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Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Valerios Schänke erreichte, war es später Nachmittag, zu früh für Musik. Keiner von den anderen war zu sehen, und Valerio sagte, sie seien da, wo sie immer seien.
    Ich ging zu dem Haus. Zlatko hockte auf den Stufen des Eingangs und verfertigte schräge Tongebäude mit seinem Krummholz. Er setzte es ab, grinste mich an und sagte: »Willkommen daheim, Flüchtling. Dein Zimmer wartet auf dich. Und? Hast du genug Türken getötet? Spielst du heute abend mit?«
    »Wenn ich darf.« Ich stellte mein Gepäck ab und setzte mich neben ihn. »Gibt es bei euch etwas Neues? Jemand gestorben? Habt ihr neue Tonarten erfunden?«
    »Die alten sind schwierig genug für dumme Fremde wie dich. Alle sind noch da. Ah, dein alter Freund Goran nicht mehr. Er ist heimgesegelt. Ich soll dir sagen ... warte mal, wie hat er es ausgedrückt? ›Sag diesem Fiedelspieler, falls er wieder auftaucht, daß er mich in Orebic findet, falls er mich sucht. Und wenn er nicht wieder auftaucht, sag es ihm nicht. Wenn er aber auftaucht und mich nicht sucht, erinnere ihn daran, daß er bei mir noch etwas guthat.‹ Oder so. Was meint er damit?«
    »Ich habe ihm zuviel gezahlt für eine Bootsfahrt. Wahrscheinlich will er mich noch einmal befördern.«

    Wir machten Musik bei Valerio, und danach tranken und redeten wir im Haus, bis das Morgengrauen sich dem Tag ergeben hatte. Es gab Geschichten über Musik und Messerstechereien, über Leute, die ich flüchtig kannte und andere, an die ich mich nicht erinnerte. Irgendwie hatte ich gehofft, einer der anderen wüßte vielleicht etwas über Laura oder Vorgänge in Trebinje, aber keiner von ihnen schien etwas gehört zu haben.
    Die nächsten Tage verbrachte ich unterwegs. Ich lief zum Hafen von Gruz, von dort zur Grenze, wo Händler etwas gehört haben könnten: Leute, die aus Trebinje oder von noch weiter weg kamen, die Freunde oder Bekannte in Trebinje hatten, die möglicherweise ... Ich erfuhr lediglich, daß die Türken in und um Trebinje ungeheure Mengen an Nachschub, Pulver, Kanonen und Soldaten sammelten, daß um die Sommermitte die Vorbereitungen abgeschlossen sein würden, daß des Sultans Admiral Khaireddin gleichzeitig vom Meer aus Herceg Novi angreifen würde, daß die Spanier allenfalls zwei oder drei Stunden Widerstand leisten könnten. Und daß in Trebinje ein düsterer Araber alles ordne, während der eigentliche Befehlshaber sich mit persischen Versen, ungarischem Wein und serbischen Frauen befasse.
    Ich zerbrach mir den Kopf, wie ich nach Trebinje gelangen könnte; zugleich sorgte ich mich um Laura. Am dritten Tag war ich wieder im Hafen von Dubrovnik, hörte mich um und suchte Katona auf, der mir zu Geduld riet und sagte, ich solle mich nicht um die Frau sorgen, der gewiß nichts geschehen würde – zweifellos habe man sie nur mitgenommen, um sie als Druckmittel gegen mich und Venedig zu verwenden. Es beruhigte mich nicht sehr.
    Am vierten Tag kam ein Bote zum Haus der Musiker. Er brachte mir einen Brief. Ich öffnete ihn und begann zu frösteln, als ich Lauras Handschrift erkannte.
    Liebster – Ich schreibe dies auf Anweisung von KarimAbbas. Der Bote hat einen ferman für dich. Komm sofort nach Trebinje, wenn dir an meinem Leben liegt. Der Bote wird dich führen.
    Es folgte ihr Name, sonst nichts. Kein Wort zu ihrem Befinden, nichts über das, was Karim Abbas zu tun beabsichtigte. Aber dazu mußte sie nichts schreiben. Ich wußte, daß er mich töten wollte. Mit ein wenig Glück – und Ehrenhaftigkeit – würde er Laura danach freilassen.
    Ich schrieb ein paar Zeilen an Katona und bat einen der anderen, ihm den Brief zu überbringen. Dann packte ich meine Sachen und folgte dem Boten. Er war mit zwei Pferden gekommen, edlen Tieren. Offenbar hatte Karim Abbas es eilig.
    Ardiana und Zlatko begleiteten mich bis zu den Pferden. Als ich aufgesessen war, sagte Ardiana: »Ich weiß nicht, was dich erwartet, Jakko, aber komm zurück, hörst du? Du mußt weiter mit uns spielen, und vor allem wollen wir hören, was in Trebinje so wichtig ist.«
    Zlatko klopfte mir aufs Knie. »Und wenn’s nicht anders geht«, sagte er, »komm als Geist zurück. Nächsten Monat Mittwoch um halb drei in der Nacht.«

ZWEIUNDZWANZIG
Ein Harem in Trebinje
    T rebinje und Umgebung waren ein einziges Heerlager. In Gedanken befaßte ich mich natürlich mit Laura und Karim Abbas, aber der ehemalige Söldner Jakko konnte nicht umhin, all das zu bemerken, einzuordnen und zu vergleichen, was er beim Ritt durch die aus Zelten

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