Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)
eingetroffen. Mehr, als ich von Bellini über den Brief erfahren hatte, konnte er mir auch nicht sagen. Die Geschäfte der Druckerei gingen gut, sagte er; natürlich sollte die Herrin bald wiederkehren, aber einige Zeit werde es wohl noch ohne sie gehen.
Ich erkundigte mich, ob Laura etwas über die Kinder gesagt habe.
»Nur, daß sie bei dieser Tante oder Base sind.«
Beim Essen in einer der teureren Tavernen setzte ich Belgutai auseinander, was ich hatte in Erfahrung bringen können.
»Finsterlich«, sagte er, als ich fertig war. »Aber kein Licht von mir für Erhellung von finster.«
»Was hast du vor?«
Er leerte seinen Becher. »Gut Wein trinken hier«, sagte er. »Essen. Nicht auf Wasser reiten.«
»Das wird dich hemmen. Hier gibt es nasse Straßen, für die man ein Boot braucht.«
»Nasse Straße gut, aber nicht nasse Steppe Adria.«
»Du willst also bleiben und dich umschauen?«
Er schob die Unterlippe vor und wackelte mit den Ohren.
»Was heißt das?«
»Umschau ohne Geld blindlings.«
»Morgen nehmen wir ein Boot und fahren zum Festland. Ich habe dir ja von dem anderen Haus erzählt und von der Papiermühle.«
Er nickte. »Belgutai Papier mahlen?«
»Das wäre eine Möglichkeit. Ich wüßte noch etwas. Wir werden die Kinder besuchen, sehen, wie es ihnen geht, und sehen, ob sie sich an einen mongolischen Seefahrer gewöhnen könnten.«
»Das gut so.« Er lächelte. »Und?«
»Sie sind bei einer Verwandten von Laura, nicht weit von der Papiermühle und dem Haus. Wenn du willst, wirst du ein wenig arbeiten, vor allem aber wachen.«
»Kinder wachen? Haus wachen? Papier wachen?«
»Kinder und Haus. Die Kinder bleiben bei Gianna, aber ich würde mich viel wohler fühlen, wenn ich wüßte, es ist einer mit Pfeil und Bogen und Messer in der Nähe, falls jemand, den Karim Abbas geschickt haben könnte, dort auftaucht. Und es schadet nicht, wenn das Haus nicht immer leer ist.«
Laurina und Giacomo freuten sich zwar, mich zu sehen, ich hatte aber das Gefühl, daß ihr Kummer ob der Abwesenheit der Mutter größer war als das Vergnügen über die Rückkehr des Vaters. Ich ließ mir von Gianna erzählen, daß sie gute Fortschritte beim Lernen machten und eine Wonne seien; währenddessen erprobten sie Belgutais Sprachkenntnisse, lachten über die Geschichten, die er in seinem bröckligen Italienisch erzählen konnte, und als ich vorschlug, er könnte ihnen beibringen, wie man auf Pferden sitzt, von Pferden fällt und mit Pferden redet, hätten sie ihn am liebsten gleich bei sich behalten.
Wir beredeten die Einzelheiten mit Gianna; danach umarmte ich die Kinder und versprach ihnen, bald mit Mama heimzukehren. Ich ließ Gianna einiges an Geld zurück, nicht nur für die Kinder, sondern auch, um passende Pferde und Zubehör zu beschaffen.
Danach suchten Belgutai und ich die Papiermühle auf, wo alles seinen Gang zu gehen schien. Ezio wiederholte fast wörtlich, was Angelo in der Druckerei gesagt hatte – es werde eine Weile gehen, aber Laura solle nicht zu lange wegbleiben.
»Der hier«, sagte ich, »ist ein Freund. Er heißt Belgutai und hat mir das Leben gerettet. Er wird sich um das Haus kümmern, so lange ich fort bin, und er wird den Kindern das Reiten beibringen. Setz ihn auf die Lohnliste; er wird wie ein Setzer bezahlt, und wenn er etwas braucht, gib es ihm.«
»Wie du befiehlst, Herr.«
Als ich am übernächsten Tag zum Boot ging, um mich nach Venedig übersetzen zu lassen, war ich einigermaßen beruhigt. Zumindest was die Kinder und das Haus betraf. Ich hatte keinen Zweifel daran, daß Belgutai sie beschützen würde, so gut dies möglich war. Meine Sorgen um Laura minderte das natürlich nicht. Und mir blieb noch eine traurige Pflicht zu erledigen: Antonios Vater aufzusuchen, um ihm die Nachricht vom Tod seines Sohnes zu überbringen.
Sechs Tage später ging ich in Dubrovnik an Land, diesmal nicht heimlich in einer entlegenen Bucht, sondern ganz offen im Hafen. Am Durchgang zur Stadt standen zwei von Katonas Männern. Ob sie lächelten, kann ich nicht sagen; sie machten eine besondere Art Miene, als sie mich sahen, und baten mich, sofort mit ihnen zu gehen. Falls es sich um eine Bitte handelte.
Katona empfing mich mit einem Nicken und einem angedeuteten Lächeln. »Setz dich«, sagte er; nach einem Blick auf meine Sachen setzte er hinzu: »Wieder die Degenfiedel – willst du gleich zu den Musikern?«
»Ich will gleich zu meiner Frau.«
»Du hättest mir ruhig sagen können, wer
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