vermeiden, gibt es eine zeitliche Begrenzung. Wer sie überschreitet, wird auf Lebenszeit in eine Strafkolonie verbracht.«
    Bis der Roboter seine Erläuterungen beendet hatte, war das Gefängnis unter ihnen verschwunden. Statt seiner überschwemmte die Stadt den Schirm mit einem wirbelnden Muster von Straßen, Gebäuden und Kuppeln – einer anderen Art von Irrgarten.
    »Hört sich genial an«, meinte Gurgeh. »Funktioniert es?«
    »Das will man uns glauben machen. Tatsächlich wird es als Ausrede dafür benutzt, dass Leute kein ordentliches Gerichtsverfahren bekommen, und die Reichen kommen sowieso durch Bestechung hinaus. Aber – ja, soweit es die Herrschaften betrifft, funktioniert es.«
     
    Das Modul und die beiden

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