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Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Titel: Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Es schien ihr, als ob sich ein riesiges Loch vor ihr auftun und sie verschlingen würde. Tränen schossen ihr in die Augen.
    Da entdeckte sie ganz in der Nähe den Beutelschneider, den sie schon zuvor beobachtet hatte. Er bahnte sich seinen Weg durch die Menge und entfernte sich immer mehr von ihr.
    Er war es, der sie bestohlen hatte! Verzweifelt versuchte sie, sich ebenfalls durch die Menschenmassen zu drängen, aber der Abstand zu dem Jungen wurde größer statt kleiner. Irgendwann verlor sie ihn aus den Augen. Er musste in eine der schmalen Gassen abgebogen sein.
    Voller Verzweiflung lehnte sich Ellen an eine Hauswand. Mit Tränen in den Augen starrte sie ins Leere, unfähig, darüber nachzudenken, was sie jetzt tun sollte. Ihr war nichts geblieben außer den Kleidern an ihrem Leib. Ellen merkte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Sie hatte so hart für das Geld gearbeitet, was sollte sie jetzt nur tun? Verzweifelt wischte sie die Tränen fort und sah sich hilflos um.
    Ein hochgewachsener älterer Mann lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sein Anblick überraschte sie so sehr, dass sie ihren Kummer für einen Moment vergaß und ihn ungläubig anstarrte. Seine vornehmen, bodenlangen Kleider waren aus edlem dunkelblauen Tuch und mit feinstem braunem Fell verbrämt. Seine prächtige Kleidung, das schimmernde graue Haar und der Stock mit Silberknauf, auf den er sich beim Laufen stützte, verliehen ihm eine wunderbare Eleganz. Aber es waren seine stechend blauen Augen und der verkniffene Zug um seinen Mund, die sie so fesselten, weil sie Ellen an ihre Mutter erinnerten. Sie ging ihm unwillkürlich nach, bis er vor einem großen Haus stehen blieb, einen schweren Eisenschlüssel von seinem Gürtel nahm und sich anschickte, die aufwändig geschnitzte Eichentür aufzuschließen. Aber noch bevor er den Schlüssel in das Schloss stecken konnte, öffnete sich die Tür wie von Geisterhand.
    Im Eingang erschien ein junges Mädchen.
    Ellen ging noch ein wenig näher an die beiden heran, um sie besser sehen zu können.
    Das himmelblaue Kleid des Mädchens war aus wertvoll glänzendem Stoff und am Ausschnitt mit Silberfäden und Perlen bestickt. Das Gewand sah kostbar aus und war zugleich von eleganter Schlichtheit. Ellen hatte noch nie etwas Schöneres gesehen! Als sie jedoch in das Gesicht der engelsgleichen Gestalt sah, japste sie nach Luft. Das war Aedith! Sie war gewachsen, seit Ellen sie das letzte Mal gesehen hatte.
    Der alte Mann, der Leofrun so ähnlich sah, musste also ihr Großvater sein!
    Ein dicker Kloß schien plötzlich in Ellens Hals zu sitzen, und Heimweh legte sich wie ein eisernes Band um ihr Herz. Einen Augenblick gab sie sich der Vorstellung hin, zu den beiden zu gehen und sie in die Arme zu schließen. Ellens Neugier auf den Großvater war brennend, und die Wut auf ihre Schwester schien mit einem Mal verflogen.
    Aedith musste nach Ipswich gekommen sein, um den Seidenhändler zu heiraten, mit dem Leofrun sie vor über einem Jahr verlobt hatte. Ob Mildred und Kenny auch hier waren?
    Als Aedith die Tür hinter dem Großvater schloss, streifte ihr hochmütiger Blick Ellen nur kurz. Ganz offensichtlich hielt sie ihre Schwester für einen einfachen Gassenjungen, der es nicht wert war, beachtet zu werden.
    Sie hat sich nicht verändert, dachte Ellen bitter und enttäuscht, dass Aedith sie nicht erkannt hatte.
    Niedergeschlagen ging sie weiter. Plötzlich entdeckte sie den jungen Dieb, er schien sich bereits ein neues Opfer ausgewählt zu haben. Die Wut über sein unverschämtes Treiben und die Hoffnung, ihm ihren Geldbeutel wieder abnehmen zu können, gaben ihr neuen Mut. Schließlich war sie jetzt ein Junge und wusste, wie man mit solchen Kerlen umgehen musste!
    Vorsichtig schlich sie sich von hinten an ihn heran. Sie nahmden Rest der Lederschnur zwischen beide Hände und spannte sie. Der Junge war zwar ein wenig größer, dafür aber schmächtiger als sie. Ellen näherte sich ihm vorsichtig, schlang ihm das Lederband von hinten um den Hals und zog ihn mit einem heftigen Ruck in eine Seitengasse. Der Junge taumelte rückwärts und fasste an seinen Hals, um das Einschneiden der Schnur zu mildern.
    »Wo ist die Börse, die bis vor kurzem noch an diesem Band hing?«, zischte Ellen und zog den wehrlosen Jungen weiter in die enge, dunkle Gasse hinein.
    Der Junge schnappte vergeblich nach Luft. »Ich hab sie nicht mehr«, röchelte er.
    »Dann gehen wir sie holen. Jetzt sofort!«, fauchte Ellen ihn an. Sie

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