Das Labor der Esper
akzeptierte sein Eindringen in ihren Gedankenstrom ohne die leiseste Überraschung, aber er spürte deutlich, daß er sich im Moment noch nicht tiefer wagen durfte. Der Kontakt mit ihr war nicht der gleiche verschmelzende Vorgang, den er bei Barbara erlebt hatte. Vielleicht war diese Intimität auch für Telepathen etwas Einmaliges. Andererseits war das Mädchen offensichtlich in telepathischer Kommunikation geübt. Während sie durch den sonnendurchleuchteten Garten ging und sich mit Becky Schofield unterhielt, begann sie gleichzeitig eine telepathische »Unterhaltung« mit ihm.
»Es ist sicher hübsch für Sie, daß Sie in so einer Umgebung arbeiten können, Doktor Schofield.«
Dann gibt es hier also doch Telepathen! Bis jetzt war es ziemlich langweilig.
»Es hat seine Vorteile – besonders zu dieser Jahreszeit.«
Nur zwei – Sie mitgerechnet. Willkommen an Bord!
»… aber im Winter kann es recht trostlos sein.«
Sie sollen mich durchforschen und einen Bericht abgeben – Sie Spion!
»Ich glaube, ich könnte den Winter für so einen Frühling ertragen.«
Das ist mein Beruf. Außerdem haben Sie nichts zu befürchten. Erzählen Sie mir mehr von sich! Ich kann Ihren Schutzschirm nicht durchdringen.
»Schließlich ist man nicht zu weit von der Stadt entfernt!«
Sollen Sie auch nicht. Ein Mädchen hat schließlich seine zarten Geheimnisse.
»Nun ja, es ist nicht so schlimm, wenn man einen Wagen hat. Aber die Busverbindung ist schrecklich.«
Das sehe ich nicht ein. Schließlich sollen wir zusammenarbeiten. Sie könnten mir wenigstens Ihren Namen nennen.
»Vielleicht, aber für die erste Zeit werde ich sie benützen müssen .«
Ich habe es mir zur Regel gemacht, höchstens vor Fremden mein Herz auszuschütten. Verdammt! Warum kann dieses Weib nicht mit ihrem Party-Blabla aufhören! Wer interessiert sich denn dafür?
»Es würde mich freuen, wenn ich Sie ab und zu mitnehmen könnte.«
Nicht-Telepathen brauchen das. Es füllt die Lücken.
Peter war gespannt und aufgeregt. An der Art, wie das Mädchen ihre Fähigkeiten anwandte, war etwas Geübtes und Lässiges. So etwas konnte sich nur im Gespräch mit anderen Telepathen entwickelt haben. Würde sie ihm Eingang in die wahre Welt der Telepathen verschaffen? Er wartete schon so lange darauf.
Wer sind die anderen? Wo sind sie?
Nicht so schnell. Ich will mehr über dieses Labor erfahren.
»Ich weiß, Mary, es ist eine Schande, bei diesem Wetter ins Haus zu gehen, aber ich möchte Ihnen noch ein paar der anderen vorstellen.«
Mary – Mary wer?
»Oh, das wäre nett.«
Alles der Reihe nach. Keine Angst – sie bringt mich gleich zu Ihnen. Lassen wir es bis dahin, ja? Diese Doppelunterhaltung macht mir Kopfschmerzen.
»Wir sind hier nur ein kleines Team, aber wir kommen recht gut miteinander aus.«
Also schön – ich erwarte Sie!
Peter zog seine Gedanken von dem Mädchen zurück und ging unruhig im Zimmer auf und ab. Tausend Fragen schossen ihm durch den Kopf. War ihre Weigerung, den Schutzschirm aufzugeben, wirklich nur eine natürliche Zurückhaltung, oder hatte sie etwas zu verbergen? Was auch geschah, nichts durfte das bevorstehende Treffen stören. Wenn sie langsam vorgehen wollte, dann würde er sich eben nach ihr richten. So eine Gelegenheit durfte man nicht durch Hast vergeben.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch und kramte noch einmal mit schwitzenden Fingern die Blätter durch. Er hatte das merkwürdige Gefühl, daß er zwar jeden Buchstaben lesen konnte, jedoch keine logische Verbindung fand. Schließlich legte er die Blätter ganz weg und saß einfach still da. Seine Finger spielten nervös mit einem Bleistift.
Seine Geduld wurde endlich belohnt, als er Schritte im Korridor hörte. Als sie näherkamen, konnte er Beckys unterdrückte Stimme wahrnehmen. Also nun war es soweit. Die Versuchung war groß, noch einmal in ihre Gedanken einzudringen, aber er beherrschte sich. Nichts durfte diesen ersten Kontakt verderben. Von Anfang an mußte man sorgfältig das Vertrauen und die Anerkennung des anderen gewinnen, und das ging nur, wenn er die Wünsche des Mädchens respektierte.
Die Schritte hielten vor der Tür an.
Peter spürte, wie seine Halsschlagader pochte, als er aufstand. Ein kurzes Klopfen an der Tür, und der Griff wurde nach unten gedrückt. Als sich die Tür öffnete, hatte er das überwältigende Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. Seine ganze Vorsicht wurde beiseitegedrängt, als er das schlanke, dunkelhaarige
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