Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
Vom Netzwerk:
ließ ihn dort liegen. Konnte sich nicht vorstellen, inwiefern die Knarre ihm in den nächsten Stunden von Nutzen sein sollte.
    Mit Einbruch der Dunkelheit war auf der Monument Street der Fußgängerverkehr vor dem Krankenhaus praktisch zum Erliegen gekommen. Die Verwaltungsgebäude auf der nördlichen Straßenseite lagen da wie ausgestorben, und nur noch wenige Leute verließen oder betraten das Krankenhaus – zumindest über diese vier Zugänge.
    Zur Beobachtung der hinteren beiden Ausgänge wäre ein Fernglas hilfreich gewesen; sie waren gut zweihundert bis zweihundertfünfzig Meter entfernt, eine Distanz, auf die Travis eben noch eine Glatze von einem Blondschopf zu unterscheiden vermochte. Doch er hielt sich an der Hoffnung fest, dass er Ward an seiner Haltung und seinen Bewegungen auf Anhieb erkennen würde. Dass er ihn mit Sicherheit sofort identifizieren würde. Wobei durchaus die Möglichkeit bestand – ein Gedanke, der Travis in all den dunklen Stunden wahre Schweißausbrüche bescherte –, dass jenseits der Baustelle jemand aus dem Krankenhaus auftauchte, der Ruben Ward bloß täuschend ähnlich sah. Irgendein gebeugter alter Mann mit Glatze, von denen es im Krankenhaus sicher eine ganze Menge gab. Falls so jemand zum Vorschein kam, könnte Travis nicht mehr lange hin- und herüberlegen, dann müsste er sofort losrennen. Etwa achthundert Meter um den ganzen Block herum, so schnell er nur konnte. Und falls er bei seiner Ankunft dann auf einen arthrosegeplagten Greis von über siebzig stieß, müsste er dieselbe Strecke wieder zurückspurten, um an seinen Posten hier zurückzukehren. In der verzweifelten Hoffnung, in all den sinnlos vergeudeten Minuten nicht verpasst zu haben, wie Ward womöglich das Krankenhaus durch einen der vorderen Ausgänge verlassen hatte.
    Er bemühte sich, nicht daran zu denken.
    Er behielt die Straße im Auge.
    Er wartete.

    Ruben Ward kam um sieben Minuten nach Mitternacht aus dem nächstgelegenen der vier Ausgänge heraus. Nah genug, dass Travis sogar das schwarze Notizbuch erkennen konnte, das er unter den Arm geklemmt hatte. Travis behielt ihn vielleicht drei Sekunden lang im Auge und musste bestürzt feststellen, dass er sich ziemlich schnell fortbewegte. Ward taumelte zwar, aber keineswegs langsam. Eher wie ein Betrunkener, der fortwährend um sein Gleichgewicht kämpfte. Er torkelte drei schlingernde Schritte weit über den Gehweg, stützte sich mit der Hand kurz an der Hauswand ab und taumelte dann weiter. Zielstrebig. Und viel zu schnell. Zwar hielt er alle paar Schritte kurz inne, ehe er weiterwankte, kam aber auf diese Weise kaum weniger schnell vorwärts als ein gesunder Fußgänger.
    Travis wandte sich vom Fenster ab und setzte mit einem Sprung über Garret hinweg, um so schnell wie möglich auf die Straße hinauszulaufen.
    Er war fast an der Wohnungstür angelangt, als er hörte, wie von der anderen Seite ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde.

17
    Der Vorgang lief nicht ab wie in einer Filmszene. Es gab keinen langgezogenen Moment, in dem das Schloss aufgesperrt wurde und sich der Türknauf quälend langsam drehte.
    Nein. Das Schloss klickte, der Türknauf drehte sich, die Tür wurde aufgestoßen, alles innerhalb von einer halben Sekunde.
    Travis konnte eben noch im Lauf abbremsen, ehe er die Tür vor die Nase bekam, und stand auf einmal Auge in Auge der Frau von den Fotos gegenüber. Der Bergsteigerin. Deutlich größer und kräftiger als Garret.
    Sie wich erschrocken einen Schritt zurück und ließ eine Tüte mit Einkäufen fallen, die sie im Arm gehalten hatte. Etwas zerbrach klirrend, etwas rollte heraus.
    Die Frau trug eine Art Uniform. Vielleicht war sie Stewardess, schoss es Travis in dem Sekundenbruchteil durch den Kopf, der ihm für diese Überlegung zur Verfügung stand. Oder arbeitete bei einer Autovermietung. Oder sonst eine von tausend anderen Möglichkeiten.
    Gleich darauf hatte sie sich von ihrem ersten Schock erholt – vermutlich als sie realisierte, dass vor ihr ein zehnjähriger Junge stand –, und geriet stattdessen in Zorn. Sie trat über die Türschwelle, wobei sie die Einkäufe mit einem Tritt beiseitefegte, und betätigte den Lichtschalter an der Wand neben der Tür.
    Helles Licht flammte auf, so plötzlich, dass Travis kurz blinzeln musste.
    «Scheiße, was ist hier los?», fragte die Frau, und zwar in einer Lautstärke, die klar machte, dass diese Frage nicht ausschließlich Travis galt. Sie wollte eine Antwort von Garret, wo

Weitere Kostenlose Bücher