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Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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nicht. Alle Venezianer sind Schurken.«
    »... war, nein, ist verheiratet, war aber vielleicht ein wenig in die holde Desi verliebt. Außerdem fand er, man habe ihn bei Beförderungen übergangen, eigentlich sollte er längst Hauptmann sein, und dann hätte ihm vielleicht sogar das Kommando zugestanden, das man dem Mauren Otero übertragen hatte. Wie auch immer – er war neidisch und eifersüchtig, und vielleicht wollte er sich auch bei dem Obristen besonders beliebt machen.«
    »Bleib bei einer Seite der Geschichte; ich habe das Gefühl, du erzählst gerade alles durcheinander.«
    »Das gehört dazu; es ist eine wirre und finstere Geschichte. Der Oberst und seine Frau haben sich ein paar Monate lang in Venedig aufgehalten; der Rest des Haushalts, darunter Desi, ist in Perast geblieben. Und Desi hatte sich in den schneidigen Otero verliebt oder seine Verliebtheit erwidert. Wie auch immer, in Abwesenheit der Eltern haben sie geheiratet. Das schönste Paar an der Bucht, sagten einige; andere fanden es scheußlich, die liliengleiche Venezianerin im Bett des dunklen Mauren ...«
    Goran lächelte sanft. »Ich sehe schon, es ist eine jener Geschichten, die man besonders gut abends am Feuer erzählen kann. Alle Zutaten sind vorhanden – Männer, Frauen, Schönheit, Liebe, Ungehorsam, Leidenschaft. Und Neid, klar. Und weißt du, was all diesen Geschichten fehlt? Ein Mangel, der sie erst erzählenswert macht?«
    »Du wirst es mir bestimmt jetzt sagen.«
    Er beugte sich vor und patschte mit der flachen Hand auf den Tisch. »Vernunft! Die Vernunft fehlt. Wenn die auch noch dabei mitgespielt hätte, wäre aus der dramatischen Begebenheit bestimmt nichts geworden. Ja, ja. Mach weiter.«
    »Der tückische Fähnrich hat nun überlegt, wie er am besten gegen den Mauren vorgehen könnte. Und er hat sich wohl gesagt, es wäre besser, Otero zu entehren als zu töten.«
    »Siehst du«, sagte Goran.
    »Was soll ich sehen?«
    »Du und deine Ehrenhaftigkeit. Ehre ist genau so ein Laster wie Heimtücke, Neid und der ganze andere Unfug. Entehren, pah.«
    »Desi war mit der Frau des Fähnrichs befreundet. Kein Wunder; so viele venezianische Damen, mit denen man plaudern kann, gibt es in Perast wahrscheinlich nicht. Und Desi hatte ein Tüchlein mit maurischen Stickereien, das hatte Otero ihr geschenkt.«
    »Wenn das eine gute Geschichte ist, stammt es wahrscheinlich von seiner Mutter, oder?«
    »Weiß ich nicht. Das Tüchlein hatte sie immer dabei, wenn sie die Frau des Fähnrichs besucht hat. Und irgendwie hat der es geschafft, das Tüchlein zu stehlen.«
    »Ah.« Goran nickte; etwas wie Behagen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Ich sehe, worauf es hinausläuft. Oder läuft es etwa anders?«
    »Nur ein bißchen. Jetzt kommt der andere Hauptmann ins Spiel.«
    »Welcher andere Hauptmann?«
    »Hatte ich den nicht erwähnt? Vergib mir; es ist ja nicht meine Geschichte, deshalb bin ich mir der Einzelheiten nicht ganz sicher. Es gab da einen anderen Hauptmann, der auch fand, als guter Venezianer hätte er den Oberbefehl bekommen sollen, nicht der Maure. Und es war wohl auch so, daß der Oberst und seine Frau diesen Hauptmann viel lieber als Schwiegersohn gesehen hätten. Angeblich hatte er Desi auch schon den Hof gemacht, so daß Otero immer mißtrauisch wurde, wenn der Hauptmann in Desis Nähe kam.«
    Goran lauschte ohne weitere Einwürfe. Ich erzählte ihm, was ich in der Schänke in Bar und später auf dem Schiff gehört hatte – gute Geschichten machen gewöhnlich schnell die Runde. Irgendwie gelang es dem Fähnrich, das gestohlene Tüchlein in die Räume des Hauptmanns zu schmuggeln. Der wußte natürlich, wem das Tuch gehörte, und der Fähnrich sorgte dafür, daß Otero mit ihm zusammen gerade dann zu Oteros Haus kam, als der Hauptmann dort mit dem Tuch in der Hand auftauchte, um es zurückzugeben. Was dann im Haus geschah, wußte niemand; es gab nur wilde Mutmaßungen.
    Offenbar war Otero nicht nur ein guter und hitziger Kämpfer, sondern auch ein hitziger und eifersüchtiger Gemahl; es kam zu einem Streit mit Desi, und Otero erwürgte seine Frau. Gleichzeitig überfiel der Fähnrich in einer dunklen Gasse den Hauptmann und verletzte ihn; am nächsten Morgen sagte er, er habe den Mauren in der Nähe gesehen. Die Tochter des Obristen aus Eifersucht erwürgt und einen Waffenbruder heimtückisch überfallen ...
    Goran holte tief Luft. »Und dann haben sie ihn wahrscheinlich festgenommen und gefoltert, nicht wahr? Und Otero, als

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