Das Labyrinth der Ratten
»Vor allem am späten Samstagabend.«
»Ich habe Dickdarmbeschwerden«, ergänzte Jack.
»Ich eine chronische Blasenentzündung«, sagte Lars. »Es bilden sich immer wieder Bakterien, vor allem, wenn ich zuviel Orangensaft trinke.«
Klug klappte traurig seinen Musterkoffer zu.
»Tja, Mr. Lanferman«, sagte er, als er langsam davonging, unter der Last des schweren Koffers einknickend, als ginge ihm die Luft aus, »ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.«
Pete sagte: »Denken Sie an meine Worte, Klug. Geben Sie mir etwas mit nur einem beweglichen Teil, und ich ...«
»Vielen Dank«, sagte Klug und bot mit einer Art vager Würde um die Ecke. Er war fort.
»Verstand verloren«, sagte Jack nach einer Pause. »Überlegt euch, was Pete ihm angeboten hat: seine Freizeit und sein Können. Und ich habe ihm den Gebrauch unserer Werkstätten angeboten. Und er geht weg.« Jack schüttelte den Kopf. »Da komme ich nicht mit. Ich begreife wirklich nicht, was in dem Mann vorgeht. Nach all den Jahren.«
»Sind wir wirklich liebenswert?« fragte Pete. »Ich meine, im Ernst jetzt; ich will es wissen. Sagt was.«
Die endgültige, unwiderlegbare Antwort kam von Jack Lanferman.
»Was, zum Teufel, spielt das für eine Rolle?« lachte er.
11
Und doch spielt es eine Rolle, dachte Lars, als er mit dem Hochgeschwindigkeitsexpreß von San Francisco zu seinem Büro in New York zurückflog. Zwei Grundsätze beherrschten die Geschichte: das Machtbewußtsein und das – was Klug gesagt hatte – das heilende Prinzip, beiläufig ›Liebe‹ genannt.
Beiläufig blickte Lars in die Spätausgabe, die ihm die Hostess hingelegt hatte. Es gab eine große, gute Schlagzeile:
›Neuer Sat nicht von Foks-Ost, sagt ZK.
Globales Rätselraten über Herkunft.
UN-W NATSEK soll Klarheit schaffen.‹
Die Aufforderung war, wie Lars entdeckte, von einer rätselhaften, unklaren Organisation mit dem Namen ›Senat der Vereinigten Staaten‹ gekommen. Sprecher: ein gewisser Präsident Nathan Schwarzkopf. Wie der Völkerbund blieben solche Körperschaften bestehen, selbst wenn sie aufgehört hatten, auch nur ein Wanderverein zu sein.
Und in der UdSSR schrie eine gleichermaßen bedeutungslose Institution namens ›Oberster Sowjet‹ nervös nach jemandem, der sich für den unerklärten neuen Satelliten interessieren sollte, einen unter mehr als siebenhundert, aber trotzdem eine Besonderheit.
»Kann ich ein Telefon haben?« fragte Lars die Hostess.
Man brachte einen Bildsprecher und schloß ihn an seinem Sitz an. Kurz danach sprach er mit der Telefonistin in der Vermittlung von Festung Washington.
»Geben Sie mir General Nitz.« Er nannte seinen Cog-Kode, alle zwanzig Bestandteile, und verifizierte ihn, indem er den Daumen in den Schlitz des Bildsprechers steckte. Die sich über Meilen erstreckenden Anlagen analysierten und übertrugen seinen Abdruck, und die Automatikschaltung im unterirdischen Kreml gab ihn gehorsam an den menschlichen Funktionär weiter, der als erster in der langen Reihe stand, die General Nitz und – nun, die Wirklichkeit voneinander trennten.
Das Expreßschiff hatte mit dem Sinkflug zum Wayne MorseFeld in New York begonnen, bis Lars General Nitz endlich erreichte.
Das karottenförmige Gesicht tauchte auf, breit an der Oberseite, spitz zulaufend, mit horizontalen, trüben, tiefliegenden Augen und dem grauen Haar, das wie angeklebt aussah, es vielleicht auch war, weil künstlich. Und dann, in einer Falte am Kehlkopf, der wunderbare, insignienübersäte, kohlschwarze Bandkragen. Die Orden selbst, nur mit Ehrfurcht zu bestaunen, waren nicht unmittelbar zu sehen. Sie befanden sich unter dem Rand der Videokamera.
»General«, sagte Lars, »ich nehme an, der Ausschuß tagt. Soll ich sofort hinkommen?«
General Nitz antwortete sarkastisch, wie bei ihm üblich: »Warum, Mr. Lars? Sagen Sie mir den Grund. Hatten Sie vor, sie zu erreichen, indem Sie an die Decke des Sitzungsraumes schweben oder sich vom Konferenztisch spirituelle Botschaften übertragen lassen?«
»›Sie‹«, sagte Lars betroffen. »Wen meinen Sie, General?«
General Nitz legte auf, ohne zu antworten.
Der leere Bildschirm stand Lars gegenüber wie ein Vakuum, in dem Nitz' Stimme verhallte.
Natürlich zählte er, Lars, in einem Augenblick von solcher Bedeutung nicht, sagte sich Lars. General Nitz hatte zu viele andere Sorgen.
Betroffen lehnte Lars sich zurück und ertrug die eher harte Landung des Schiffes, eine hastige Landung, so, als wolle der Pilot sein
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