Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
sie ist, statt nur Grüße ausrichten zu lassen.«
    Ich hob eine Braue. »Ich dachte, du wüßtest es sowieso.«
    »Wußte ich auch.«
    »Warum hätte ich es dir dann sagen sollen?«
    »Als Zeichen des Vertrauens.«
    Ich lachte. »Vertrauen? Ich bin dir dankbar dafür, daß du mich hast fliehen lassen, nach der Sache mit Mehmet; aber Vertrauen wäre in deinem Gewerbe wohl arg übertrieben.«
    »In meinem Gewerbe? Was ist mit deinem?«
    »In dem auch. Wenn du aber ohnehin alles weißt, kannst du mir bestimmt auch sagen, wo ich Laura finde.«
    Er rieb sich die Augen. »Lausige Nacht mit viel Arbeit«, knurrte er. »Was deine Frau angeht – ja und nein.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Ja, ich kann dir sagen, wo sie ist – nein, ich kann dir nicht sagen, wie du zu ihr kommst.«
    Ich hatte das Gefühl, etwas Kaltes kröche mein Rückgrat hinauf. »Was ist mit ihr? Ist sie ins Hinterland gereist?«
    »So ähnlich.«
    »Komm, spiel keine dummen Spielchen mit mir.«
    Er legte die Hände auf den Tisch und schien seine Finger zu zählen. Ohne mich anzusehen, sagte er: »Die Türken haben sie.«
    »Welche Türken haben sie wo?«
    »Wer? Ich weiß es nicht genau; ich nehme an, dein besonderer Freund hat etwas damit zu tun. Und wo? In Trebinje.«
    Ich versuchte, mich auf die Lage der Stadt, der Straßen, der Grenzen zu besinnen. Trebinje liegt nicht mehr als fünfzehn Meilen östlich von Dubrovnik an der alten Handelsstraße, die früher einmal ins Reich der serbischen Könige geführt hatte und heute ins Osmanische Reich führt. Auf dem langen Winterweg nach Pristina waren Antonio, Belgutai und ich nicht weit südöstlich von Trebinje durch die Berge gezogen.
    »Wenn sie Herceg Novi zurückerobern wollen«, sagte ich, »bietet sich Trebinje natürlich als Hauptlager an. Aber Karim Abbas?«
    »Weißt du eine bessere Erklärung?«
    Ich zögerte. »Du meinst«, sagte ich langsam, »er hat Laura, um durch sie an mich zu kommen? Um mich zu zwingen, zu ihm zu kommen?«
    Katona nickte nur.
    »Laß uns über die Zeit und die Abstände reden. Vielleicht gibt es eine andere Erklärung.«
    Aber schon, während ich dies sagte, wußte ich, daß Katona recht hatte. Wenn alle Angaben stimmten, hatte Laura um den fünfzehnten März herum den Brief aus Dubrovnik erhalten, vielleicht ein wenig früher. Am fünfzehnten März hatten Belgutai und ich über die Ermordung Caesars geredet, in Scutari, kurz vor der Grenze zum Venezianischen Albanien. Wir hatten uns langsam und vorsichtig bewegen müssen, meine Wunde und das Fieber nicht eingerechnet; für Karim wäre es ohne Mühe möglich gewesen, auf guten Straßen und ohne Heimlichkeit einen Befehl von Pristina nach Dubrovnik zu schicken oder die etwa zweihundert Meilen selbst zurückzulegen. Der Brief ... nein, es war durchaus möglich. Zehn Tage von Pristina nach Dubrovnik, und bei erträglichen Wind- und Wasserverhältnissen vielleicht vier bis Venedig. In der Zeit, die Belgutai und ich gebraucht hatten, um in die Nähe von Bar zu kommen, wäre es möglich gewesen. Vor allem, wenn man über Karims Beziehungen und seine Befehlsgewalt verfügte.
    »Also Karim Abbas«, sagte ich. Vermutlich klang ich so matt, wie ich mich in diesem Moment fühlte.
    Katona musterte mich aufmerksam. »Was hast du vor?«
    »Ich weiß es nicht. Gibt es ... hast du irgend etwas bekommen, eine Mitteilung, eine an mich weiterzugebende Aufforderung, so etwas?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Dann werde ich Meister Nikola befragen. Angeblich war der Brief von ihm.«
    Katona preßte die Lippen zu einem Strich zusammen.. »Ich weiß nicht, ob er dich empfängt. Und wenn, ob er dir etwas sagt.«
    »Warum nicht? Wenn er den Brief geschrieben hat? Oder hat schreiben lassen ...«
    »Trotzdem. Wenn du nach Rom kommst, wird dich der Papst nicht gleich empfangen, nur, weil du es möchtest.«
    »Ist das so? Ist Meister Nikola so mächtig?«
    Katona zögerte. »Tja«, sagte er schließlich, »er hat keine amtliche Macht. Aber ... er kennt jeden, weiß von allen, welche Schwächen sie haben und wo sie gepiekst werden müssen, wenn man sie zum Schreien bringen will.«
    »Trotzdem«, sagte ich. »Er hat in Valerios Schänke mit mir gesprochen, ich habe in seinem Haus Musik gemacht. Ich will es versuchen. Kann ich meine Sachen solange hierlassen?«
    Kaum eine halbe Stunde später war ich wieder bei Katona. Ich hatte mich zu Meister Nikolas Haus begeben, ein paar Worte mit einem Diener gewechselt, eine Weile stumm vor mich hin

Weitere Kostenlose Bücher