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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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mit der weißen Wandtäfelung und dem Schreibtisch aus Walnussholz kontrastierte. Dominic legte den Farbroller auf der Palette ab und meldete sich, ehe der Klingelton, das Intro von David Bowies «Modern Love», beim ersten Trommelschlag angekommen war. Er hörte aufmerksam zu, während der Anrufer redete, und prägte sich alles gut ein. Dann legte er auf und ging zu seinem Kleiderschrank im Schlafzimmer, hinter dessen Rückwand sich ein geräumiges Geheimfach verbarg. Diesem Fach entnahm er einen weißen Parka mit batteriebetriebener Heizfunktion, in dem man ohne weiteres zwölf Stunden lang in eisiger Kälte auf der Lauer liegen konnte, sowie ein mattweißes Repetiergewehr, Typ Remington 700, mit einem Zielfernrohr mit vierfacher Vergrößerung. Zwei Minuten darauf saß er bereits in seinem Auto und war unterwegs zum Flughafen, genauer gesagt zum Terminal für Privatflugzeuge.
    Jetzt lag er lang ausgestreckt im Schnee, etwa eine halbe Meile östlich von Ouray, Colorado, und hundertfünfzig Meter oberhalb des Ortes. Er hatte am schmalen Ende eines ansteigenden Tals Posten bezogen, das sich gleich hinter den letzten Ausläufern des Städtchens erhob. Von hier oben mutete es an wie ein Dorf in einer Schneekugel. Die Straßenlaternen warfen helle Lichtkegel zwischen die großen, wattigen Schneeflocken, die herniederrieselten. Ouray selbst war von einem anheimelnden, strahlenden Lichtschein umgeben, eine Barriere visueller Wärme gegen die Dunkelheit.
    Dominic lag weit außerhalb dieser Wärme, draußen in der tiefen, leeren Nacht.
    Nicht anders als die Berghütte, die er im Auge behielt.
    Er spähte durch das Suchfernrohr und ließ seinen Blick an den Fenstern entlangschweifen. Aus einem davon drang hinter den Jalousien ein fahler Lichtschein nach draußen, vielleicht das Neonlicht in einer Waschküche, das über Nacht brannte. Alle anderen Fenster waren dunkel. Im Vorgarten leuchtete einsam auf einem Pfosten eine Quecksilberlampe, deren Schein jedoch lediglich dafür sorgte, dass die Hütte noch einsamer und abgeschiedener wirkte. In dem Tal gab es ansonsten nur noch ein geducktes, einstöckiges Haus sowie einen Wohnwagen, beide aber ganz dicht am Ortsausgang. Die Hütte dagegen stand hier völlig isoliert.
    Dominic nahm das Auge wieder vom Suchfernrohr und sah auf die Uhr. Noch nicht ganz fünf Uhr früh. Er hatte kurz nach Mitternacht Posten bezogen, und seither hatte sich in der Hütte oder darum herum nicht das Geringste getan. In etwa zwei Stunden würde es hell werden, aber auch das Tageslicht würde Dominic keine Probleme bereiten; er würde auch dann weiter unsichtbar bleiben. Nicht anders als das Fünf-Mann-Team, das, wie er wusste, viel dichter vor dem Zielobjekt auf der Lauer lag – nur etwa vierzig Meter von der Haustür entfernt, vermutlich.

7
    Nach der Landung in Telluride mieteten sie sich am Flughafen einen Jeep. Aus Sicherheitsgründen reisten alle Tangent-Mitarbeiter seit einigen Jahren nur noch unter Tarnidentitäten, sie hatten falsche Papiere vorgezeigt. Travis nahm am Steuer Platz. Um Viertel vor sechs erreichten sie Ouray, dessen noch in Dunkel gehüllte Straßen so früh am Morgen so gut wie ausgestorben waren.
    Von der Hauptstraße bog Travis links ab auf die Straße, die durch das Tal zu Rebecca Hunters Wohnsitz führte. Er meinte das Haus bereits von fern zu erkennen, hoch oben in der Dunkelheit über der Stadt. Eine Holzhütte, vor der eine einsame Lampe brannte und die beinahe anmutete, als würde sie in der Luft schweben. Ringsherum nur Leere, Einöde, was ihn auf unbestimmte Art beunruhigte. Spontan tastete er nach der SIG Sauer P226, die er an einem Holster unter der Jacke angeschnallt trug. Die gleiche Geste meinte er aus dem Augenwinkel auch bei Paige wahrzunehmen.
    Es gab Entitäten, die sie hätten mitbringen können, um sich auf dieser Reise besser zu schützen, aber Tangent gestattete nur selten, dass Portalstechnologie die Grenzen von Border Town verließ. Zu groß war das Risiko, dass die Entitäten, falls es schlechtlief, in fremde, falsche Hände gerieten. Einmal war das bereits passiert, mit einem der gefährlichsten Gegenstände, die je aus der Pforte zum Vorschein gekommen waren: ein zweiteiliger Anzug, der seinem Träger zu völliger Unsichtbarkeit verhalf. Ein skrupelloser Widersacher hatte ihn sich angeeignet, mit verheerenden, tödlichen Folgen für Tangent, und es hatte Jahre gedauert, ehe sie das verfluchte Ding wieder in ihren Besitz bringen konnten. Ein solches

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