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Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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umkreisen, erkannte Lars, sondern wir müssen unter dieser Belastung, auf die wir nicht vorbereitet waren, auch noch eine Rückkehr zum blanken Schwert der Vergangenheit erdulden. Alle Übereinkünfte und Pakte und Verträge, das Schließfach im Greyhound-Busbahnhof von Topeka, die Geldthaler-Gemeinschaft in Berlin, Fairfax selbst – alles Täuschung. Und sie ist uns gemeinsam, Ost und West. Es ist ebenso ihre Schuld wie die unsrige, die Bereitschaft, zu glauben und den leichten Ausweg zu wählen. Sieh dich selbst an, dachte er. In dieser Krise bin ich sofort zur sowjetischen Botschaft gelaufen.
    Und sieh dir an, was mir das eingebracht hat. Eine altmodische Handfeuerwaffe, im Dienst der technischen Aspekte körperlicher Sicherheit an die Decke gerichtet, statt auf meine Bauchhöhle.
    Aber der Mann hatte recht. Kaminsky sagte mir die Wahrheit, er plusterte sich nicht auf, verfiel nicht in Hysterie. Wenn Lilo und ich scheitern, werden wir vernichtet. Dann werden die Blocks anderswo Hilfe suchen. Die schwere Last wird auf Jack Lanferman und seine Ingenieure herabsinken, vor allem auf Pete Freid – und Gott sei ihnen gnädig, wenn sie es auch nicht schaffen, weil sie dann Lilo und mir ins Grab folgen.
    Grab, dachte er, man hat dich einmal gefragt, wo dein Sieg sei. Ich kann ihn dir zeigen. Er ist hier. Ich bin es.
    Als er einen vorbeikommenden Schrauber heranwinkte, erkannte er plötzlich: Und ich habe nicht einmal erhalten, wozu ich hergekommen bin; ich konnte kein scharfes Bild von Lilo herausschlagen.
    Auch darin hatte Kaminsky recht gehabt. Lars Powderdry würde bis zur Begegnung in Fairfax warten müssen. Er würde nicht vorbereitet sein.

    14

    Spät nachts, als er in seiner New Yorker Wohnung schlief, kamen sie.
    »Es geht ihr wieder gut, Mr. Lars. Wollen Sie sich gleich anziehen, ja? Wir packen den Rest für Sie und schicken ihn nach. Wir fahren gleich zum Dach hinauf. Unser Schiff wartet.« Der Anführer der FBI- oder CIA- oder welcher Leute auch immer, jedenfalls Profis und daran gewöhnt, um diese Nachtzeit wach und im Dienst zu sein, begann zu Lars' Verblüffung in seinen Schubladen und Schränken zu kramen, seine Sachen stumm und schnell zusammenzuraffen; sie umzingelten Lars, taten, wozu sie gekommen waren. Er stand in schläfriger, gereizter Betäubung im Zimmer.
    Aber daraus kam endlich volles Erwachen, und er tappte ins Badezimmer.
    Als er sich das Gesicht wusch, sagte einer von den Agenten im anderen Zimmer beiläufig zu ihm: »Jetzt haben sie drei oben.«
    »Drei«, sagte er schwachsinnig und starrte sein schlaftrunkenes, faltiges Gesicht im Spiegel an. Seine Haare hingen wie vertrockneter Tang in die Stirn, und er griff automatisch nach einem Kamm.
    »Drei Satelliten. Und der dritte ist anders, das behaupten wenigstens die Ortungsstationen.«
    »Igel?« sagte Lars.
    »Nein, nur anders. Keine Monitoranlage. Er sammelt keine Informationen. Die ersten beiden, ja; vielleicht haben sie ihre Arbeit jetzt getan.«
    »Sie haben bewiesen, daß wir sie nicht herunterholen können, dadurch, daß sie oben geblieben sind«, sagte Lars. Man brauchte keine Haufen supertechnischer Geräte in den beiden Satelliten, um das zu beweisen; sie hätten ebenso gut hohl sein können.
    Die Männer trugen übliche Umhänge im Stil ›Graue Emi nenz‹ und sahen mit ihren kurzgeschorenen Haaren aus wie extrem asketische Mönche. Sie fuhren hinauf zum Dach des Gebäudes. Der Mann rechts von Lars, einer mit stark gerötetem Gesicht, sagte: »Wie wir hören, haben Sie heute nachmittag die sowjetische Botschaft aufgesucht.«
    »Das ist richtig«, nickte Lars.
    »Ihre gerichtliche Verfügung ...«
    »Die verbietet nur, daß sie mich belästigen«, sagte er. »Ich kann sie belästigen. Sie haben keine Verfügung.«
    »Glück gehabt?« fragte der Mann.
    Das brachte Lars in Verlegenheit. Er dachte stumm nach, vermochte nicht zu antworten. Bedeutete die Frage, daß diese FBI- oder CIA-Leute wußten, weshalb er zu Kaminsky gegangen war? Als sie den Dach-Landeplatz zu der abgestellten Maschine überquerten, sagte Lars endlich: »Nun, er hat seine Meinung klargemacht. Wenn man das ›Glück‹ nennen kann.«
    Die Maschine stieg hoch. New York blieb rasch zurück; sie überflogen den Atlantik. Die Lichter, die Behausungen der Menschen tief unter ihnen schrumpften und verschwanden aus dem Blickfeld. Lars schaute nach hinten und spürte ein ängstliches, vielleicht sogar neurotisches Bedauern; er wurde von einem Gefühl akuten,

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