Das Labyrinth des Maal Dweb
Alchemistenküche entlangliefen, reihten sich Krüge, Flaschen und Phiolen, die befremdliche Gifte und machtvolle Grundstoffe enthielten, von denen einige den mehr arkanen Gefilden der Natur angehörten.
Der Magier überging den Mondstaub, die Kohle aus Sternenfeuer, das Gelee aus Gorgonenhirn, das Sekret aus Salamanderwunden, das Giftpilzpulver, das Sphingenmark und andere seltene und unbekömmliche Substanzen, bis er kurz darauf die Essenzen fand, die er benötigte. Es war das Werk eines Augenblicks, sie in den brodelnden Kessel zu schütten. Nach vollbrachter Tat wartete Maal Dweb in aller Seelenruhe auf die Rückkehr der Echsen.
Die Blumenfrau zuckte und stöhnte nicht mehr. Maal Dweb wusste, dass sie tot war. Geschöpfe dieser Art überlebten eine solch brutale Entwurzelung aus dem Boden, der sie hervorgebracht hatte, nicht lange. Ihre Blütenblätter lagen eng um ihr Gesicht gefaltet, als hätte sie sich in ein rotes, langsam einschwärzendes Leichentuch gehüllt. Maal Dweb betrachtete sie kurz und nicht ohne Mitgefühl. Doch schon hörte er die Stimmen der sieben Ispazare, die im nämlichen Augenblick in die Alchemistenküche zurückkehrten.
Aufrecht gehend wie Menschen stapften sie inmitten der dicht stehenden Gefäße auf ihren kurzen Echsenbeinen heran. Die schwarzen, gerippten Schwingen ruhten gefaltet auf ihren Rücken, und ihre Augen glommen rot in der Düsternis. Zwei der Echsen trugen lange Dolche mit gewellten Klingen, andere hielten große diamantene Mörserkeulen in den Klauen, die zweifellos dazu bestimmt waren, das Fleisch der Vampirblume zu Brei zu zerstampfen.
Beim Anblick des Magiers zeigten sie Überraschung und Zorn. Drohend spreizten sie Hälse und Rümpfe wie die Nackenschilde von Kobraschlangen. Und sie erhoben ein wütendes Zischen, als ließen Ventile Heißdampf ab. Gewöhnliche Männer hätte ein solcher Anblick mit Entsetzen geschlagen. Maal Dweb jedoch trat ihnen gelassen entgegen. Vernehmlich, mit tiefer, ruhiger Stimme, wiederholte er das Losungswort eines machtvoll schützenden Zaubers.
Die Ispazare stürzten sich auf ihn. Einige glitten mit schlängelnden Bewegungen über den Boden heran, andere stiegen mit raschen Flügelschlägen in die Luft, um von oben anzugreifen. Doch einer wie der andere rannte vergeblich gegen die unsichtbare Schutzkuppel an, die der Zauberer aus Xiccarph durch den Klang des magischen Wortes um sich errichtet hatte. Seltsam war es anzusehen, wie sie mit ihren Krallen wutschnaubend auf die leere Luft einschlugen oder mit ihren Waffen wirkungslose Hiebe führten, die tönten, als träfen sie auf eine Eisenwand.
Nun begriffen die hexenhaften Echsenwesen, dass sie es mit einem Zauberer zu tun hatten, und begannen ihre eigene unmenschliche Hexenkunst einzusetzen. Sie riefen gewaltige Flammenblitze aus der Luft, fahl und schlangenförmig, die unablässig zuckend und wirbelnd gegen den schützenden Schirm anpeitschten und ihn zurückdrängten wie den Schild eines Kriegers, den ein massenhafter feindlicher Ansturm zurückschiebt, ohne ihn jedoch zu überwinden. Sodann stimmten sie böse zischelnde Zauberlitaneien an, um dem Magier das Gedächtnis wegzuhexen, auf dass er seine Magie vergaß. Es kostete Maal Dweb gewaltige Kraft, die Schlangenfeuer und die Litaneien abzuwehren, und Blutstropfen mischten sich mit dem Schweiß, den die Anstrengung auf seine Stirne trieb. Doch selbst, als die Blitze immer näher kamen und der Gesang immer lauter wurde, wiederholte er unablässig das unaustilgbar in seinem Gedächtnis verankerte Wort. Und das Wort beschützte ihn auch weiterhin.
Dann wurde der tückische Zischgesang vom tiefen Fauchen des Kessels übertönt, der durch die eigenmächtige Beimengung, die der Zauberer vorgenommen hatte, noch heftiger als zuvor zu brodeln begann. Durch das unablässige Gezüngel der Blitze hindurch sah er, dass ein dichter gewordener Qualm, finster wie die Dünste eines Urzeitsumpfes, aus dem Kessel aufquoll und die gesamte Alchemistenküche durchzog.
Im Nu wurden die Ispazare vom Qualm verschlungen wie von einer Wolke aus Finsternis. Ihre verschwommenen Gestalten krümmten und verrenkten sich, wanden sich in unbegreiflicher Qual. Die Feuerschlangen erstarben in der Luft, und das Gezisch der Ispazare glich bald so wenig einer Sprache wie das Zischeln gewöhnlicher Nattern. Sie sanken zu Boden, und inmitten der dunklen Schwaden, die sie immer dichter und schwärzer umwallten, krochen sie auf den Bäuchen umher wie wirkliche Reptile.
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