Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
Vom Netzwerk:
Travis.
    Gleich darauf verstummte das Bohrgeräusch.

35
    Sie horchten. Eine Minute verstrich. Nur das Kratzen und dumpfe Pochen der Insektenleiber außen an der Plexiglaskanzel war zu hören, ansonsten war es völlig still. Die Bohrarbeiten an beiden Zugängen waren offenbar abgeschlossen.
    «Jetzt wird es nicht mehr lange dauern», sagte Paige.

    Sie warteten. Einige Zeit tat sich nichts, nur hin und wieder war in der tiefen Stille ein metallisches Klopfen zu hören, mal von dem einen Zugang her, mal von dem anderen.
    «Dieser Traum, den Sie hatten», sagte Dyer, «glauben Sie tatsächlich, der war real?»
    «Die Türkombination jedenfalls war real», sagte Travis. «Das ist alles, was ich weiß.»
    Dyer blickte versonnen drein.
    «Was ist?», fragte Travis.
    «Die Droge, die Sie geschildert haben», sagte Dyer, «die ist auch real. Sie heißt Phenylin-Dizyclomid. Wird bei Verhören eingesetzt. Ist zwar schon seit zwanzig Jahren verfügbar, aber erst in den letzten zehn Jahren so richtig perfektioniert worden, in Guantanamo und anderswo. Bei den Geheimdiensttypen auch als Hypnose zum Spritzen bekannt.»
    «Bringt sie einen zum Reden?», fragte Travis.
    «Ja, das auch. Aber noch wichtiger ist, dass sie einen dazu bringt, zu handeln. Sie wirkt sich in zwei Phasen aus. Die erste dauert einige Minuten lang. Leichte Halluzinationen, gekoppelt mit Erinnerungsverlust; man weiß schlicht nicht mehr, was geschehen ist, ehe die Wirkung der Droge einsetzte. Dann beginnt die zweite Phase, die etwa fünf Minuten anhält, in der das Kurzzeitgedächtnis auf eine Sekunde oder noch kürzer eingedampft ist. Jemand kann mit einem sprechen, und man vergisst jedes einzelne Wort, kaum, dass man es gehört hat. Sehr verstörende Erfahrung – mit zwei Vorteilen für die Verhörbeamten. Erstens, man kann weiter Befehle ausführen, sogar komplizierte, die zu lang sind, um sich daran zu erinnern. Wenn Sie jetzt Ihr Laptop vor sich stehen hätten, könnte ich sagen: ‹Loggen Sie sich in Ihr E-Mail-Verzeichnis und Ihr Online-Bankkonto ein›, und Sie würden es wahrscheinlich tun. Mit Passwörtern und allem Drum und Dran. Den Befehl vergessen Sie zwar, während ich ihn noch ausspreche, aber Sie führen ihn trotzdem aus. Es ist eine Frage der Konditionierung – es funktioniert wie eine Gewohnheit. Man hört den Befehl zwar gut genug, um ihn auszuführen, heißt es, erinnert sich aber nicht gut genug daran, um sich ihm zu widersetzen.»
    «Wieso wundert es mich eigentlich kein bisschen, dass wir so einen kranken Mist entwickeln?», warf Bethany ein.
    «Der zweite Vorzug ist noch besser», fuhr Dyer fort. «Während einem in Phase zwei nach und nach das Gedächtnis zerbröselt, kann man sich immer noch an Phase eins erinnern. Phase eins ist eigentlich alles, woran man sich in diesem Zeitraum erinnert. In der Regel wird man vor dem Verhör in einer schalltoten Zelle in Dunkelhaft gehalten, es gibt also ohnehin nicht viel, woran man sich erinnern könnte. Wobei die, die einen verhören, sich diese Wirkung aber zunutze machen können. Sie können einen in Phase eins mit Informationen füttern, die man dann in Phase zwei benutzt. Sie könnten sagen: ‹Ihr Bruder landet morgen um 17.30 Uhr am Flughafen Los Angeles, United-Terminal.› Gleich darauf, wenn Ihr Gedächtnis Sie langsam verlässt, drücken sie Ihnen ein Telefon in die Hand: ‹Rufen Sie den Fahrer an, den Ihr Bruder immer beschäftigt, und veranlassen Sie, dass er ihn abholt.› Das tun Sie dann, weil Sie sich ja daran erinnern, gehört zu haben, dass Ihr Bruder morgen am Flughafen eintrifft. So einfach können sie zum Beispiel herausfinden, wer sein Fahrer ist.»
    «Klingt nützlich», sagte Travis.
    Dyer nickte. «Falls sie diese Droge bei Garner und einem der anderen anwenden, wundert es mich nicht, dass sie die Türkombination inzwischen kennen.»
    «Könnten sie auf die Weise nicht alles herausfinden?», fragte Paige. «Könnten sie Garner nicht befehlen, ihnen die ganze Geschichte zu erzählen?»
    «Jemandem seine Geheimnisse zu entlocken, ist nicht so einfach», entgegnete Dyer. «Wie bei richtiger Hypnose – da werden moralische Vorbehalte des Betreffenden wirksam. Es heißt, man könne jemanden im Trancezustand zwar dazu bringen, wie ein Hund zu bellen, aber nicht dazu, seinen besten Freund umzubringen. Bei Geheimnissen, denke ich, ist es wohl ähnlich – wenn es um wirklich wichtige Dinge geht, geben Leute sie auch nicht preis. In eine Gewohnheit zu verfallen und ein

Weitere Kostenlose Bücher