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Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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überwältigenden Verlustes übermannt. Eines Verlustes, der nie mehr gutgemacht werden konnte, nicht in alle Ewigkeit.
    »Wie wollen Sie sich verhalten?« fragte der Agent am Steuer.
    »Ich werde den absoluten, totalen, umfassenden, erschöpfenden, holistischen, bedingungslosen Eindruck erwecken«, sagte Lars, »daß ich offen bin, naiv, ehrlich, wahrheitsliebend, weitschweifig, gesprächig ...«
    »Sie blöder Hund«, sagte der Mann scharf, »unser aller Leben steht auf dem Spiel!«
    »Sie sind ein Cog«, erwiderte Lars dumpf.
    Der Agent nickte. Sein Begleiter ebenfalls.
    »Dann wissen Sie«, sagte Lars, »daß ich Ihnen einen Apparat beschaffen kann, ein umgeschmiedetes Bauteil eines Lenk systems mit sechzig Stufen, das Ihre Zigarren anzündet und im Hintergrund neue Mozart-Streichquartette hervorbringt, während ein anderes Gerät, umgeschmiedetes Bauteil aus einem anderen Multiplex-System, Ihnen das Essen serviert, es sogar vorkaut und notfalls, samt Kernen, in ein Gerät spuckt ...«
    »Ich kann verstehen, warum diese Waffenmodeschöpfer so gehaßt werden«, sagte einer der Männer zu seinen Begleitern. »Sie sind warme Brüder.«
    »Nein«, sagte Lars. »Da irren Sie sich. Das ist es nicht, was mir fehlt. Wollen Sie wissen, was mir fehlt? Wie lange noch bis Fairfax?«
    »Nicht lange«, antworteten beide Agenten gleichzeitig.
    »Ich werde mein Bestes tun. Was mit mir los ist? Ich bin ein Versager, was meine Arbeit angeht. Und das quält einen Mann, das macht ihn furchtsam. Aber ich werde – oder wurde bisher – dafür bezahlt, daß ich ein Versager bin. Man wollte das.«
    »Sie glauben, daß Sie und diese Lilo Toptschew es schaffen, Powderdry?« sagte der Mann neben ihm. »Bevor sie ...« er deutete nach oben, mit einer fast frommen Geste, wie die eines Landmanns aus der Vorzeit, dem es die Ernte immer und immer wieder verhagelt hatte – »fallen lassen, wozu sie ihr Satellitennetz aufbauen? Damit es, wenn sie es fallen lassen, genau da einschlägt, wo sie wollen? Zum Beispiel, und das ist meine Theorie, daß sie den Pazifik in Dampf verwandeln und uns sieden wie eine Ladung Hummer aus Maine?«
    Lars schwieg.
    »Er sagt es nicht«, meinte der Mann am Steuer mit sonderbar klingender Stimme. In ihr schwang Zorn mit, aber auch Trauer. Es war der Laut eines kleinen Jungen, und Lars empfand Mitgefühl. Manchmal klang seine eigene Stimme wohl auch so.
    »In der sowjetischen Botschaft hat man mir gesagt – und es ernst gemeint –, daß man mich und sie töten würde, wenn Lilo und ich nichts zustandebrächten, oder nur die Pseudo-Waffen, von denen wir alle seit Jahrzehnten gelebt haben«, erklärte Lars. »Und sie werden es tun – wenn ihr ihnen nicht zuvorkommt.«
    Der Mann am Steuer sagte ruhig: »Wir werden die ersten sein. Weil wir näher dran sind. Aber nicht sofort; es wird eine angemessene Pause geben.«
    »Hat man euch das befohlen?« fragte Lars aus Neugier. »Oder ist das eure eigene Idee?«
    Keine Antwort.
    »Ihr beide könnt mich nicht umbringen«, sagte Lars, mit einem schwächlichen Versuch, stoisch und vorlaut zu sein. Das erste brachte er nicht zustande, das zweite fand keine Abnehmer. »Vielleicht könnt ihr es doch«, sagte er schließlich. »Paulus sagt, ein Mensch kann wiedergeboren werden. Er kann sterben und ins Leben zurückkehren. Wenn ein Mensch also zweimal geboren werden kann, warum dann nicht zweimal ermordet?«
    »In Ihrem Fall wäre das kein Mord«, sagte der Mann neben ihm.
    Er hielt es nicht für nötig, zu erläutern, was es dann sein sollte. Vielleicht war es nicht zu beschreiben, dachte Lars. Er spürte die Bürde ihrer Mischung von Haß und Angst und doch auch – ihrem Vertrauen. Sie hatten immer noch Hoffnung, wie Kaminsky. Sie hatten ihn jahrelang dafür bezahlt, keine wirklich tödliche Waffe hervorzubringen, und nun klammerten sie sich mit absoluter Naivität an seinen Rockzipfel, flehten, wie Kaminsky gefleht hatte – und das mit der üblen Unterströmung von Drohung, von Haß, von Mord, für den Fall, daß er versagen sollte.
    Er begann vieles an der Cog-Gesellschaft zu begreifen, was ihm früher entgangen war.
    Zu den Eingeweihten zu gehören, die Wahrheit zu kennen, hatte ihnen das Leben nicht erleichtert. Wie er litten auch sie. Sie waren nicht aufgeblasen, stolzgeschwellt, prall von, wie neulich jemand zu ihm gesagt hatte, Hybris. Zu wissen, was wirklich gespielt wurde, machte sie unsicher – aus demselben Grund, weshalb das Nicht-W issen die Masse, den Durch

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