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Das Labyrinth der Wörter

Titel: Das Labyrinth der Wörter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Sabine Roger
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Schlecht nur für die Leute drum herum.
    An dem Tag, wo ich meiner Mutter gesagt habe, ich würde ans andere Ende des Grundstücks ziehen, in den Wohnwagen, da hat sie mich angeschaut, als ob ich verrückt wäre: »Ist dir nichts Besseres eingefallen, damit sich die Nachbarn das Maul zerreißen?«
    Ich habe ganz ruhig gesagt: »Die Nachbarn können mich mal. Und ich weiß auch nicht, was sie dagegen haben sollten. Das ist doch unser Garten …«
    Meine Mutter ließ sich aufs Sofa fallen, atmete schwer und presste eine Hand auf die Brust. »Was habe ich demHerrgott bloß getan, dass ich einen Sohn wie dich bekommen habe?«
    »Dem Herrgott nichts.«
    »Ach, geh doch weg! Du bringst mich noch ins Grab! Verzieh dich in deinen Wohnwagen!«
    Ich habe sie da sitzen lassen und bin gegangen, ohne was zu sagen und mich noch mal umzudrehen.

 
    M ir gefällt es in diesem Wohnwagen. Ich habe ihn weiß gestrichen und eine Pergola drübergebaut, um einen Weinstock daran hochwachsen zu lassen. Im Sommer hält sie schön kühl, und in der nassen Jahreszeit dient sie als Regenrinne. Der Wohnwagen gehört mir zwar nicht, aber es würde mich sehr wundern, wenn sein Besitzer käme, um ihn zurückzufordern. Wenn ihm was an seinen Kronjuwelen liegt, lässt er es jedenfalls besser bleiben.
    Gardini heißt er. Jean-Michel Gardini.
    Er tauchte eines Tages bei uns auf. Ich war noch klein, vielleicht neun oder zehn, nicht viel älter. Sicher ist, dass ich noch nicht mit meinem Gemüsegarten angefangen hatte und mehr oder weniger zur Schule ging. Das sind immerhin zwei Anhaltspunkte.
    Der Typ kreuzte also eines Morgens auf und fragte meine Mutter, ob er nicht seinen Wohnwagen bei uns abstellen könnte, weil er für zwei Wochen in der Gegend wäre, »geschäftlich«, wie er sagte.
    Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mich macht ein Kerl, der in einem Eriba Puck schläft und behauptet, dass er geschäftlich unterwegs ist, misstrauisch. Jedenfalls wäre das heute so. Damals kam mir nichts komisch oder erstaunlich vor, ich war ja noch ein Kind.
    Was seine Geschäfte betraf, haben wir später erfahren, dass er auf Märkten Modeschmuck verkaufte.
    Wie auch immer, er stand also da und erklärte meiner Mutter, im Rathaus hätte man ihm von unserem großen Grundstück erzählt, und er würde gern ein Stück davon mieten, solange er da wäre. Und vielleicht könnte sie ja mittags auch für ihn kochen, er würde dafür ebenfalls bezahlen.
    Wir nagten damals ganz schön am Hungertuch und hatten sonst kaum was zum Beißen. Meine Mutter hatte hier und da kleine Jobs, aber nichts Richtiges. Die Idee, ein Stück Brachland, das niemandem was nutzte – außer mir zum Spielen, aber ich zählte ja nicht –, zu vermieten und jemanden in Halbpension zu nehmen, schwarz und bar auf die Kralle, gefiel ihr auf Anhieb, und sie ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. Aber nicht lange.
    Ich glaube fast, sie hatte schon ja gesagt, bevor er mit seinem Satz zu Ende war.
    Ich konnte diesen Gardini von Anfang an nicht leiden, er sah schon von weitem aus wie ein falscher Fünfziger. Er trug Angeberklamotten – taillierten Anzug, gestreifte Hemden –, Haare, die im Nacken zu lang waren und aus denen Schuppen rieselten. Er blies sich auf wie ein Frosch, aber er war nur ein kleines Arschloch, da kannte ich mich schon aus.
    Ihm beim Essen gegenüberzusitzen war hart. Er fraß wie ein Schwein, wusch sich nie die Hände, wenn er vom Klo kam, aber das hinderte ihn nicht daran, sich aus dem Brotkorb zu bedienen, warum denn auch? Er redete die ganze Zeit mit vollem Mund, und ich verbrachte das Mittagessen damit, Parabeln zu berechnen – Bahnen, die ein fliegendes Geschoss beschreibt  –, damit kein Bissen in meinem Glas landete.
    Meine Mutter schnauzte mich an: »Germain, hör auf, so rumzuzappeln! Warum klammerst du dich an dein Glas,kannst du es nicht mal loslassen? Es wird dir schon keiner klauen. Ach, diese Kinder! Wenn Sie wüssten, Monsieur Gardini …«
    »Nennen Sie mich Jean-Mi, Madame Chazes. Alle meine Freunde nennen mich Jean-Mi.«
    »Aber das würde ich niemals wagen.«
    »Auch nicht, wenn ich Sie darum bitte?«
    »Na gut … Aber nur, wenn Sie Jacqueline zu mir sagen … Du fängst dir gleich eine, Germain!«
    »Jacqueline? Das klingt charmant. Steht Ihnen gut … Sie sind sicher stolz auf so einen hübschen Namen.«
    »O ja, das bin ich.«
    Das war aber ganz was Neues, denn zu ihren Freundinnen sagte sie immer: »Jacqueline, das klingt nach alter

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