Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
gemacht hätte, wenn sich mein Schwager unerwartet als Gönner aufgespielt hätte.« Er lächelte versonnen, als er an seine Jugend dachte, und hüstelte blechern. »Nehmt das Geld, und lasst Eurem Vater das Augenlicht wiedergeben. Und wenn er fragt, woher Ihr es habt, dann sagt Ihr, es sei von Kenny.« Der Alte stand mühsam auf und ging dann erstaunlich rüstigen Schritts zur Tür.
Ellen folgte ihm. Ihr Schwager drehte sich noch einmal zu ihr um. »Euch eilt ein guter Ruf voraus, Schmiedin. Ihr werdet es noch weit bringen!« Er strich ihr mit der faltigen Hand über die Wange, lächelte und verließ das Haus.
Ellen stand da wie vom Blitz getroffen und brauchte eine ganze Weile, bis sie wieder zur Besinnung kam. Von welchem Ruf sprach er? Ob er noch mehr über sie wusste? Mit zittrigen Händen öffnete sie die Börse. Zwölf Shilling! Der alte Seidenhändler war mehr als großzügig gewesen. Was er wohl noch mit Kenny vorhatte? Ellen beschloss, die großzügige Gabe anzunehmen, ohne sich weiter den Kopf zu zerbrechen. Einen Shilling ließ sie Kenny da, den Rest verstaute sie unter ihrer Kleidung und machte sich auf den Rückweg.
»Uns bleibt gerade noch genügend Zeit, um dich nach St. Edmundsbury zu bringen«, erklärte sie Osmond gleich nach ihrer Ankunft und erzählte ihm von dem Starstecher.
»Ach Kind, woher sollen wir das viele Geld dazu nehmen?« Osmond schüttelte den Kopf. »Das ist nur Verschwendung. Ich werde sowieso nicht mehr lange leben.«
»Was redest du da?« Ellen schob ihn entschieden aus der Werkstatttür. »Du wirst der glücklichste Mann der Welt sein, wenn du endlich deinen Enkel sehen kannst.«
Osmond atmete tief ein und schwieg. Er fürchtete sich vor der Hoffnung, die in ihm aufkeimte, und noch mehr vor der Enttäuschung, falls es nicht gelingen würde, ihn von seiner Blindheit zu befreien.
Ellen mietete zwei Ponys, und sie machten sich unverzüglich auf den Weg.
Als sie St. Edmundsbury drei Tage später erreichten, bekam Ellen vor Staunen kaum den Mund zu. Eine riesige Abtei, prunkvoll und majestätisch, beherrschte die prächtige Stadt, die inmitten von Obstwiesen, Feldern und Wäldern lag. Sie umrundeten die Stadt auf der Südwestseite und erreichten Isaacs Schmiede, die auf einer kleinen Lichtung lag, kurz nach Mittag.
Mildred saß in der lauen Frühlingsluft vor dem Haus und rupfte ein Huhn, als die beiden in den Hof ritten. Freudig stürzte sie auf die unerwarteten Gäste zu und umarmte sie zur Begrüßung. Dann rückte sie die Bank zurecht, damit sich die beiden an den Tisch setzen konnten, und brachte ihnen einen Krug frisches Wasser.
»Ich bin wieder guter Hoffnung!«, flüsterte sie Ellen ins Ohr. Mildred hatte im vergangenen Herbst ein Kind tot zur Welt gebracht und ein gutes Jahr davor eines viel zu früh geboren. Marie, ihr bisher einziges Kind, war schon fast vier, und Mildred wünschte sich nichts sehnlicher, als ihrem Mann endlich einen Sohn zu schenken.
Ellen küsste sie auf die Wange und drückte ihre Hand. »Diesmal wird alles gut gehen«, flüsterte sie zurück.
»Wer nichts mehr sieht, hört umso besser!«, knurrte Osmond und lachte dann. »Ich hätte auch nichts gegen ein weiteres Enkelchen einzuwenden!«
Mildred wurde rot. »Entschuldige, Vater!« Nervös knabberte sie an einer Haarsträhne.
»Ist schon gut, mein Kind!«, beruhigte Osmond sie. Mildred erhob sich rasch und holte etwas zu essen.
»Wir wollen gleich noch zum Markt. Können wir ein paar Tage bleiben?«, fragte Ellen, ohne Mildred etwas über den Grund ihres Besuchs zu erzählen.
»Das fragt ihr? Ich wäre wirklich böse, wenn ihr euch sofort wieder aus dem Staub machen würdet.«
»Wir sollten die Pferde hier lassen und zu Fuß gehen«, schlug Ellen vor.
Osmond nickte. Er erinnerte sich noch gut an St. Edmundsbury. Die Schmiede lag nicht allzu weit vom westlichen Stadttor entfernt. Den Weg bis zum Markt würde er ohne weiteres schaffen.
Ellen drückte Osmond einen Stock in die Hand, dann gingen sie los. Auf dem Markt angekommen, sah sich Ellen suchend um.
Am Rand des übervollen Platzes stand ein großes Holzpodest. Hier arbeiteten ein Zahnreißer, ein Baderchirurg und der Starstecher. Ein Stück weiter führten Gaukler und Spielleute ihre Possen vor und brachten die Menge zum Lachen. Manchmal jedoch übertönte das markerschütternde Schreien der Kranken das fröhliche Lachen und aufgeregte Kreischen der Zuschauer.
Ellen pflügte sich durch die Menschenmenge und zog Osmond hinter
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