Das Labyrinth des Maal Dweb
20-Dollar-Goldmünzen und Zündkerzen. Ihr Anblick und das Bewusstsein, wie ungeheuer alt sie waren, erweckten im Verbund mit ihrer Vertrautheit eine heftige Sehnsucht nach dieser Vergangenheit in mir – ein so verzweifeltes Heimweh nach meinem eigenen Zeitalter, dass es sich kaum ertragen ließ. Dieses Gefühl hielt tagelang an, und Kronous nahm davon Abstand, mir weitere Überreste aus dem Altertum zu zeigen.
Altus hatte sich inzwischen restlos von seiner Verletzung erholt, und Kronous ließ nichts über erneute Sklavenaufstände verlauten. Dennoch konnte ich die furchtbare Szene nicht vergessen, die den Beginn meines Aufenthaltes auf diesem Landgut markiert hatte. Oftmals sah ich die ungeschlacht wirkenden Venusianer, die ihren landwirtschaftlichen Arbeiten mit einem mürrischen Ausdruck stumpfsinnigen Brütens nachgingen, und man erzählte mir viel über sie.
Sie stammten von Dschungelbewohnern ab, die in den tiefen, widerlich strotzenden Urwäldern der Venus unter primitivsten Bedingungen einen ewigen Überlebenskampf gegen furchterregende Tiere und Insekten ausfochten, nicht selten auch untereinander. Sie waren ursprünglich Kannibalen, und es hatte sich gezeigt, dass sich ihre diesbezüglichen Neigungen schwer bezähmen ließen. Auf der Plantage geschah es mitunter, dass einer von ihnen klammheimlich abhandenkam.
Der Sklavenhandel hatte mehrere Jahrhunderte lang in Blüte gestanden. Doch seit einiger Zeit lag er brach, da die Vermehrungsrate der bereits eingeführten Sklaven den Bedarf um ein Vielfaches überstieg. Bei den tatsächlich noch von der Venus hergebrachten Sklaven handelte es sich meistens, wenngleich nicht immer, um Gefangene aus Stammesfehden und aus Raubzügen gegen ihresgleichen. Sie wurden von irdischen Kaufleuten spottbillig gegen Fusel und scharfschneidige Waffen eingetauscht. Allerdings waren die Venusbewohner selbst dazu bereit, eigene Stammesangehörige zu verschachern. Unter ihnen herrschte offenkundig wenig Zuneigung oder Treue, und ihre Instinkte glichen denen von Raubtieren.
Was die Marsleute betraf, so waren sie mehrheitlich als Händler zur Erde gekommen. Doch ließen sie sich manchmal auch für Stellungen wie jene anwerben, die Trogh innehatte. Sie wirkten schweigsam und unnahbar. Immerhin hatten sie gestattet, dass einige ihrer chemischen und astronomischen Errungenschaften von den Menschen genutzt wurden. Sie galten als philosophisch veranlagtes Volk, dem Träumen zugeneigt und allgemein süchtig nach einer seltsamen Droge, Gnultan genannt. Hierbei handelte es sich um den Saft eines Marskrautes, der eine stärkere Wirkung besaß als Opium oder Haschisch und noch fantastischere Visionen hervorrief, jedoch frei war von ungesunden Nebenwirkungen. Auch unter Menschen hatte der Gebrauch dieser Droge zugenommen, bis ein Gesetz in Kraft trat, das die Einfuhr unter Strafe stellte. Aber sowohl Marsleute wie auch Erdbewohner betätigten sich im Schmuggel dieser Droge, ungeachtet aller Bemühungen, dem Einhalt zu gebieten, und die Gnultan -Sucht war unter Menschen noch immer weit verbreitet.
Audio- und Videotechnik, technisch gegenüber dem uns bekannten Stand beträchtlich vereinfacht und verbessert, erlaubten es Kronous und seinen Cousins, mit der ganzen Welt ihrer Zeit, ja sogar mit den Erd-Stationen auf dem Mars, der Venus, dem Mond sowie den größeren Asteroiden stündlich Verbindung zu unterhalten. Ich genoss das Privileg, auf ihren Bildschirmen viele Szenen zu erblicken, die uns damals, anno 1930, wie irrwitzige Trugbilder des Fieberwahns vorgekommen wären.
Wir wurden über sämtliche Nachrichten der Welt auf dem Laufenden gehalten, und dank meiner immer besseren Beherrschung der Sprache gelang es mir bald, die Meldungen zu verstehen, ohne auf Kronous’ Dolmetscherdienste zurückzugreifen. Ein großer Teil der Nachrichten wirkte nicht beruhigend, sondern verstärkte die prophetischen Befürchtungen, denen mein Gastgeber Ausdruck verliehen hatte. Täglich brachen überall auf dem Planeten Meutereien unter den venusianischen Sklaven aus, und oftmals entstand beträchtlicher Schaden, ehe sie niedergeschlagen werden konnten. Hinzu kam, dass diese Aufstände eine unerklärliche Koordiniertheit und ein Ausmaß geistiger Fähigkeiten zu offenbaren begannen, die man den Venusleuten bislang nicht zugetraut hatte. Sabotageakte und persönliche Angriffe häuften sich, und gerade die Anschläge deuteten oft auf eine planende Intelligenz hin. Selbst in diesem frühen Stadium wurden
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