Das Labyrinth des Maal Dweb
Stimmen laut, welche die Marsianer verdächtigten, den Venusianern beizustehen und sie aufzuhetzen. Aber es gab keinen greifbaren Beweis für eine solche Anschuldigung.
Eines Tages erreichte uns aus der Hauptstadt, Djarma, Kunde von jener bizarren Steinseuche, auch Schwarze Fäulnis genannt. Eines nach dem anderen wurden die Gebäude der Vororte von Djarma von dieser neuartigen Krankheit befallen, die bewirkte, dass ihre Baustoffe aus künstlich hergestelltem Stein und Metall Zentimeter für Zentimeter zu feinem schwarzem Staub zerbröselten. Die Fäule galt als Werk eines Mikroorganismus, irgendwie von der Venus eingeschleppt, auf der die Verheerungen der Schwarzen Fäulnis sich an einigen Gebirgszügen beobachten ließen. Ihr Auftreten auf der Erde war ein Rätsel, doch sprachen sämtliche Umstände für einen weiteren Sabotageakt. Die Seuche vermochte es, die Hälfte aller bekannten chemischen Elemente zu zersetzen, und auf die Schnelle ließ sich kein Mittel finden, das ihr Fortschreiten aufhalten konnte, obwohl die gesamte Chemikerzunft Akamerikas an dem Problem arbeitete.
Kronous und ich verfolgten vor dem Fernseher, wie die Schwarze Fäulnis ihr Werk tat. Auf gewisse Art war es unsäglich grauenvoll, mit anzuschauen, wie die Zone lautloser, vollständiger Verwüstung langsam immer größer wurde und nur zerfallene und halb zerfressene Gebäude zurückblieben, deren Bewohner längst die Flucht ergriffen hatten. Das Übel hatte am Stadtrand von Djarma begonnen und nagte sich nun unerbittlich voran, indem es die Stadt in einer immer breiter werdenden, bogenförmigen Front vertilgte.
Die namhaftesten Wissenschaftler Akamerikas wurden in Djarma zu einem Gipfeltreffen einberufen, damit sie die Fäulnis erforschen und womöglich ein Mittel ersinnen konnten, um ihr Voranschreiten aufzuhalten. Auch Kronous, der als gefeierter Chemiker und Mikroskopiker galt, ereilte dieser Ruf. Er bot mir an, ihn zu begleiten, und natürlich nahm ich die Einladung höchst bereitwillig an.
Wir mussten nur etwa 60 Kilometer weit reisen und nutzten ein Luftfahrzeug, das Kronous gehörte – eine Art Eindecker mit Atomantrieb.
Zwar hatte ich mich mit dem, was es in Djarma zu sehen gab, größtenteils schon vor dem Fernsehgerät vertraut gemacht, aber dennoch entpuppte sich die Stadt als Quell tiefster Faszination für mich. Sie war erheblich kleiner als New York und weiträumig angelegt, mit zahlreichen Gärten und üppigen, halbtropischen Parks, die sich kurvenreich über die gesamte Stadtfläche erstreckten. Die Architektur entsprach fast durchgehend dem offenen, luftigen Baustil, der auch Kronous’ Heim auszeichnete. Die breiten, großzügig ausgelegten Straßen säumten verhältnismäßig wenige Großbauten. Die Gesamtwirkung zeugte von höchster Anmut und Schönheit.
Die Straßen waren nicht mit Menschen verstopft, und niemand schien je in Eile zu sein. Es mutete seltsam an, die allgegenwärtige Vermengung der grotesken Marsleute und der grobschlächtigen Venusianer mit Menschen von Kronous’ Art zu sehen. Die Körpergröße und der Wuchs meines Freundes entsprachen etwa dem Durchschnitt, und nur selten erblickte man einen Menschen, der über 1,70 Meter maß. Ich hingegen stach mit meinen 1,85 Metern ziemlich heraus und erregte einige Aufmerksamkeit.
Das Gipfeltreffen der Gelehrten fand in einem großen Gebäude im Stadtzentrum von Djarma statt, das man eigens für derartige Zusammenkünfte errichtet hatte. Bei unserem Eintreffen sahen wir, dass bereits ungefähr 200 Männer, von denen einige überaus alt und ehrwürdig waren, den Konferenzsaal füllten. Eine rege allgemeine Debatte befand sich im Gang, und wer eine Ansicht vorzutragen hatte, dessen Worten wurde in respektvollem Schweigen gelauscht. Kronous und ich nahmen inmitten der Versammlung Platz. All diese Männer waren so sehr mit der Lösung ihres Problems beschäftigt, dass nur wenige von ihnen mir einen neugierigen Blick schenkten.
Beim Betrachten der Gesichter, die mich umgaben, verspürte ich Ehrfurcht vor ihrem Ausdruck höchster Geisteskraft und Weisheit – dem gesammelten Wissen ungezählter Zeitalter. Zugleich entdeckte ich in vielen der Gesichtszüge Merkmale eines uralten Ennui und Anzeichen, die von vager Sterilität kündeten, von beginnender Dekadenz.
Eine Zeit lang folgten Kronous und ich der laufenden Debatte. Ich ließ mir die diversen dabei vorgebrachten Informationen durch den Kopf gehen. Und mich traf schlagartig die Erkenntnis, dass sämtliche
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